Dorstener Tafel

Immer mehr Bürger im reichen Deutschland sind auf Hilfe angewiesen

343-tafel; STefena Sauer dpajrsDie Idee für die Dorstener Tafel entstand 2002 durch einen Zeitungsartikel, in dem es um Armut in Dorsten ging. „Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite Lebensmittel weggeworfen werden und auf der anderen Seite Menschen hungern“, sagte der Vorsitzende, Herbert Rentmeister. So entstand die Dorstener Tafel und sechs Jahre später der Mittagstisch in der Dorstener Altstadt. Ein Jahr später gründeten Dorstener Bürger und Bürgerinnen für Dorstener mit geringem Einkommen den Verein „Dorstener Tafel e. V.“. Als Einkommensgrenze werden die Beträge zugrunde gelegt, die auch für Aushändigung des „Dorsten-Passes“ gelten. Berechtigte erhalten einen entsprechenden Ausweis. Der Dorsten-Pass kann beim zuständigen Mitarbeiter des Sozialamtes oder im Bürgerbüro des Rathauses beantragt werden. Das Angebot des Vereins umfasst den Dorstener Laden, den Mittagstisch Altstadt, den Mittagstisch Barkenberg und den Kinderladen Kunterbunt. Das 2004 gegründete „Café Pott“, in dem es warme Mahlzeiten gibt, soll von den Räumen der Kirchengemeinde St. Barbara ebenfalls in den Handwerkshof nach Wulfen verlegt werden. Inzwischen arbeiten über 80 ehrenamtlich Tätige für den Verein, die Lebensmittel bei den Firmen abholen, sie sortieren und im Laden abgeben. – Weihnachten 2010 gab die Dorstener Tafel 600 Spendenpakete mit Lebensmitteln und auf Wunsch des Empfängers aus Spielsachen an Bedürftige ab.

Zehn Jahre „Dorstener Tafel“

Im Oktober 2013 beging der Trägerverein der „Dorstener Tafel“ im Barkenberger Handwerkshof sein zehnjähriges Bestehen. Die „Dorstener Tafel“ wurde 2003 im Kellergeschoss der evangelischen  Kirchengemeinde in Barkenberg eröffnet. Heute liefern über 25 Geschäfte Waren an den Laden. Durch eine Spende der Ignaz-Rive-Stiftung konnte ein Lieferwagen angeschafft werden, um die Waren zu transportierten, die für etwa 10 Prozent des ursprünglichen Preises an Bedürftige weitergegeben werden. Das Angebot richtet sich an Dorstener Bürger und Bürgerinnen mit geringem Einkommen. Alle  berechtigten Personen erhalten einen Ausweis. Es werden die Beträge zugrunde gelegt, die auch für die Ausstellung des „Dorsten-Passes“ gelten, d. h. der Inhaber des „Dorsten-Passes“ erhält automatisch einen Ausweis.
Die Nachfrage nach Waren aus dem Dorstener Laden war von Anfang an groß. 2013 gibt es im Laden über 70 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. In der „Kundenkartei“ stehen über 300 Namen. Wenn man annimmt, dass zu jedem Namen  drei bis vier weitere Familienangehörige hinzugerechnet werden müssen, so werden über 1.000 bedürftige Personen durch den Laden versorgt. 2004 wurde die „Dorstener Tafel“ als eingetragener Verein (e. V.) gemeinnützig und schloss sich der „Deutschen Tafel“ an.
Im Café Pott (Jugendheim der kath. Kirche) wurde eine Küche eingerichtet und ab 2004 Mittagessen ausgegeben. Anfangs wurde auch für das Sozialraumteam, das Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen nachmittags im Kindergarten betreut, gekocht. Hinzu kamen während der Umbauphase einige Kinder von der Korczak-Sonderschule hinzu. Heute kommen täglich 25 bis 30 Menschen zum Essen. Als Gäste werden Menschen mit geringem Einkommen für 1 Euro und Kinder für 50 Cent bewirtet. Im Dezember 2004 übernahm Bürgermeister Lambert Lütkenhorst die Schirmherrschaft über die „Dorstener Tafel“.

Seit 2009 auch Mittagessen im Pfarrheim von St. Agatha

2006 verlagerte der Caritasverband die Sozialstation im Handwerkshof (Barkenberg) in das Lembecker Altenzentrum. So konnte die „Dorstener Tafel“ nach Umbauten mit dem Laden und dem Mittagstisch in die bisherigen Räume der Sozialstation im Handwerkshof (Dimker Allee 20) einziehen, 2007 eine Kleiderkammer einrichten und den Kinderladen „Kunterbunt“ eröffnen. Im selben Jahr hat Pastor Ulrich Franke von der St. Agatha Gemeinde die Initiative für einen Mittagstisch in der Dorstener Altstadt ergriffen. Es wurden vier Kochteams gebildet, die 2009 im Pfarrheim St. Agatha Mittagessen für Bedürftige anbieten. Starthilfe dazu gab der Verkehrsverein Dorsten/Herrlichkeit Lembeck mit einem Betrag von 4.000 Euro. Die „ „Dorstener Tafel“ wird derzeit von etwa 100 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.

Mehr ältere Frauen sind auf die Tafel angewiesen

Die Zahl bedürftiger älterer Frauen – Witwen und alleinstehende Rentnerinnen – nahm unter den Kunden der „Dorstener Tafel“ immer mehr zu. Für das erste Halbjahr wurden 180 Ausweise für Bedürftige ausgestellt, die von der Tafel versorgt werden. Damit ist das Limit für den Verein erreicht. Außer den älteren Frauen, die mit ihrer schmalen Rente ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten könnten, gibt es in Dorsten aber noch einen weiteren großen Tafel-Kundenstamm: Junge Menschen, die wegen ihrer psychischen Belastung so gut wie keine Chancen haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Zahl der Asylbewerber ist im Vergleich dazu eher gering. Lediglich alleinlebende junge Männer nutzen noch das Angebot. Die ursprüngliche Idee bei der Gründung der „Dorstener Tafel“ 2003 war, schlecht versorgten Kindern in einkommensschwachen Familien zu helfen. Mittlerweile hat sich die Tafel unfreiwillig zu einem mittelständischen Unternehmens mit drei Bereichen – Laden, Kinderkleidermarkt in Wulfen-Barkenberg, Mittagstisch an der Vehme in der Altstadt – entwickelt, um dauerhafte Bedürftigkeit aufzufangen.

Für Muslime eine „Halal-Ecke“ eingerichtet

Dass die Schere zwischen Arm und Reich  immer weiter auseinandergeht, erlebten die ehrenamtlichen Helfer, rund 70 Männer und Frauen, tagtäglich (Stand 2018). Immer mehr Flüchtlinge gehören zu den Kunden der Tafel, aber auch vermehrt alleinerziehende Mütter. Mehr als 300 Namen sind in der Kundenkartei festgehalten. Berechtigt für den Kauf der gespendeten Waren, die für etwa zehn Prozent des ursprünglichen Preises veräußert werden, sind Dorstener Bürger mit geringem Einkommen. Dabei werden die Beträge zugrunde gelegt, die auch für die Ausstellung des „Dorsten-Passes“ gelten, das heißt: Jeder Inhaber des Dorsten-Passes erhält automatisch einen Tafel-Ausweis. Muslime dürfen sich in der eigens für sie eingerichteten „Halal-Ecke“ bedienen. Bürgermeister Stockhoff ist Schirmherr der Dorstener Tafel.

2018 auch in Dorsten Vorwürfe wegen „ungerechten“ Verteilung

Die Anfang 2018 stattgefundene bundesweite Diskussion um die Praxis der Essener Tafel, vorerst nur noch Kunden mit deutschen Pass aufzunehmen, fand auch in Dorsten Befürworter, die sich bei der Vergabe von Lebensmitteln gegenüber den Flüchtlingen benachteiligt fühlen und einige auch konkrete Vorwürfe machten. Dazu der Vorsitzender der Dorstener Tafel, Herbert Rentmeister, gegenüber der „Dorstener Zeitung“: Die Dorstener Tafel habe das Glück, durch die mittelständischen und Discounter-Unternehmen mit vielfältigen und vorzüglichen Lebensmittelspenden bestens versorgt zu werden, so dass sich die Probleme der Essener Tafel hier gar nicht stellten. „Jeder bekommt genug.“ Jeder Inhaber des Dorsten-Passes, auf dem keine Nationalität vermerkt ist, ist berechtigt, eine Kundenkarte zu bekommen. Damit setzt die Stadt und nicht die Tafel den „Filter“ für die Bedürftigkeit, was die Männer und Frauen der selbstständigen und stadtunabhängigen Dorstener Tafel entlastet. Zudem gibt es beim Einkauf ein Nummern-System mit ungefähren Zeitangaben, so dass keine langen Warteschlangen entstehen. Rentmeister betonte gegenüber der Lokalzeitung: „Die Tafel ist ein Zubrot, kein Versorger. Würden die etablierten Parteien die soziale Gerechtigkeit und Marktwirtschaft weiter nach vorne bringen, wären wir so überflüssig wie ein Kropf. Eigentlich muss man sich schämen, dass man Tafeln braucht.“

Ehrenamtliche Helfer gesucht

Wegen steigender Nachfrage sucht das Tafel-Team mitarbeitenden Nachwuchs. Denn mittlerweile ist der Stamm der ehrenamtlichen Helfer der ersten Stunde in die Jahre gekommen. Daher wird stets Nachwuchs gebraucht, vor allem Fahrer für den Transport der Lebensmittel und Helfer im Kindermarkt.

