Abwassergebühren

Städtische Geldschöpfung ist Bürgerschröpfung - sagen viele

Geld scwimmt mit weg

Geld scwimmt mit dem Wasser weg – in den Stadtsäckel

Der städtische Haushalt, den alljährlich der Stadtkämmerer einzubringen hat, und über den öffentlich in den Parteien und Ratsfraktionen gestritten wird, ob dem Haushalt mehrheitlich zugestimmt oder die Zustimmung versagt wird. Kurz gesagt, der Haushalt dokumentiert alle feststehenden und zu erwartenden Ein- und Ausgaben der Stadt (siehe Haushalt, städtischer). Der aktuelle Haushalt ist ein dickes Buch, das auch im Internet nachzulesen ist. Was in diesem Zahlenwerk finanzfachmännisch aufgelistet und erläutert ist, ist dennoch schwer zu lesen, denn dem Laien offenbart sich ein Dickicht von Zahlen und Verweisungen, ein Hin- und Herschieben von nicht leicht verständlichen finanztechnischen Vorgängen. Selbst langjährige Ratsmitglieder, die Jahr für Jahr dieses Zahlenwerk politisch zu verantworten haben, verlassen sich auf die finanzpolitischen Sprecher ihrer Fraktionen. Ansonsten ist auch für sie der Haushalt oft ein undurchdringbarer Dschungel, den man lieber umgeht.

Wer finanztechnisch vorbelastet ist und somit die Chance hat, das Dorstener Zahlenwerk zu begreifen, stößt beispielsweise bei den Abwassergebühren auf eine Praxis der Kämmerei, die zwar von Gerichten als legal erklärt wurde, die dennoch Abwassergebühr zahlende Bürger schröpft, weil von ihnen mehr kassiert wird, als für die Stadt Kosten anfallen. Dabei dürfen nach dem Kommunalabgabengesetz Gebühren dem Bürger nur kostendeckend berechnet werden. Um „kostendeckend“ zu kassieren, werden die Kalkulationen in den Stadtkämmereien trickreich erhöht. Mit den Gewinnen der dadurch jährlich in Millionenhöhe eingenommenen „Gebühren“ wird der allgemeine Haushalt entlastet, was allerdings bestritten wird.

Nach drei Jahren müssen Gebührenüberschüsse zurückgezahlt werden

Diese in Dorstener praktizierte Geldschöpfung durch Bürgerschröpfung ist auch Praxis in anderen Städten. Die Städte weisen die Forderung des Bundes der Steuerzahler NRW stets zurück, wenn diese die zu hohen Abwassergebühren reklamieren. Trickreich, so der Bund der Steuerzahler, hätten die Städte die Kalkulationen für die Feststellung der Abwassergebühr ungerechtfertig aufgebläht. Er fordert eine Senkung der Gebühren auf rund vier Prozent. Derzeit kassieren die Städte im Kreis Recklinghausen mit sechs bis sieben Prozent den von Gerichten festgesetzten Rahmen ab. Eigentlich verständlich, denn die Haushalte sind rechtlich meist Nothaushalte. Die Städte fühlen sich verpflichtet, alle Einnahmemöglichkeiten zu realisieren. Und da die Gerichte die diese „Einnahmepraxis Abwassergebühr“ für legal erklärten, fühlen sich die Städte angesichts ihrer klammen Kassen im Recht, auch wenn das Kommunalabgabengesetz vorschreibt, dass innerhalb von drei Jahren Gebührenüberschüsse an den Bürger zurückgezahlt werden müssen.

Krasse Unterschiede – Dorsten liegt im Mittelfeld umliegender Städte

Im Vergleich zu anderen Städten kommen die Dorstener bei den Abwassergebühren noch ganz gut weg – obwohl sie 2018 gestiegen sind. Mit 2,28 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser ist die Gebühr damit wieder so hoch wie zuletzt im Jahr 2015 – für die beiden Jahre zuvor waren nur 2,18 Euro fällig gewesen. Die Niederschlagsgebühren für das Regenwasser blieben unverändert bei 1 Euro pro Kubikmeter.
Es gibt zwei Arten von Abwassergebühren – für Schmutz- und für Niederschlagswasser. Bei der Schmutzwassergebühr wird das Abwasser gemessen, das über die Toilette, die Dusche, das Waschbecken oder andere Abflüsse ins öffentliche Kanalnetz gelangt. Der Maßstab für die Gebühr ist das vom örtlichen Wasserversorger bezogene Frischwasser. Wer mit diesem Wasser auch seinen Garten bewässert, kann einen Zwischenzähler einbauen lassen. Für dieses Wasser muss dann keine Schmutzwassergebühr bezahlt werden, weil das Wasser nicht in den Kanal fließt, sondern im Garten versickert.
Die zweite Gebühr ist die Niederschlagswassergebühr. Sie wird fällig pro Quadratmeter befestigter oder bebauter Fläche des Grundstücks. Sowohl beim Schmutz- als auch beim Niederschlagswasser sind die Gebühren der Kommunen höchst unterschiedlich. Während etwa die Entsorgung von einem Kubikmeter Schmutzwasser in Düsseldorf 1,52 Euro kostet, stellt Bergkamen dafür 4,56 in Rechnung – das Dreifache. Ähnlich beim Niederschlagswasser. Hier verlangt etwa Dortmund 1,63 Euro pro Quadratmeter, Lüdinghausen lediglich 0,59 Euro. Beispiele im Vergleich (Stand 2019):

Dorsten: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,28 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 1 Euro
Waltrop: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,71 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 0,70 Euro
Haltern: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,38 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 0,74 Euro
Bottrop: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,44 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 1,47 Euro
Datteln: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 3,39 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 0,88 Euro
Gladbeck: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,56 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 1,02 Euro
Castrop-Rauxel: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,67 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 1,13 Euro
Recklinghausen: Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Frischwasser 2,47 Euro,
Niederschlagswasser pro Quadratmeter befestigte Fläche 1,50 Euro

Nach einer Beispielberechnung der Stadt Dorsten zahlt ein Normalhaushalt, der 180 Kubikmeter Schmutzwasser verbraucht und 100 Quadratmeter versiegelte Fläche aufweist, seit 2018 Gebühren in Höhe von 510,40 Euro. Die Stadt begründete die Erhöhung damals damit, dass die Kosten der Abwasserbeseitigung um gut eine halbe Million Euro gestiegen sind, allein die Erhöhung des Lippeverbandbeitrags schlage mit 265.000 Euro zu Buche. Gleichzeitig seien die Erträge um 130.000 Euro gesunken.

Wie kommt es zu diesen Unterschieden bei den Gebühren?

Dazu weist der Städte- und Gemeindebund darauf hin, dass die Kosten für das öffentliche Kanalnetz und die Kläranlagen eingerechnet werden. Als Faustregel gelte: Je länger und je mehr Höhenunterschiede zu überwinden sind, desto teurer ist das Kanalnetz. Auch die Möglichkeiten, Kläranlagen zu bauen, seien von Ort zu Ort verschieden. Hinzu komme das unterschiedliche Alter des Kanalnetzes und damit der variierende Erhaltungsaufwand.


Quelle: DZ vom 26. April 2019

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