Wort des Jahres

Deutsche Wörter des Jahres: „aufmüpfig“ (1971) bis „Krisenmodus“ (2023)

Das „Wort des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals 1971 und regelmäßig seit 1977 von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden als sprachlicher Jahresrückblick herausgegeben und seit 1978 in der Zeitschrift „Der Sprachdienst“ publiziert. Seit 1991 wird zudem jährlich ein Unwort gewählt; von 2001 bis 2003 auch ein Satz des Jahres. Seit 2008 existiert zudem eine Ernennung zum „Jugendwort des Jahres“. Ausgewählt werden nach Angaben der GfdS Wörter und Ausdrücke, die die öffentliche Diskussion des betreffenden Jahres besonders bestimmt haben, die für wichtige Themen stehen oder sonst als charakteristisch erscheinen („verbale Leitfossilien“ eines Jahres). Es geht nicht um Worthäufigkeiten. Auch ist mit der Auswahl keine Wertung bzw. Empfehlung verbunden.
Zwischen 1977 und 1999 war das deutsche „Wort des Jahres“ zugleich das deutschsprachige  Wort des Jahres. Da aber immer häufiger Wörter gewählt wurden, die einen reinen Deutschlandbezug hatten, begannen die anderen Länder des deutschsprachiges Raumes, ihre eigenen Wörter des Jahres zu wählen. In Österreich geschieht dies seit 1999,  in Liechtenstein seit 2007 und in der Schweiz seit 2003. Im Jahr 1999 wurden die für das 20. Jahrhundert als besonders bezeichnend angesehenen „100 Wörter des Jahrhunderts“ in verschiedenen Medien vorgestellt.

Die deutschen Wörter der Jahre von 1971 bis 2023

1971 aufmüpfig
Im allgemeinen Sprachgebrauch 1970/71 neu aufgekommen; bezog sich anfangs vor allem auf die 68er-Bewegung. Steht für verschiedene Komposita (Terrorszene).

1977: Szene
Steht für verschiedene Komposita (Terrorszene); Sympathisantenszene, Unterstützerszene) im Zusammenhang mit dem „deutschen Herbst“

1978: konspirative Wohnung
Im Zusammenhang mit der Entführung Hanns Martin Schleyers durch die Rote Armee Fraktion.

1979: Holocaust
Etablierung des Begriffs nach der Ausstrahlung der Fernsehserie Holocaust – m die Geschichte der Familie Weiß

1980: Rasterfahndung
Einführung der Fahndungsmethode aufgrund der terroristischen Bedrohung der 1970er Jahre

1981: Nulllösung
Im Zusammenhang mit der Debatte um den NATO-Doppelbeschluss

1982: Ellenbogengesellschaft
Steht für den Vorwurf der SPD an die neue schwarz-gelbe Regierung, sozial Schwache zu benachteiligen und den Egoismus in der Gesellschaft zu fördern

1983: heißer Herbst
Beschreibung der Proteste der Friedensbewegung gegen die Nachrüstung im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses

1984: Umweltauto
Diskussion um die Verpflichtung, Autos mit Katalysatortechnik herzustellen

1985: Glykol
Infolge des Glykolwein-Skandals

1986 Tschernobyl
Nach der Reaktorkatastrophe am 26. April

1987: Aids, Kondom
Zunehmende Angst vor der Immunschwächeerkrankung, die „im Begriff [ist], alle anderen gesellschaftlichen Ängste zu überwuchern“

1988: Gesundheitsreform
Versuch der Bundesregierung, die Medikamentenkosten zu begrenzen

1989: Reisefreiheit
Einführung derselben in der DDR

1990: die neuen Bundesländer
Aufgrund der Wiedervereinigung

1991: Besserwessi
Das Portmanteauwort aus Besserwisser und Wessi ist ein Ausdruck, der nach der deutschen Wiedervereinigung entstanden ist

1992: Politikverdrossenheit
Zunehmende Unzufriedenheit und Skepsis der Bürger gegenüber der Politik, ihren Vertretern, Institutionen und Ergebnissen

1993: Sozialabbau
Bezieht sich auf eine breit geführte Diskussion über den Abbau staatlicher Leistungen im Sozialbereich

1994: Superwahljahr
Aufgrund der Bundestagswahl, der Europawahl, acht Landtagswahlen und zehn Kommunalwahlen

1995: Multimedia
„Leitwort für die Reise in die ‚schöne neue Medienwelt‘“

1996: Sparpaket
Bündelung von Maßnahmen, um ein bestimmtes Einsparungsziel zu erreichen

