NS-Verfolgte

In Dorsten wurden aus politischen Gründen mehr als 50 Bürger verfolgt

Vorbemerkung. In diesem Eintrag und der anhängenden Namensliste sind die Verfolgung und die Namen jüdischer Bürger nicht erwähnt. Das ist ein anderes Kapitel. Es handelt sich hier um politische Verfolgte, die in Gefängnisse, Zuchthäusern oder Konzentrationslager kamen, wieder entlassen wurden. In einem KZ verstorben ist nach der vorliegenden LIste lediglich der Ehemann von Frieda Hirth. – Diese in den ersten Nachkriegsjahren entstandene Liste ist mittlerweile ein historisches Dokument. Mit den bis heute stattgefundenen Forschungen von Wolf Stegemann (Forschungsgruppe Dorsten unterm Hakenkreuz) sind weitere Personen und  Personengruppen dokumentiert, dier in der NS-Zeit verfolgt waren und auch zu Tode kamen wie u. a. Emil Kramm von den Zeugen Jehovas.

Verfolgte Dorstener Zeugen Jehovas: Familie Klang 1934, (v. l.): Mutter Anna, Kinder Helga, Elfriede, Alfred, Vater Emil und Sohn Helmut

Die durch nationalsozialistisches Unrecht verursachten Schäden erforderten bereits unmittelbar nach Kriegsende Regelungen zur Wiedergutmachung. Besonders betroffen waren Personen, die aus Gründen politischer Gegnerschaft zum Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen Schäden erlitten hatten. Für diese Personen wurden deshalb bereits 1945 von den Besatzungsmächten und den Gemeinden Regelungen getroffen. Die Folge war eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen, die teils Entschädigungs- und teils Fürsorgecharakter hatten. Mit der Entstehung der Länder wurden größere Verwaltungseinheiten geschaffen, die regional einheitliche Entschädigungsregelungen durchführten.

526 Verfolgte des Nazi-Regimes im Kreis Recklinghausen 1948 aufgelistet

Bereits Anfang 1946 teilten der Landrat des Landkreis Recklinghausen sowie der Bürgermeister der Stadt Recklinghausen mit, dass 526 Frauen und Männer in der Zeit von Anfang 1933 bis 1945 aus politischen, rassistischen und religiösen Gründen der Verfolgung ausgesetzt gewesen waren. Davon waren 279 Personen wegen ihrer ablehnenden Haltung und wegen ihres Widerstandes gegen das faschistische Regime von Gerichten zu Gefängnis- und Zuchthausstrafen abgeurteilt worden. Die 526 Verfolgten erhielten insgesamt: 455 Jahre und 4 Monate Konzentrationslagerhaft, 51 Jahre und 1 Monat Zuchthaus, 309 Jahre und 5 Monate Gefängnis. Von ihnen gehörten 301 der KPD, 42 der SPD und 8 dem Zentrum u. a. politischer Richtungen an. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) hatte es sich unmittelbar nach 1945 zur Aufgabe gemacht, die Interessen der Verfolgten und ihrer Angehörigen auch hinsichtlich einer materiellen Entschädigung wahrzunehmen. Die VVN sammelte deren Entschädigungsanträge und erstellten für den (alten) Landkreis und die Stadt Recklinghausen (ohne Datteln, Castrop-Rauxel und Gladbeck) entsprechende Listen. Sie enthalten insgesamt 550 Namen. In Dorsten gab es 51 Verfolgte, in Haltern: 17, in Herten: 111, in Marl: 107, in Oer-Erkenschwick: 60, in Recklinghausen: 182 und in Waltrop 22 Verfolgte. Die damaligen Listen der VVN sind eine gute Grundlage für weitere konkrete Forschungen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall ein Name nicht richtig geschrieben wurde, Daten nicht korrekt eingetragen wurden oder nicht der Namen des Verfolgten sondern eines antragstellenden Angehörigen wiedergegeben wurde.

