Vincke, Ludwig von

Erster Oberpräsident der preußischen Provinz Westfalen

1774 in Minden bis 1844 in Münster; Oberpräsident und Reformer. – Das Dampfschiff, das 1854 zum Staunen der am Ufer stehenden Zuschauer Lippe aufwärts nach Dorsten fuhr, trug seinen Namen, denn er war für technischen Fortschritt und politische Reformen. Während die Lippedampfschifffahrt ins Stocken geriet, gediehen seine politischen Reformen umso mehr. Freiherr Ludwig von Vincke entstammte einem alten Adelsgeschlecht, besuchte von 1789 bis 1792 das Königliche Pädagogium in Halle.

Familie von Vincke, Gemälde von Carl Joseph Haas (11775-1852)

Familie von Vincke, Gemälde von Carl Joseph Haas (11775-1852)

Entgegen der Familientradition entschied er sich dann nicht für eine militärische Karriere, sondern für die Verwaltungslaufbahn im preußischen Staatsdienst. Ab 1792 war er an der Universität Marburg eingeschrieben und stiftete 1794 in Erlangen das „Kränzchen der ordensfreien Westfälinger“, aus dem das heutige „Corps Guestphalia Erlangen“ hervorging. Bei seinen Studien in England lernte er die Methode des Selfgovernments kennen, das er bei seiner ab 1806 einsetzenden Reformarbeit benötigte. Vincke wurde 1798 Landrat in Minden und nahm 1803 das Präsidentenamt der Kriegs- und Domänenkammer in Aurich (Ostfriesland)) an. Im darauf folgenden Jahr wurde Freiherr vom und zum Stein als Minister nach Berlin berufen, so dass der Präsidentenstuhl der Kammern von Münster und Hamm frei war. Vincke trat die Nachfolge Steins an und bekleidete dieses Amt bis 1806.

Entscheidende Reformen zur Aufhebung der Leibeigenschaft

......... von Vincke, Kammerpräsident in Ostfriedsland und Westfalen; Porträt von Friedrich Winkelmann 1804

Ludwig von Vincke (1804)

Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon floh Vincke nach England, wo er das dortige Verwaltungssystem kennen lernte. Bei seiner Rückkehr 1807 schloss er sich dem Reformerkreis um den Freiherrn vom und zum Stein an. Bis zur Entlassung Steins im November 1808 wurden unter der Mitwirkung von Vinckes als entscheidende Reformen die Aufhebung der Leibeigenschaft und Erbuntertänigkeit, eine neue Gewerbeordnung und die kommunale Selbstverwaltung der Städte durchgesetzt. Nach Steins Rücktritt wurde Vincke 1809 kurmärkischer Kammerpräsident in Potsdam, zog sich aber 1810 auf seine privaten Güter zurück. Im gleichen Jahre heiratete er Eleonore von Sieberg zum Busch und wurde so zum Eigentümer der mittelalterlichen Burgruine Hohensyburg. Erst nach der Niederlage der Franzosen in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde er im Rahmen des Zentralveraltungsdepartements Gouverneur des Zivilgouvernements zwischen Weser und Rhein.

Vincke übernahm das Amt des Oberporäsidenten

Auf dem Wiener Kongress wurde die Neuordnung Europas beschlossen, die zur Gründung der neuen preußischen Provinz Westfalen führte. Über den Regierungspräsidenten der drei zugehörigen Regierungsbezirke stand jetzt der Oberpräsident der Provinz. Dieses Amt übernahm Vincke für fast drei Jahrzehnte. Mehrfach schlug er sogar Ministerposten in Berlin aus. Vincke schaffte es, die über zwanzig verschiedenen Einzelstaaten zwischen „Weser und Rhein“ zu einem Staatsgebilde Westfalen zu einen. Ludwig von Vincke förderte die Industrialisierung Westfalens, brachte den Infrastrukturausbau durch die Kanalisierung der Lippe voran, und setzte sich für ein starkes Bauerntum ein. – Vincke starb 70-jährig 1844 in Münster. Von ihm wird folgende nicht belegte Geschichte erzählt:

Eines Tages war Freiherr Ludwig von Vincke wieder unterwegs. Es hatte vorher geregnet und die Straßen waren aufgeweicht. An einer tiefen Stelle des Weges steckte ein Bauer mit seinem Karren fest. Als er Vincke ankommen sah, rief er: „He, du da! Pack mal mit an und hilf mir, den Karren aus dem Dreck zu ziehen!“ Er hatte natürlich nicht erkannt, mit wem er da sprach. Vincke krempelte sich die Hosenbeine hoch und fasste mit an. Mit einem gemeinsamen Hauruck hatten sie den Karren in fünf Minuten wieder flott. Der Bauer bedankte sich und Vincke setzte seinen Weg fort. Als sich Vinckes Frau über die schmutzigen Hosen wunderte, erklärte er ihr: „Heute habe ich mal wieder gesehen, wie nötig es ist, die Straßen im Lande auszubessern.“

An Ludwig von Vincke erinnert der Vincketurm auf der Dortmunder Hohensyburg. Sein Sohn Georg von Vincke war ebenfalls preußischer Politiker.


Quelle:
Wikipedia, Online-Enzyklopädie

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