1997: Reformstau
Schlagwort, mit dem das Unterbleiben als nötig angesehener politischer oder struktureller Reformen kritisiert wird

1998: Rot-Grün
Erstmaliges Auftauchen dieser Koalition auf Bundesebene nach der Bundestagswahl 1998

1999: Millennium
Aufgrund des darauffolgenden Jahres 2000

2000: Schwarzgeldaffäre
Aufdeckung der illegalen Spendenpraxis der CDU in den 1990er Jahren unter dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl

2001: Der 11. September
Aufgrund der Terroranschläge in den USA

2002: Teuro
Gefühlte Preissteigerungen nach der Euro-Einführung

2003: Das alte Europa
Aussage des US-amerikanischen Verteidigungsministers Donald  Rumsfeld

2004: Hartz IV
Bezeichnung für Vorschläge der „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“

2005: Bundeskanzlerin
Nach der Bundestagswahl 2005 wurde mit Angela Merkel erstmals eine Frau in das Amt des Bundeskanzlers gewählt

2006: Fanmeile
Im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006

2007: Klimakatastrophe
Die Folgen von unkontrollierter globaler Erwärmung

2008: Finanzkrise
Globale Banken- und Finanzkrise als Teil der Großen Regression, die im Sommer 2007 als Immobiienkrise in den USA begann

2009: Abwrackprämie
Eine Prämie für Pkw-Halter, die ihr älteres Auto verschrotten ließen und gleichzeitig ein neues kauften

2010: Wutbürger
Aufkommen einer Protestkultur aus Enttäuschung über bestimmte politische Entscheidungen

2011: Stresstest
Durchführung zahlreicher derartiger Tests in verschiedenen Bereichen (v. a. Banken, Atomkraftwerke, Stuttgart 21)

2012: Rettungsroutine
Das Wort wurde nahezu nie verwendet, soll aber beschreiben, dass „alle paar Wochen […] neue (Rettungs-)Pakete geschnürt“ wurden.

2013: GroKo
Die Abkürzung „GroKo“ steht für die Große Koalition aus Union und SPD

2014: Lichtgrenze
Bezieht sich auf die Lichtinstallation zum Anlass der Feierlichkeiten „25 Jahre Mauerfall“ in Berlin.

2015: Flüchtlinge
Im Kontext der Migration von Menschen, die 2015 vor den Kriegen im Mittleren Osten nach Europa und insbesondere Deutschland flüchten. Diskutiert wurde von den Sprachwissenschaftlern auch die unterschiedliche Bewertung der Nachsilbe  „-linge“ als Pejorativsulfix.

2016: postfaktisch
Kunstwort, das darauf verweist, dass es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht und ein Teil der Bevölkerung bereit ist, auf den Anspruch auf Wahrheit zu verzichten, Tatsachen zu ignorieren und offensichtliche Lügen zu akzeptieren.

2017: Jamaika-Aus
Bezeichnet das Scheitern der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene nach der Bundestagswahl 2027.

2018: Heißzeit
Begriff für den extremen Sommer 2018 und den Klimawandel. Außerdem ist „Heißzeit“ eine Wortbildung mit lautlicher Analogie zur „Eiszeit“.

2019: Respektrente
Aus sprachlicher Sicht handelt es sich um die Neubildung eines Hochwertwortes in der politischen Debatte, die der Selbstaufwertung durch Fremdaufwertung dient.

2020: Corona-Pandemie
„Die Zusammensetzung benennt das beherrschende Thema nahezu des gesamten Jahres.“

2021: Wellebrecher
Das Wort steht für alle Maßnahmen, die getroffen wurden und werden, um die 4. Corona-Welle zu brechen.“

2022: Zeitenwende
Das Wort wurde von Bundeskanzler Scholz verwendet. Der russische Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 markiere eine „Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinentes.“ Ursprünglich hatte er das Wort in seinem Buch „Hoffnungsland“ im Jahr 2017 im Vorwort verwendet – in einem etwas anderen Kontext.

2023: Krisenmodus
Mit Blick auf die Corona-Pandemie und den Überfall Russlands auf die Ukraine, die Energiekrise, die Bildungsmisere und den Angriff der Hamas auf Israel.befindet sich die Gesellschaft seit 2020 im „Krisenmodus“.

Siehe auch: Unwort des Jahres
Siehe auch: Wort des Jahres in Dorsten
Siehe auch: Gendersprache


Quelle: Wikipedia (Aufruf 2024)

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