Nach 1945 für jeden Monat Haft mit 150 DM entschädigt

Jeder nachweisbare Monat Freiheitsentzug soll den Verfolgten des Naziregimes mit 150 DM entschädigt worden sein. Zur Bearbeitung der Entschädigungsanträge wurde vom Kreistag am 13. Dezember 1946 ein Spruchausschuss für politisch Geschädigte, am 20. Dezember 1948 ein Ausschuss für politisch Geschädigte und am 29. Oktober 1949 ein Soforthilfeausschuss gebildet. Der Soforthilfeausschuss war mit Mitgliedern des Kreistages, politisch Verfolgten, Währungs- und Sachgeschädigten sowie Spätheimkehrern und Flüchtlingen besetzt. Die Akten zu einzelnen Entschädigungsanträgen wurden nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen vernichtet. Gut informierte Kreise äußern die Vermutung, dass die genannten Akten 1980 beim Umzug vom alten in das neue Kreishaus vernichtet worden seien.
Die Liste mit den 51 Dorstener Namen wurde bereits in den ersten Nachkriegsjahren erstellt – und somit ein bereits schon historisches Dokument. Die Daten geben das Geburtsjahr der Verfolgten sowie Ort und Dauer ihrer Einweisung wieder:

Aistleitner Karl: geb. 31. März 1910, Zuchthaus Hameln 11. April 1940 – 11. Aug. 1941
Backer Julius: 7. Jan. 1903, Herford Juni 1933 – Aug. 1934
Badeus Otto: 9. Juni 1900, Esterwegen 2. Febr. 1933 – 24. Dez. 1933 und 7. Juni 1944 – 27. März 1945
Becker Heinrich: 1. Okt.1906, Essen Juni 1933 – Febr. 1934
Behma Josef: 25. Nov.1917,  Dachau 23. Juli 1939 – 5. Mai 1945
Berger Hans: 18. Juli 1903, Brauweiler März 1933 – 20. Jan. 1934
Bertel Wilhelm: 13. Juli 1882, Bochum Dez.1936 – März 1939
Bertel Adolf: 20. Juni 1894, Essen Nov. 1936 – März 39, Gladbeck Mai 1937 – 10. Dez.1937
Bolz Heinrich: 21. Dez.1904, Papenburg 26. Jan. 1933 – 27. Febr.1937
Büsch Karl: 9. Mai 1901, Herne 4. Mai 1942 – 7. Nov. 1943
Bungert Anna: 31. Jan. 1913, Ravensbrück 10. Aug. 1942 – 20. April 1944
Dresler Fritz: 9. Jan.1905, Herford 20. März 1933 – 27. Juni 1934
Esser Rudolf: 9. Aug. 1913, Zuchthaus Fechta 28. Okt. 1944 – 4. Mai 1945
Fabian Max: 29. Dez. 1905, Papenburg 2. Juni 1933 – Febr. 1934
Gaedtcke Adolf: 15. Febr.1899, Untersuchungshaft Hamm Mai 1933 – Sept. 1933
Garka Alfred: 1. Okt. 1885, Buchenwald 18. Dez 1936 – 19. April 1939
Hano Ernst: 10. März 1886, Bochum, 29. Sept. 1940 – 30. Sept. 1941
Hirth Frieda Ww. Hausfrau, Ehemann im KZ Buchenwald verstorben
Jacobi Adolf: Dorsten 1. März 1933 – Juni 1933
Kämmerer Karl: 24. Jan. 1886, Münster,24. Nov. 1931 – Juni 1933
Kascheck Viktor: 21. Nov. 1893, Arbeitslager Jena 10. Okt. 1944 – 11. April 1945
Kimhort Albert: 12. Nov. 1886, Brauweiler Febr. 1933 – April 1934
