Christianisierung

Mit dem Schwert und der Gewalt des Siegers wurde das Gebiet christlich

Hl. Liudger predigt zu den Heiden, eine romantisierte Darstellung

Hl. Liudger predigt zu den Heiden, eine romantisierte Darstellung

Von Wolf Stegemann – Die ersten Christianisierungsversuche in der Lipperegion erfolgten im frühen 8. Jahrhundert unter dem Schutze Karl Martells, der seit 718, von Wesel aus kommend, „wo er bei Lippekant über den Rhein zog“, mehrere Feldzüge gegen die Sachsen unternahm, um sie zum Christentum zu bekehren.. Die ältesten Kirchen der Region sind die Kirchen in Altschermbeck, in Hervest (1068), Wulfen (1280), Lembeck (1331), Erle (nach 1427) und Rhade, die sich 1489 von der Mutterkirche Lembeck trennte. Die Kenntnisse über die Christianisierung bei den Brukterern und Sachsen an der unteren Lippe verdanken die Kirchenhistoriker dem Hauptwerk Bedas (gestorben 735), des „Vaters“ der englischen Geschichtsschreibung „Historia ecclesiastica gentis Anglorum“, das einen bewunderungswürdigen Sammeleifer Bedas verrät und im Allgemeinen auf  historische Treue einen großen Anspruch hat.

Gebiet an der südlichen Lippe wurde früher christlich

Hl. Suitbertus

Hl. Suitbertus

Die Grenzlage des Vestes Recklinghausen brachte es mit sich, dass an der unteren Lippe das Christentum früher an Einfluss gewann als an der oberen. Die Römer nahmen bereits im 4. Jahrhundert das Christentum an und die Franken wurden nach der Taufe Chlodwigs im Jahre 496 Christen. Die Sachsen freilich, die um 695 das Gebiet an der Lippe besetzten, standen dem Christentum feindlich gegenüber. Daher musste der Angelsachse Suitbert sein Missionsgebiet, den Brukterergau, wieder verlassen. Doch waren in der Zeit seines Wirkens im später genannten Vest Kirchen und Kapellen errichtet worden. Erst unter Karl dem Großen, der das Gebiet um 772 besetzte und es seinem Frankenreich eingliederte, wurde auch das Land zwischen Lippe und Emscher christlich, wenn anfangs auch nur pro forma mit dem Recht des Siegers. Die eigentliche Bekehrungsarbeit sollte erst beginnen. Zu Suitbert heißt es in dem von Heinrich Börsting (verstorbener Diözesanarchivar) und Alois Schröer 1940 herausgegebenen Handbuch des Bistums Münster, das sich auf Beda beruft: „Suitbert habe reichen Erfolg geerntet.“ Allerdings sollte seine Wirksamkeit einige wenige Monate oder höchstes ein Jahr nicht überdauern. Der Stamm der Bruktuarer (Nachkommen der alten Brukterer) erlag dem Angriff der vordringenden Sachsen, und mit ihm ging auch das junge Christentum unter, das Suitbert soeben noch ins Leben gerufen hatte. In der Chronik der Herrlichkeit Lembeck, geschrieben 1840/42 vom Amtmann der Ämter Lembeck und Altschermbeck, Brunn, steht, dass behauptet werde, der hl. Suitbertus sei im Jahre 719 in Dorsten gefangen gewesen, was mittlerweile widerlegt werden konnte.

Christianisierung begann in Hervest

In der Folgezeit zogen im Gebiet zwischen Lippe und Emscher Glaubensprediger von Ort zu Ort, um das Christentum zu verbreiten und Kapellen zu errichten. In Hervest, wo früher das Grafending, das „Herfest“, stattfand, stand schon 1068 eine Kirche. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Christianisierung zuerst in Hervest Fuß fasste. Über den früher erfolgten Missionsversuch der beiden Ewalde, des „schwarzen und des weißen, die wahrscheinlich Ende des Jahres 694 im Gebiet der unteren Lippe einen wohl vorbereiteten Vorstoß in das Sachsenland unternahmen“ berichtet das zitierte Münstersche Handbuch und stützt sich wiederum auf den englischen Chronisten Beda:

„Als sie in das Land gekommen waren, kehrten sie bei einem Meier ein und baten ihn, er möge sie zu einem Fürsten bringen; denn sie hätten eine Botschaft an ihn und müssten ihm eine nützliche Sache berichten. Jene alten Sachsen hatten keinen König, sondern viele Fürsten an der Spitze des Volkes stehen […]. Als die Barbaren sie als die Bekenner einer anderen Religion erkannten, […] fürchteten sie, dass […] ihr ganzes Land gezwungen würde, den alten Gottesdienst zu verlassen und den neuen anzunehmen. Deshalb leiteten die Sachsen die beiden Missionare nicht an ihren Fürsten weiter, sondern ergriffen und töteten sie. Der weiße Ewald fand einen raschen Tod durch das Schwert, der schwarze hingegen wurde langsam zu Tode gepeinigt (vermutlich im Jahr 693), und alle seine Glieder wurden schrecklich verstümmelt. Ihre Leichname wurden in den Rhein geworfen. Als das der Fürst, den die beiden Missionare sehen wollten, vernahm, erzürnte er so sehr, dass er alle Bewohner jenes Dorfes töten ließ und das Dorf in Brand steckte“ (Siehe Suitbertus; siehe Sugambrer; siehe Luidgerus).

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone