1950 erhielt der Gasbehälter mit den Namen „Lürken“ den Doktortitel
Als sich die Elektrizitätswerke die Region aufteilten, fiel die Stadt Dorsten dem 1906 gegründeten „Electrizitätswerk Westfalen AG“ (EWW) zu, der jetzige Ortsteil Hardt aber der RWE. Im Jahr 1911 legte das EWW der Stadt ein Angebot zur Stromversorgung vor, das sich mit der Offerte der Gewerkschaft Trier messen musste, die 1911 die Kohlenförderung auf der Zeche Baldur aufgenommen und ein eigenes Kraftwerk errichtet hatte. Die Stadtverordneten entschieden sich für den billiger angebotenen Zechenstrom. 1912 konnte das aufgebaute Stromnetz in Betrieb genommen werden. Das EWW versorgte auch die Landgemeinden Wulfen, Rhade, Lembeck, Erle und Altschermbeck mit Strom. Hervest folgte 1912, Holsterhausen 1913, Altendorf-Ulfkotte 1922. Nachdem die Straßenbeleuchtung elektrifiziert war, folgten die Hausanschlüsse. Da sich das EWW angesichts des Ersten Weltkriegs und dessen Folgen 1920 nicht in der Lage sah, in Lembeck ein öffentliches Netz zu bauen, gründeten acht Lembecker Bürger (Gewerbetreibende, Gastwirte, Handwerker) eine „Elektrizitätsgesellschaft mbH“. Als „Kraftwerk“ diente die seit 1892 mit einer Dampfmaschine betriebene Hölkersche Mühle, an die ein Generator angeschlossen wurde. Bis 1922 verzeichnete die Gesellschaft 122 Anschlüsse. Im selben Jahr kaufte die Gemeinde Lembeck das Ortsnetz und ließ sich vom EWW mit Strom beliefern. 1926 erwarben die Vereinigten Elektrizitätswerke (VEW) die Lembecker Anlage und bauten die Stromversorgung auch in Erle und Rhade auf.
Im Krieg 50 Prozent des Elektro-Netzes zerstört
Seit Beginn der zentralen Stromversorgung war die Stadt Dorsten Eigentümerin des Verteilungsnetzes im Bereich der Altstadt und Altendorf-Ulfkotte. 1929 übernahm die Ruhrgas AG die Lieferung von Gas mit einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Das Gasnetz wurde bis Hervest und die Hardt sowie in die Feldmark ausgebaut. 1938 verpflichtete der Staat die Gemeinden, Strom- und Gasbetriebe auf erwerbswirtschaftliche Prinzipien umzustellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem in der Innenstadt rund 70 Prozent des Gasnetzes, 50 Prozent des Elektro-Versorgungsnetzes und alle öffentlichen Straßenbeleuchtungen zerstört wurden, wurde 1950 der neue Gasbehälter, der auf den Namen des früheren Bürgermeisters „Dr. Lürken“ getauft wurde, in Betrieb genommen. Als 1952 die Stadtwerke in wirtschaftliche Existenznot gerieten, erhöhten sie nach einer erbittert geführten Debatte die Strom- und Gastarife. 1955 erzielten die Stadtwerke einen Jahresumsatz von 976.000 Mark. 1966 kauften die VEW für 8,5 Mio. DM die Stadtwerke, übernahmen sämtliche Arbeiter und Angestellte. Auf 40 Jahre wurden befristete Konzessionsverträge geschlossen (siehe Gasbeleuchtung).
2023: Zu hohe Preise in der Grundversorgung in Nordrhein-Westfalen
Das Niveau der Strom- und Gaspreise in der Grundversorgung in Nordrhein-Westfalen ist nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW zu hoch. Trotz geplanter Preissenkungen von durchschnittlich 14 Prozent für Strom und 19 Prozent für Gas sei das Preisniveau deutlich höher, als es die nachlassenden Preise auf den Energiemärkten vermuten ließen. Bei Gas bewegten sich die Arbeitspreise zum 1. Januar 2024 zwischen neun und 26,54 Cent je Kilowattstunde plus Grundpreis. Bei Strom liege die Spanne zwischen 29,81 und 55,93 Cent je Kilowattstunde plus Grundpreis (dpa).
2024 startete mit höheren Preisen – Kosten für Energie weiter gestiegen
Das neue Jahr 2024 begann mit deutlich höheren Energiepreisen: Ab Januar stieg der Preis pro emittierter Tonne Kohlendioxid von Kraft- und Brennstoffen, der CO2-Preis, von 30 auf 45 Euro. Verbraucher werden das zunächst an den Zapfsäulen sehen: Der Branchenverband En2x rechnet damit, dass Benzin um 4,3 Cent teurer wird und Diesel um 4,8 Cent je Liter. Auch mit höheren Heiz- und Stromkosten ist zu rechnen; zumal die staatlichen Energiepreisbremsen wegfallen. Besonders bemerkbar machen wird sich laut des Verbraucherportals Check24 die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Gas auf 19 Prozent. Beim Essen ist ebenfalls mit Preiserhöhungen zu rechnen. Die gute Nachricht: 2024 steigt der Grundfreibetrag, also die Höhe des Einkommens, bis zu dem keine Steuern bezahlt werden müssen.
Milliarden-Zusatzkosten der Energiewende – Bürger müssen zahlen
Die deutsche Energiebranche rechnet für die nächsten Jahre mit weiteren Milliardenkosten für die Stabilisierung des deutschen Stromnetzes. Zu den Hauptursachen zählen die Verzögerungen beim Netzausbau und der gemessen am hohen Bedarf unzureichende Ausbau der erneuerbaren Energien im Süden. Diese Faktoren machen nach Einschätzung von Verbänden, Unternehmen und Ökonomen auch in den nächsten Jahren ein aufwendiges „Netzengpassmanagement“ notwendig. Zahlen zu den Kosten für das ganze Jahr 2023 lagen mit Stand Januar 2024 noch nicht vor. Im ersten Halbjahr 2023 waren es laut Bundesnetzagentur über 1,6 Milliarden Euro, im Gesamtjahr 2022 4,2 Milliarden, in Teilen bedingt durch den Anstieg der Gaspreise. Der Netzbetreiber Tennet geht davon aus, dass es an die zehn Jahre dauern könnte, die Kosten der Netzeingriffe wieder auf ein Minimum zu senken (dpa).
- Deutsche zahlen viel für Strom. Doch den EU-Spitzenplatz hat ein anderes Land. Die Strompreise für Haushaltskunden in Deutschland sind im weltweiten Vergleich weiterhin hoch. Dies geht aus einer Analyse des Vergleichsportals Verivox hervor, das Strompreise in 147 Staaten verglichen hat. Ergebnis: Wird die unterschiedliche Kaufkraft in den Ländern berücksichtigt, liegt Deutschland im Vergleich der durchschnittlichen Strompreise für Neukunden im ersten Quartal 2024 auf Platz 21. Im kaufkraftbereinigten Vergleich am teuersten war Strom in Sierra Leone, Sri Lanka, Kap Verde, Kolumbien und Italien. Kaufkraftbereinigt teurer als in Deutschland war der Strom auch in den europäischen Staaten Tschechien, Polen, Irland, Litauen und Zypern. Unter den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern folgen nach Italien und Deutschland auf Platz 34 Großbritannien, auf Platz 35 Frankreich (dpa).
Quellen: Reinhard Dreischer „Energie für Dorsten. Geschichte der leitungsgebundenen Energieversorgung in Dorsten“, Bochum 1989. – dpa, April 2024.