Waffenbesitzer, Waffenschein

Dorstener haben die meisten Schusswaffen im Haus oder in der Wohnung

Aus der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums; Foto: Marton Möller

Aus der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums Recklinghausen; Foto: Marton Möller

Beim Polizeipräsidium Recklinghausen sind 1.550 Dorstener Waffenbesitzer registriert (Stand Anfang 2013). Das ist die höchste Zahl aller Kommunen im Kreis Recklinghausen und Bottrop. Die Zahl der Anträge auf den „kleinen“ Waffenschein ist bei der Kreispolizeibehörde Recklinghausen von 2015 auf 2016 sprunghaft angestiegen. 2015 waren 300 kleine Waffenscheine erteilt worden, 2016 waren es 2.900. Als Grund gaben die meisten Antragsteller an, dass sie sich mit einer Waffe sicherer fühlten.Wie viele Waffen die Dorstener wirklich besitzen, ist nicht bekannt. Im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen, das den Kreis Recklinghausen und Bottrop umfasst, existieren rund 40.000 Waffen. Auf den Waffenbesitzkarten, von denen mehrer Waffen eingetragen sein können, sind Besitzer, Vorbesitzer, Modell, Merkmale, Aufbewahrung, Verkäufe und mehr verzeichnet. Nach den Amokläufen an Schulen, bei denen Jugendliche die Waffen ihrer Väter benutzten, werden die Vorschriften über die verschlossene Aufbewahrung von Waffen und Munition verstärkt kontrolliert. Seit Anfang 2013 existiert ein bundesweites Waffenregister.

Zahl der Waffenbesitzer ist hoch

Zu den registrierten 1.550 Waffenbesitzern in Dorsten gehören auch die Personen, die den  „kleinen Waffenschein“ haben. Er gestattet das „Führen“ einer erlaubnisfreien Schusswaffe. Das gilt für Gas- und Schreckschuss-Waffen. Sie müssen mit dem Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) versehen sein. Da es in Dorsten viele Jäger und zahlreiche Sportschützen-Vereine gibt, steigt die Zahl der Waffenbesitzer weiter an. Die Zahl der freien, nicht in einem Verband organisierten Waffenbesitzer, ist nicht bekannt. Kurz nach dem blutigen Amoklauf 2009 auf die Albertville-Realschule in Winnenden wurde Bürgern die Möglichkeit gegeben, ihre Waffen straffrei abzugeben. Dies wurde von Bürgern im Kreis Recklinghausen gut angenommen.

„Kleiner Waffenschein“

Wie das Polizeipräsidium Recklinghausen meldet, haben von Jahresanfang bis Mitte April 2016  rund 1.800 Bürger den „Kleinen Waffenschein“ für Gas- bzw. Schreckschusspistolen beantragt. Im ganzen Jahr 2014 waren es 180 Anträge zum Mitführern solcher Waffen, 2015 schon 250. Womöglich ist die enorm angestiegene Antragsflut eine Reaktion auf diffuse Ängste angesichts von Terroranschlägen, Dauer-Nachrichten über Wohnungseinbrüche oder Übergriffe in der Kölner Silvesternacht. Bundesweit haben 300.000 Bürger den Kleinen Waffenschein (Stand April 2016). Knapp 4000 sind es im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen mit Dorsten, den neun weiteren Städten im Kreis Recklinghausen sowie Bottrop (zusammen 730.000 Einwohner). Der „Kleine Waffenschein“ berechtigt zum Führen von Signal-, Reizstoff- und Schreckschusswaffen außerhalb der eigenen Wohnung und von umfriedetem Besitz. Das gilt aber nicht für Veranstaltungen (Versammlungen, Demos, Kino, Theater, Fußball, Kirmes). Da ist das Tragen einer Waffe generell verboten.
„Freie Waffen“ müssen den Stempel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und das Zeichen „F“ aufweisen. Für Volljährige sind Kauf und Besitz erlaubnisfrei. Zur Ausstellung des „Kleinen Waffenscheins“ gelten die Voraussetzungen: keine Vorstrafen, mindestens 18 Jahre, fachgerechte Aufbewahrung der Waffe; keine Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Mit einem Waffenschein nicht zu verwechseln ist eine Waffenbesitzkarte, die z. B. Jäger und Schützen für Kauf, Besitz und (nicht zugriffsbereiten) Transport einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe zur Jagd oder zum Sportwettbewerb benötigen. Der „Große Waffenschein“ berechtigt zum Tragen einer scharfen Waffe in der Öffentlichkeit. Einzelpersonen wird dieser Waffenschein nur in Ausnahmefällen ausgestellt. Ansonsten unter strengen Auflagen Mitarbeitern professioneller Sicherheitsfirmen ausgestellt.

