Kunst ist dem Menschen so wichtig wie das tägliche Brot
1876 in Dorsten bis 1937 in Köln; Priester, Kunsthistoriker und Kustos. – Er gehörte zu den wenigen, die entgegen vieler anderer, die lautstark ihren Unmut über die neue Ausmalung der Agathakirche äußerten, Pfarrer Ludwig Heming 1922 zur expressionistischen Ausmalung anspornten. Der Münstersche Bischof Johannes erregte sich beim Anblick der Kirchenausmalung. Prof. Dr. Fritz Witte allerdings, ein international angesehner und gepriesener Kunstsachverständiger, hielt die westfälisch-bischöfliche Kritik als Befürworter stand. Witte war nämlich Direktor der hoch angesehenen Schnütgen-Sammlung im rheinischen Köln. Aufgewachsen in der Wiesenstraße, studierte Witte nach dem Abitur Theologie in Münster und Rom. Im Jahre 1900 wurde er in Münster zum Priester geweiht und war nachfolgend bis 1904 geistlicher Lehrer am Collegium Augustinianum Gaesdonck, danach folgte das kunsthistorische Studium in Münster mit Promotion 1906. Alexander Schnütgen holte den jungen Priester Witte aus Rom nach Köln und machte ihn zum Leiter seiner Sammlung. Nach der Schenkung der Sammlung Alexander Schnütgen an die Stadt Köln im Jahr 1906 wurde Witte nach Fertigstellung des Anbaus am Kunstgewerbemuseum Köln erster Kustos des neuen Museums. Von da an war er mit Köln verwurzelte und lernte die Stadt durch tiefgehendes Eindringen in ihre christliche Vergangenheit immer mehr lieben. Witte publizierte 1912 und 1913 die ersten wissenschaftlichen Bestandskataloge der Textilien, Holzskulpturen und Metallarbeiten der Sammlung. Im Jahr 1915 war er kurzfristig kommissarischer Leiter des Kunstgewerbemuseums, meldete sich aber als Divisionspfarrer freiwillig zum Einsatz an der französischen Front, von wo er im November 1917 zurückkehrte und die Arbeit an den Museen wieder aufnahm. Kurz vor Schnütgens Tod wurde Fritz Witte im Januar 1918 erster Direktor der Sammlung und musste im gleichen Jahr die Planungen der Kriegsauslagerung des Domes und der Museen begleiten, die aber aufgrund des Kriegsendes nicht mehr durchgeführt wurden. Die in diesen Jahren beginnende Arbeit Wittes am Kölner Institut für religiöse Kunst wurde bisher ebenso wenig erforscht und im Kontext der künstlerischen Ausdrücke der Liturgischen Bewegung gewürdigt, wie die Lebensläufe und Werke der verschiedenen Künstler, die dort bis 1933 tätig waren.
Generaldelegierter des Roten Kreuzs für das besetzte Gebiet
In der Zeit der belgischen bzw. französischen Besatzung Dorstens und des Ruhrgebiets nach dem Ersten Weltkrieg war Witte „Generaldelegierter des Roten Kreuzes für die besetzten Gebiete“ und unermüdlich bestrebt, Unheil von Gefangenen und Ausgewiesenen abzuwenden. Franz Witte wurde Honorarprofessor der Philosophischen Fakultät der Universität Köln, erwarb 1926 den Altenberger Ornat und stiftete anonym seine eigene Kunstsammlung an das Museum Schnütgen. Nach der Lösung der Sammlung Schnütgen vom Kunstgewerbemuseum zog Witte 1931/32 mit der Sammlung ins Heribertkloster nach Deutz. Fritz Witte starb 1937 in Köln. Sein Grab befindet sich auf dem Südfriedhof in Zollstock. Sein wissenschaftlicher Nachlass liegt teilweise im Historischen Archiv der Stadt Köln.
Fritz Witte hatte eine lebhafte Überzeugung von Sinn und Aufgaben der Kunst: dass sie aus der Tiefe der Seele kommen müsse, dass sie das Beste und Entscheidende einer Zeit zum Ausdruck bringen und deshalb jeweils in der Gegenwart Wurzeln schlagen müsse und sich nicht in der Nachahmung der Vergangenheit erschöpfen dürfe. Außerdem sei die Kunst dem Menschen so wichtig und nötig wie das tägliche Brot. „Sie ist ein Nahrungsmittel höherer Art“, schrieb er 1919.