Bildungs- und Teilhabepaket

Viele bedürftige Kinder gehen auch im Kreis Recklinghausen leer aus

Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT), das Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien unterstützen soll, ist ins Gerede gekommen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband bemängelt in einer aktuellen Untersuchung, dass in NRW 85 Prozent der Mädchen und Jungen mit Anspruch auf BuT-Leistungen leer ausgingen. Im Kreis Recklinghausen seien es sogar mehr als 90 Prozent. Im BuT-Leistungskatalog sind sechs Aspekte aufgezeichnet, einer davon ist die „soziale und kulturelle Teilhabe“ der Kinder, auf die sich die folgenden Zahlen beziehen. Diese Teilhabe bezieht sich darauf, Kindern aus ärmeren Familien die Mitgliedschaft in einem Sportverein, das Erlernen eines Musikinstruments oder andere Freizeitaktivitäten zu ermöglichen.
Im Kreis Recklinghausen gibt es nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbands 11.804 Sechs- bis unter 15-Jährige, die einen Anspruch auf die Leistung haben (Stand 2018). Aber nur 1080 (9,1 Prozent) hätten dieses Angebot auch genutzt. Für andere Regionen werden in der Studie bessere Quoten ausgewiesen. Hamm zum Beispiel kommt auf über 92 Prozent. Die Stadt hat eine Scheckkarte, die sogenannte „Youcard“, für Kinder in Hartz IV eingeführt, über die alle Bildungspaketleistungen mit der Stadt unbürokratisch abgerechnet werden können.
Im Jahr 2018 sind im Kreis Recklinghausen 5,64 Millionen Euro bewilligt worden. Nur 242.000 Euro (4,3 Prozent) entfallen auf den vom Paritätischen Wohlfahrtsverband untersuchten Bereich „soziale und kulturelle Teilhabe“. Sehr viel höhere Beträge werden im Vest abgerufen für die Mittagsverpflegung (1,8 Mio. Euro), den Schulbedarf (1,5 Mio.), Schulausflüge und Klassenfahrten (1,1 Mio.) sowie Lernförderung (906.000 Euro). Allerdings ist im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets (2011) das Volumen der Leistungen gesunken – um rund 800.000 Euro. In den Schulen des Kreises, vor allem in den Grundschulen, kümmern sich sogenannte BuT-Berater, gelernte Sozialarbeiter, darum, dass das Bildungs- und Teilhabepaket bei den betroffenen Familien auch ankommt. Doch hier gibt es offensichtlich noch Luft nach oben, wie eine Statistik des Landes zeigt: Im Kreis RE werden pro Leistungsempfänger durchschnittlich 175 Euro ausgegeben, in NRW sind es 207 Euro, in der Stadt Hamm sogar 281 Euro.

Besorgniserregend: Immer mehr Kinder haben Sprachstörungen

Fehlende Wörter, falsche Satzstellungen und überhaupt weniger Freude am Gespräch: Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern nehmen zu. Die Zahl von Heranwachsenden mit Defiziten sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, teilte die Kaufmännische Krankenkasse in Hannover (KKH) unter Berufung auf Daten ihrer Versicherten mit. War den KKH-Daten zufolge 2012 bei jedem 18. Kind bundesweit eine Sprach- und Sprechstörung diagnostiziert worden, so betraf es 2022 fast jedes 12. Auch die Pandemie habe daran einen großen Anteil. „Das Haus bunt ist“, Eddy statt Teddy – viele Kinder ringen um Worte. Das Auslassen oder Tauschen von Lauten zähle ebenso dazu wie falscher Satzbau, ein nicht altersentsprechender Wortschatz, Stottern, Lispeln oder gar Verstummen. Immer mehr Kinder seien in logopädischer Therapie. Zu den Auslösern der Defizite zählten unentdeckte Hörstörungen, genetische Veranlagung und anatomische Gründe wie ein fehlgebildeter Kiefer ebenso wie Probleme in der Familie oder Schicksalsschläge. Ein weiterer Grund: „In vielen Familien wird zu wenig mit dem Nachwuchs kommuniziert, selbst bei den Mahlzeiten nicht“, so das Kompetenzteam Medizin der KKH. Dadurch fehlten Reize, die eine gesunde Sprachentwicklung förderten. Vielfach gehe das auf das Konto intensiver Nutzung von Smartphone, PC und anderen digitalen Medien durch die Kinder (dpa).


Quelle: Gekürzt nach Michael Wallkötter in DZ vom 18. Okt. 2019

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