Klang Emil: 11. Juni 1894, Buchenwald und Dachau 24. Nov. 1941 – 4. Jan. 1943
Kramm Maria: 4. Mai  1895. russische Torgau Festung  15. Dez. 1936 – 18. Dez. 1937,
am 17. Sept. 1943 zum Tode verurteilt
Kreutz Josef: 20. März.1890, emigriert
Kriol Ernst: 25. Sept. 1900, Brauweiler 12. Juni 1933 – 26. April 1934
Kuprella Fritz: 28. April 1902, Bochum 1. Nov. 1933 – 17. Febr. 1934 und 17. Aug. 1934 – 7. Febr. 1936
Liebrecht Helmut: 26. Juli 1917, Torgau Festung Febr. 1940 – Sept. 1941
Mättchen Josef: 13. Dez. 1889, Zuchthaus Herford März 1936 – 2. Mai 1938
Möhring Fritz: 29. Jan. 1907, Hagen 27. Juli 1933 – 5. März 1934
Nadrowski Otto: 17. Nov. 1902, Coesfeld 6. Juni 1936 – 22. Febr. 1937
Neumann Wilhelm: 7. Juni.1901, Bochum und Essen 18. Dez. 1936 – 18. Jan. 1938
Nuschler Johann: 17. Sept. 1902, Brauweiler und Papenburg 11. Juni 1933 – 23. Dez. 1933
Ossa Gustav: 3. April 1895, Börgermoor und Papenburg 8. März 1933 – 27. Jan. 1934
Pauli Walter: 8. Juni 1885, Brauweiler und Papenburg Juni 1933 – 24. Dez. 1933
Pick Josef: 23. Juli 1894, Brauweiler und Papenburg 28. Febr. 1933 – 24. Dez..1933
Possny Karl: 15. Juni1907, Bielefeld und Berlin 13. Nov. 1944 – 27. April 1945
Pyschny Emil: 28. Okt. 1891, Brauweiler Juni 1933 – Okt. 1933
Rehm Fritz: 17. Aug. 1901, Sachsenhausen und Dachau 19. März 1940 – 29. Jan. 1944
Rigat Arthur: 9. Okt.1897, Brauweiler und Siegburg März 1933 – 23. Dez.1933
Sadowski Hermann: 1. Jan. 1899, Essen 20. Juli 1933 – Sept. 1934
Schnabel Johann: 14. Febr. 1921, Essen Okt. 1941 – Aug. 1942
Schortemeyer Ernst: 23. Sept. 1902, Dorsten 2. März 1933 – 1. Mai 1933
Schröter Heinrich: 19. Apr. 1903, Dorsten 1. Febr. 1933 – 17. Juni 1933
Schürmann Bernhard: 23. Aug. 1896, Papenburg 19. Juli 1933 – 19. Juli 1935
Singer Paul: 11. Nov. 1905, Dorsten 20. Juli 1933 – 10. Juli 1934
Sobich Gustav:  1. Sept. 1899, Beckhausen 5. Mai 1933 – Febr. 1934
Spickermann Theodor: 15. Sept. 1899, Sachsenhausen 5. Aug. 1936 – 20. April 1939
Thewes Wilhelm: 24. Dez. 1896, Brauweiler 7. Juni 1933 – 23.Jan. 1934
Vogel Käthe:  20. Febr. 1908, Essen 17. Sept. 1935 – 8. Jan. 1936
Ziel Max: 23. Dez.1893, Dorsten 23. Dez 1936 – 23. Aug. 1937

Siehe auch: Nationalsozialismus
Siehe auch: Nationalsozialismus (Artikelübersicht)
Siehe auch:
Richerd Hildebrandt
Siehe auch: Forschungsgruppe
Siehe auch: Geißelbrecht
Siehe auch: Zeugen Jehovas
Siehe auch:
Artur Kramm

Mehr über der Nationalsozialismus in Dorsten und so manche der in dieser LIste aufgeführten Personen findet der Leser in dem Online-Magazin www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de

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