Zahl der illegalen Waffen im Kreis Recklinghausen nach wie vor hoch

Die Polizei im Kreis Recklinghausen entdeckt nach wie vor viele illegale Waffen, 2016  wurden 1.150 unangemeldete Pistolen und Gewehre entdeckt. Einige davon wurden auch von den Besitzern freiwillig abgegeben. Anschließend wurden sie vernichtet. Im Vergleich zu den Jahren davor ist die Zahl der beschlagnahmten Waffen aber gesunken. Das liegt unter anderen daran, dass es schärfere Regeln zur Aufbewahrung gibt. Außerdem macht die Polizei regelmäßig unangemeldete Kontrollen. Insgesamt sind derzeit im Kreis knapp 37.000 Waffen angemeldet. Eine Spezialeinheit der Polizei durchsuchte Mitte April 2017 in Dorsten zwei Wohnungen, gegen deren Bewohner wegen Verstoßes gegen das Waffenschutzgesetz ermittelt wurde. Dabei sei es vor allem um Schusswaffen gegangen. Etwa 30 Beamte seien bei der problemlos verlaufenen Aktion im Einsatz gewesen. Verletzte habe es keine gegeben.

2017/18: Im Polizeipräsidium wurden kreisweit 115 Waffen abgegeben

Die Möglichkeit, bundesweit illegale Waffen und Munition ein Jahr lang straffrei abzugeben, nutzten im Kreis Recklinghausen 2018 deutlich weniger Bürger als 2009. Im Jahr 2018 wurden im Polizeipräsidium Recklinghausen 55 Kurzwaffen und etwa 60 Langwaffen abgeliefertrden. 43 Menschen kamen mit Munition vorbei. Auch von einem Elektroschocker, einem Bolzenschussgerät und sogar einem Schießkugelschreiber, wie man ihn aus James-Bond-Filmen kennt, trennten sich Waffenbesitzer im Kreisgebiet. 2009 wurden im Kreisgebiet mit 200 Lang-, 400 Kurwaffen und 200 Kilogramm Munition noch deutlich mehr straffrei abgegeben. Dass neun Jahre später weniger Waffen abgegeben wurden, mag daran gelegen haben, dass sie meisten Betroffenen ihren illegalen Waffenbesitz vermutlich bereits 2009 abgegeben hatten. Wie viele aus Dorsten darunter waren, darüber gibt es keine Auskunft. In der Regel handelt es sich bei den abgegebenen Waffen um Dachbodenfunde oder Erbstücke. – Die Pistolen, Revolver und Gewehre, die bei den NRW-Polizeiwachen abgegeben werden, werden nach Überprüfung, ob sie eventuell bei deiner Straftat benutzt worden waren, zentral durch das Landesamt für Polizeiliche Dienste (LZPD) zerstört.

Gesetz-Verschärfung 2024: 35 Mio. illegale Waffen europaweit im Umlauf

Das EU-Parlament hatte am 23. April 2024 schärfere Regeln für den Import und Export von Schusswaffen in der EU beschlossen. Es geht dabei um Waffen für den zivilen Gebrauch, die also nicht von Streitkräften, der Polizei oder anderen Sicherheitsbehörden genutzt werden. Hintergrund ist, dass nach Schätzungen der EU-Kommission mehr als die Hälfte der zivilen Handfeuerwaffen in Europa nicht registriert sind. Demnach sind rund 35 Millionen illegale Gewehre und Pistolen im Umlauf. Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel, in der Dorstener Zeitung: „Alle nicht registrierten Feuerwaffen könnten im schlimmsten Fall beispielsweise für eine Massenschießerei verwendet werden.“ Je mehr illegale Waffen es gebe, desto leichter sei es, an eine Waffe zu kommen, um ein Verbrechen zu begehen, warnte Lange.
In vielen Fällen ist unklar, wer der Käufer der exportierten Schusswaffen ist. Denn häufig ist eine Rückverfolgung der Waffen, die zum Beispiel an den US-Markt verkauft werden, nicht möglich. Die EU exportiert dreimal so viele Gewehre und Pistolen für den zivilen Gebrauch, wie sie importiert. Vor allem in die USA gehen viele Modelle. Dort sind europäische Waffen beliebt, allen voran jene von deutschen Herstellern wie Heckler & Koch, Carl Walther und SIG Sauer oder die Glock-Pistole aus Österreich. Eine EU-weite Erfassung der Waffenimporte gibt es bisher nicht. Die Zahl der illegalen Pistolen hierzulande könnte also noch viel höher sein. Künftig soll auch die Einfuhr EU-weit nach gleichen Standards kontrolliert werden. Das EU-Parlament will den Weg von Schusswaffen, einzelnen Teilen und Munition künftig in einer elektronischen Datenbank erfassen, sagt Lange, der als Berichterstatter den Entwurf für die EU-Verordnung vorbereitet hat. Dort sollen auch alle Hersteller- und Händler-Anträge zur Einfuhr und Ausfuhr von Waffen abrufbar sein. Ein elektronisches Register von Europol soll den Austausch zwischen allen europäischen Sicherheits- und Zollbehörden ermöglichen (Quelle: Sven Christian Schulz in RN vom 24. April 2024).

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone