Wichelhaus, Anna

Lehrerin zeichnete die Schönheiten der Herrlichkeit

1896 in Hervest-Wenge bis 1997 in Heek; Zeichenlehrerin und Konrektorin. – Immer wieder stößt der Leser alter Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck auf professionell ausgeführte Zeichnungen von Motiven aus der Herrlichkeit – Landschaften, Postkartenmotive und Illustrationen zur Geschichte und zu Geschichten aus alter Zeit, die mit „A. Wichelhaus“ signiert bzw. gekennzeichnet sind. In 20 Jahrgängen des Kalenders wurden rund 100 Illustrationen von ihr veröffentlicht und auch das Titelblatt erschien seit der 1. Ausgabe 1925 jahrelang mit einer Wichelhaus-Zeichnung: die Zufahrt von Schloss Lembeck. Anna WichelhausAnna Wichelhaus wurde in Hervest-Wenge geboren. Ihr Vater Friedrich Wichelhaus (1858 bis 1933) stammte aus Wülfrath, war Werkmeister und mit Anna Buckstegge verheiratet. Sie wohnten in der Zechenstraße 10 und hatten 12 Kinder, von denen drei im Kindesalter starben; zwei Söhne fielen im Ersten Weltkrieg. Schon als Kind zeichnete Anna Wichelhaus sehr gerne, was ihr in der Marienschule kein Lob einbrachte, denn man glaubte ihr nicht, dass sie die schönen Bilder selbst angefertigt hatte. Später, auf dem Lyzeum der Ursulinen, motivierte ihre Zeichenlehrerin, Sr. Johanna von Boeselager, sie, selbst Zeichenlehrerin zu werden. Anna Wichelhaus folgte dem Ratschlag, legte 1917 die Lehramtsprüfung in Münster ab und blieb danach ohne Anstellung, weil Soldaten, die Lehrer waren, und nach dem Ende des Ersten Weltkriegs oder schon vorher als Kriegsversehrte heimgekehrt waren, bei der Anstellung Vorrang hatten. Die für Anna Wichelhaus schwere Zeit überbrückte sie mit Vertretungen an Volksschulen in Rheine, Dülmen, Münster, als Hilfslehrerin in Lembeck-Endeln und an der Dorstener Berufsschule, zwischendurch war sie auch als Buchhalterin auf der Zeche Fürst Leopold und beim Amt in Wulfen beschäftigt. Drei Jahre lang arbeitete sie als Zeichenlehrerinnen-Hilfskraft im Lyzeum der Ursulinen in Dorsten und Attendorn. Erst 1928 wurde ihr von der Regierung in Münster eine Stelle als ordentliche Zeichenlehrerin in Altenberge im Münsterland angeboten. Sie nahm an und wurde Dorfschullehrerin. Viele Jahre lang erteilte sie in der Knabenoberklasse Zeichenunterricht. Anna Wichelhaus, die unverheiratet blieb, lebte als verdienender Haushaltungsvorstand zusammen mit zwei ihrer ebenfalls unverheirateten Schwestern, Elisabeth und Agnes, zusammen, die zu ihr nach Altenberge gezogen waren. Ein Bruder war Geistlicher.

Dem Heimatbund Lembeck in Altenberge treu geblieben

Zeichnung von Anna Wichelhaus: Kirche in Hervest

Kirche in Hervest

In Altenberge blieb Anna Wichelhaus dem Heimatbund für die Herrlichkeit Lembeck treu und schickte jahrelang Zeichnungen nach Dorsten, die im Kalender abgedruckt wurden. Zu ihrem 75. Geburtstag würdigte H.-J. Schwingenheuer die Arbeit der Jubilarin im Heimatkalender, mit der „sie sich ein Denkmal gesetzt habe“, mit einen längeren Artikel, der mit den Worten endet: „Für uns ist sie eine Meisterin der kleinen Feder und des feinen Pinsels mit größtem Einfühlungsvermögen und unermesslicher Heimatliebe.“ Anna Wichelhaus dehnte ihre Heimatliebe auf Altenberge aus und blieb auch dort ihrer zeichnerischen Passion treu. In nationalsozialistischer Zeit hatte die strenge Katholikin anhaltenden Ärger mit dem NSDAP-Ortsgruppenleiter, weil sie beharrlich den deutschen Gruß verweigerte. Doch nachhaltig war die Auseinandersetzung nicht, da der Ortsgruppenleiter versetzt wurde. Seinem Nachfolger war es gleichgültig, ob sie „Heil Hitler“ sagte oder nicht. Daran erinnert sich gerne Karl-Heinz Stening aus Altenberge, der Schüler von Anna Wichelhaus war und später zu ihrem Freundeskreis gehörte.

Stets guten Unterricht geleistet

Anna Wichelhaus wurde 1962 als Konrektorin pensioniert. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in Heek. Zu ihrem 95. Geburtstag schrieb Hubert Rohlof im Dorstener Heimatkalender u. a.: „Sicher wird sie gespannt, neugierig und innerlich bewegt ihren 100. Geburtstag – und auch die Jahrtausendwende erwarten.“ Anna Wichelhaus erlebte die Jahrhundertwende nicht. Doch hundert Jahre wurde sie alt. Sie starb drei Jahre vor der Jahrtausendwende mit 101 Jahren im Seniorenheim St. Ludgerus in Heek, in dem sie sieben Jahre lang wohnte. Karl Stening würdigte sie in der „Münsterschen Zeitung“ anlässlich ihres 100. Geburtstags:

„In ihrer stillen, bescheidenen Art hat sie nie großes Aufsehen von sich gemacht. Sie war eine jener Lehrerinnen, über die nie gesprochen werden musste, weil sie stets gute Unterrichtsarbeit leistete und in Altenberge für ihre absolute gradlinige Art und christliche Grundüberzeugung bekannt war.“


Quellen:
H.-J. Schwingeneuer „Anna Wichelhaus. Konrektorin i. R. in Altenberge“ in HK 1975. – Hubert Rohlof „Anna Wichelhaus“ in HK 1991. – K.-H. Stening „Pädagogin und Künstlerin“ in „Münstersche Zeitung“ vom 31. Oktober 1996. – Gespräch Wolf Stegemann mit Karl-Heinz Stening (Altenberge) 2011, der auch das Foto zur Verfügung stellte.

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