Stojanovic, Stojan

Er kam als Kriegsgefangener nach Deutschland und 1950 zur britischen Muna

1919 in der Nähe von Skopie im ehemaligen Jugoslawien bis 2016 in Dorsten-Wulfen. – Von 1950 bis zu seinem Tod lebte er in Wulfen. – Stojan Stojanovic wuchs in einem Bauernhof auf und ging als 17-Jähriger im Jahr 1936 zum Militär. Als Soldat wurde er an der Grenze zu Bulgarien eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg kam er in deutsche Kriegsgefangenschaft und wurde 1940 mit dem Versprechen „Ein halbes Jahr arbeiten, dann kannst du wieder nach Hause“ nach Deutschland verbracht, wo er in der Nähe von Wilhelmshaven als Zwangsarbeiter bei einem Kohlenhändler arbeiten musste. Nach Ende des Krieges blieb Stojanovic in Deutschland, arbeitete in Hamburg zunächst für die Amerikaner und dann für die Briten, die ihn 1950 nach Wulfen versetzten. Hier war er in der Wachmannschaft am Tor der Muna eingesetzt, die damals noch Munitionslager der britischen Rheinarmee war. Als Wachkommandant hatte Stojanovic etwa 20 Leute unter sich. Der Dienst ging über 24 Stunden, von acht Uhr morgens bis zum nächsten Morgen um acht Uhr. Die Wachmannschaft am Tor der Muna musste u. a. Ausweise und Papiere kontrollieren. An der Pforte lernte er seine spätere Frau Elsbeth kennen. Sie war als Flüchtling aus Stettin gekommen und auf der Suche nach Arbeit.

Sein Wahlspruch: „Meine Heimat ist da, wo meine Frau ist“

Untergebracht war Stojan Stojanovic mit etwa 20 Jugoslawen vier Jahre lang in Drei- bis Vierbett-Zimmern im alten Wulfener Amtshaus neben der Volksschule. Dort gab es auch Aufenthaltsräume, Schlafzimmer, Duschen und Toiletten. Auch einen Koch, der für das Essen sorgte. Am Heiligen Abend des Jahres 1955 heiratete er Elsbeth. Als Stojanovic von Wulfen nach Wetter an der Ruhr versetzt werden sollte, kündigt er. Seit dieser Zeit galt sein Wahlspruch: „Meine Heimat ist da, wo meine Frau ist.“
Er arbeitete dann in der  Schokoladenfabrik Hajo Heyen in Hervest-Dorsten und ab 1965 bei den Chemischen Werken in Hüls. 1967 wurde er berufsunfähig. Stojan Stojanovic: „Wir haben bei Milovan Tanaskovic im Haus am Cheruskerweg gewohnt. Ich kannte Milan schon lange. Milan war Serbe, seine Frau Deutsche aus Lübeck.“ Drei Mal besuchte er mit seiner Familie seinen Geburtsort, doch Wulfen war seine Heimat geblieben. Sein Hobby war der Fußball. Bis ins hohe Alter besuchte er gemeinsam mit seiner Frau die Heimspiele des SC Blau-Weiß Wulfen. Das Paar hatte einen Sohn und zwei Töchter sowie sechs Enkelkinder. Stojan Stojanovic starb 2016 mit 97 Jahren in Wulfen.

Zur Sache: Ehemalige jugoslawische Kriegsgefangene in Wulfen

Ab 1946 wurden als Bewachungsmannschaften für die Muna auch Jugoslawen eingesetzt, die im Zweiten Weltkrieg in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren und als königstreue Serben wegen des Tito-Regimes nicht nach Jugoslawien zurückkehren wollten. Die Zahl dieser Jugoslawen ist nicht mehr genau zu ermitteln, es dürften etwa 50 gewesen sein.


Quellen: DZ vom 27. Dez. 2014. – Westf. Wilhelms-Universität Münster: „Fremde Heimat Westfalen 1900 bis 2010“. – Heimatverein Wulfen 1922: „Neue Heimat in Dorsten-Wulfen“, 2015 Wulfen. – Foto: Rüdiger Eggert (DZ).

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