Kreis Recklinghausen: In 30 Jahren schuldenfreie Kreis-Kommunen?
Die Städte im Kreis Recklinghausen, darunter Dorsten, tragen mit insgesamt 1,6 Milliarden Kassenkredite (Stand 2019) eine große Schuldenlast vor sich her. Dabei sollten diese Bank-Überziehungskredite eigentlich nur bei vorübergehenden Engpässen die Städte zahlungsfähig halten. Um diese Dispo-Kredite abzubauen halten bislang auch nicht die oft erheblichen gesteigerten Abgaben der Bürger und auch nicht die massiven Sparmaßnahmen. Auch Dorsten lebt seit Jahren auf Pump, obwohl in den Reden bei Einbringung des jährlichen Haushalts immer wieder von „Überschüssen“ und desgleichen geredet wird. In einem 2019 veröffentlichten Fachgutachten des vom Regionalverband Ruhr (RVR) in Auftrag gegebenem Gutachten der TU Kaiserslautern werden nun 30 Jahre veranschlagt, diese Überziehungskredite der kreisangehörigen Städte zu tilgen. Sollte dies gelingen, müssten die elf Städte im Kreis durchschnittlich 108 Euro je Einwohner und Jahr erübrigen (bei einem Zinssatz von durchschnittlich 1,53 Prozent). Die Stadt Dorsten müsste somit pro Jahr rund 8,2 Millionen Euro zur Seite legen.
„Gemeinschaftsaufgabe“ als optimale Lösung
Im Kreis Recklinghausen hat ein Teil der Städte bereits mit dem Schuldenabbau begonnen. Dazu sind sie in der Lage, weil sie – mit dem Rückenwind von NRW-Stärkungspakt und guter Konjunktur – Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet haben – 252 Euro je Einwohner im Jahr 2017. Eine Garantie für dauerhaft ausgeglichene Haushalte ist das nicht, denn die strukturelle Unterfinanzierung, so das Gutachten, sei nach wie vor nicht behoben. Der Bund sei seiner Mitverantwortung für die Finanzierung der Aufgaben und Ausgaben im Sozialbereich in der Vergangenheit „nur mangelhaft nachgekommen“. Deshalb sei der Bund jetzt gefordert, seinen Beitrag zur Entschuldung der Kommunen zu leisten.
Entchuldungslösung wäre eine „Gemeinschaftsaufgabe“ Bund-Kommunen
Bundesweit haben die Städte rund 47 Milliarden Euro an Kassenkrediten angehäuft. Rund ein Drittel dieser Verschuldung (15 Milliarden Euro) entfällt auf das Ruhrgebiet. Trauriger Spitzenreiter ist hier Oberhausen mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 7533 Euro (Ruhrgebiet: 2832 Euro, Kreis RE: 2583 Euro). Eine Beteiligung des Bundes an einer Entschuldungslösung wäre als „Gemeinschaftsaufgabe“ nach dem Grundgesetz verfassungsrechtlich die beste Lösung, so das Gutachten. Denn dann würde sich an der Entschuldung der Bund mit 50 Prozent beteiligen. Land und Kommunen teilten sich den Rest. Bei dieser Konstellation würden sich die Tilgungsraten für den Kreis Recklinghausen in einer Zeit von 30 Jahren auf 27 Euro je Einwohner und Jahr reduzieren (statt 108 Euro) Für Dorsten wären das dann „nur“ 2,06 Millionen Euro jährliche Rückzahlung für 30 Jahre. – Ein Blick in andere Regionen zeigt die unterschiedliche Verschuldung bzw. Rückzahlung der Kassenkredite: In Bayerns Städten wären es 14 Euro pro Einwohner und Jahr, in Sachsen 30 Euro und im Ruhrgebiet 2832 Euro. Im Ruhrgebiet hat das Wegbrechen ganzer Industriezweige (Bergbau), was auf Entscheidungen in Brüssel und Berlin zurückzuführen ist, die Arbeitslosen- und Hartz-IV-Zahlen und damit auch die Sozialausgaben in die Höhe getrieben. Gleichzeitig aber waren die Städte im Kreis gezwungen, einen dreistelligen Millionenbetrag für den „Aufbau Ost“ an die neuen Bundesländer zu überweisen.
Siehe auch: Pro-Kopf-Verschuldung
Siehe auch: Schulden in NRW
Siehe auch: Dorsten 2018 – arme Stadt
Quelle: Nach Michael Wallkötter in DZ vom 12. April 2019