Zuschlag, Reinhart

Dichter prangert in seinen Texten die moralische Doppelzüngigkeit an

Geboren 1937 in Berlin; Bibliothekar und Literat. – Der als „leise Stimme gegen das Gedröhn der Zeit“ apostrophierte Lyriker gehörte etlichen Literaturwerkstätten an. z-zuschlag-foto-heeger WAZAls er in den letzten Jahren seines Schaffens die therapeutische Kraft der Gedichte entdeckte, liest er nicht nur in Schulen, sondern auch in Problemgruppen und vor Patienten in Krankenhäusern. Mit seinen Texten bezieht Zuschlag Position als denkender Zeitgenosse und prangert moralische Doppelzüngigkeit sowie „ich-orientierte Lieblosigkeit“ an (WAZ). Er tut dies in ruhigen Rhythmen, still und zurückhaltend im Ton, mit sprachlicher Knappheit und Präzision. Was er fordert, ist Menschlichkeit und Wärme in einer zunehmend kälter werdenden Welt. Er veröffentlicht in Anthologien, Zeitungen und Zeitschriften. Reinhart Zuschlag absolvierte 1965 die Fachhochschule für das öffentliche Bibliothekswesen in Bonn und ging anschließend in den Innendienst der Autobücherei nach Recklinghausen, heiratete und wechselt 1966 zur Dorstener Stadtbibliothek, die damals noch am Rathaus, im heutigen „Baumhaus“ untergebracht war. In dieser Zeit schloss er sich den Gelsenkirchener Autoren an, darunter der 2014 verstorbene Hugo Ernst Käufer, Klaus Peter Wolf, Klaus Michael, Jürgen Völkert-Marten, Wolf Stegemann u. a. Reinhart Zuschlag leitete die Dorstener Stadtbibliothek, in der er eine Abteilung für Jugendliteratur einführte, bis 1979 und schrieb in dieser Zeit viele seiner Gedichte, die er regelmäßig in Heimatkalendern für die Herrlichkeit Lembeck und in anderen Schriften und Anthologien veröffentlichte.

1983 Gründungsmitglied des Literarischen Arbeitskreises Dorsten

Rainer Zuschlag (l.) beim Künstlertreff bei Filippin am Markt

R. Zuschlag (l.) 1982 beim Künstlertreff

Inzwischen sind mehrere Lyrikbände von ihm erschienen, von denen die meisten Dorstens Künstlerin Tisa von der Schulenburg illustrierte, die er Anfang der 1970er-Jahre kennengelernt hatte. 1983 war Reinhardt Zuschlag dabei, als sich im Eiscafé Filippin am Markt „Künstlertreff“ der Literarische Arbeitskreis Dorsten gründete, der zuerst sein Domizil in der Marienschule hatte. Zuschlag widmete sich in und mit seinen Texten verstärkt der „Bibliotherapie“. Seine Texte helfen Lesern bei der Trauerarbeit oder bei der Verarbeitung von Traumata. Ihm selbst halfen beim Tod seiner Frau Gedichte von Hilde Domin und auch Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“. – Die Dorstener Zeitung zitiert seine Liebe zur Literatur, als er sagte: „Das Schreiben ist für mich Überlebenstraining.“ – Reinhard Zuschlag wurde Ende 2018 vom Bürgermeister mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Dorsten ausgezeichnet. Er erhielt diese Anerkennung für seine lokal und regional wirkende schriftstellerische Tätigkeit. „Sein Lebenswerk und seine künstlerische Arbeit sind eine Bereicherung für das künstlerische und kulturelle Leben.“

„Zuschlag blickt mit Feingefühl – manchmal etwas zu metapherschwer, manchmal ohne ausreichende Aussage – in eine trostlose Zukunft, bewegt sich an menschlichen Abgründen, sammelt Zeitscherben auf und stürzt kopfüber abwärts. Seine Texte, in denen aktuelle Bezüge zu kurz kommen, mögen den Leser bewegen, auf ihn aufmerksam zu machen…“
– Wolf Stegemann in „Ruhr Nachrichten“, 5. Oktober 1982

„Angst und Vereinsamung spürt man zwischen den Zeilen. Zweifel am Gang des Fortschritts unserer Zeit wird deutlich. Es bleibt in diesen dunklen Perspektiven, in der die Gegenwart ihre Zukunft schon hinter sich zu haben scheint, nur ein Rest Vertrauen auf Nischen des Menschlichen, auf ein wenig Wärme in eisigen Zeiten…“
– Heribert Seifert, aus Nachwort in „Zeittassen“, 1983

„Seine formal scheinbar anspruchslosen Texte, die auch in der Anklage nie das Problem beschreien, immer der ,Wortruhe’ verpflichtet sind, überzeugen in ihrer gekonnten Einfachheit wohl auch deswegen, weil sie ihre Bestandteile, die Worte, so setzen, dass ein jedes an seinen Platz und nur da stehen kann…“
– Reinhold Hülsewiesche in „Vestischer Kalender“, 2007


Werke (Auswahl):
„Tagesgespräche filtern“ (1976), „Zeittassen“ (1983), „Wortwärme und Licht“ (1988), „Himmelsatmung“ (1993), „Windfedern“ (1997), „Wolkenstern Hoffnung“ (2000), „Schattenfäden“ (2004), „Offener Anfang“ (2007). Seine Gedichtbände illustrierte Tisa von der Schulenburg (Sr. Paula).


Siehe auch:
Literaten, lebend (Artikelübersicht)

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