Immer weniger Ware für immer mehr Menschen

Tafeln werden in Krisenzeit Ende 2022 mehr gebraucht denn je, dabei sind sie selbst in Not: Die Kosten für beispielsweise Strom und Benzin sind enorm gestiegen, die Supermärkte haben weniger Lebensmittel abzugeben, und die Zahl der Bedürftigen steigt immer weiter an. Auch an der Dorstener Tafel ging diese Problematik nicht spurlos vorüber. Es wurden keine Einkaufsausweise mehr ausgegeben. Grundlage für die Ausgabe ist der Dorsten-Pass. Mit Stand von Mitte Oktober 2022 gab es 240 ausgestellte Einkaufsausweise, die jeweils in Januar und Juli vergeben werden. Somit dürften 600 bis 800 Menschen von der Dorstener Tafel versorgt werden. Dreimal wöchentlich gibt die Dorstener Tafel an der Dimker Allee Waren aus – dienstags, freitags und mittwochs. Der Mittwoch ist ein Sonderöffnungstag für ukrainische Flüchtlinge. An allen Tagen werden rund 80 Kunden bedient. Verteilt wird, was da ist. Und das ist weniger geworden. Der Discounter Lidl hat zum Beispiel die „Retter-Tüte“ eingeführt und verkauft für 3 Euro bis zu 5 Kilogramm Obst und Gemüse, das sonst den Tafeln gegeben wurde. Viele Supermärkte kaufen vorsichtiger ein, weil die Kunden angesichts der Preissteigerungen zurückhaltender sind. Unterstützt werden die Tafeln auch von spontanen Lebensmittelspenden auch von Landwirten, wie unlängst ein Landwirt eine Tonne Kartoffeln übergeben hatte. Die Kartoffeln waren ebenso schnell vergriffen wie die 250 Gutscheine in Höhe von fünf und zehn Euro. Welche die Vereinte Volksbank gespendet hatte. (Quelle: Petra Berkenbusch in DZ vom 7. Oktober 2022).

Dorstener Tafel versorgt inzwischen fast 1.000 Menschen

Im Jahr ihres 20-jährigen Bestehens hat die Dorstener Tafel im Jahr 2023 mehr Kunden, aber immer weniger Lebensmittelspenden. Durch mehr Verkäufe in den Geschäften stehen der Tafel weniger Lebensmittel zur Verfügung. Die Zahl der Bedürftigen hingegen ist durch die Krisen der vergangenen Jahre deutlich gestiegen. Die Verkaufstage wurden von zwei auf drei erhöht und die Kunden erhalten nur alle 14 Tage Ware. Der Dorstener Tafel ist es dadurch gelungen, einen Aufnahmestopp zu vermeiden. Die Organisatoren der Tafel haben mit Stand von Oktober 2023 fast 400 Kundenkarten ausgegeben, mit denen rund 1000 Menschen regelmäßig Ware bei der Tafel beziehen. Die Zahl der Berechtigten ist allerding in den letzten Jahren gesunken, da die aus dem Jahr 2015 gekommenen Flüchtlinge nicht mehr bei der Tafel einkaufen, da sie mittlerweile nicht mehr von den Leistungen der Tafel abhängig sind.

Volksbank unterstützte die Dorstener Tafel mit Spende

In den letzten Jahren hatte die Vereinte Volksbank eigentlich immer eigens gefertigte Kalender an ihren Schaltern vergeben, doch für 2023 wurde das für die Herstellung verwendete Geld die Tafeln in Dorsten und Bottrop unterstützt, jeweils 5000 Euro.

Dachverband „Tafel Deutschland”
In den 1990er-Jahren gegründet – Heute gibt es in Deutschland 973 Tafeln

Stand 2023: Großer Andrang, aber weniger gespendete Lebensmittel. Der Druck auf die Tafeln in Deutschland ist hoch. „Die Tafeln sind im Dauerkrisenmodus“, so der Vorsitzende des Dachverbandes der „Tafel Deutschland“, Andreas Steppuhn, der Deutschen Presse-Agentur. Erst der Krieg in Syrien, dann die Corona-Pandemie und schließlich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten die Lage in den vergangenen Jahren weiter verschärft. „Armut in Deutschland nimmt zu – und das spürbar“.
Die „Tafel“ ist eine Freiwilligen-Organisation und keine staatliche Einrichtung. In den 1990er-Jahren wurde in Berlin die erste „Tafel“ gegründet. Aktuell gibt es 973 Tafeln, die bis zu zwei Millionen Menschen unterstützen, besonders in den Großstädten ist der Andrang groß. 60.000 Helferinnen und Helfer, davon 90 Prozent Ehrenamtliche, engagieren sich bundesweit bei den Tafeln. Unterstützt werden die Tafeln mit Spenden. Allein die Fernsehlotterie hat die Tafel Deutschland Anfang 2023 mit 23 Millionen Euro unterstützt. Die hohe Inflation belastet sowohl die Menschen als auch die Tafeln. Es sind nicht nur geflüchtete Menschen, welche die Tafeln in Anspruch nehmen, sondern es sind mittlerweile Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende oder Menschen im Niedriglohn-Sektor. Die Scham bei den Kundinnen und Kunden, zu einer Tafel zu müssen, ist oft groß.

Siehe auch: Dorstener Laden

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