Spangemacher, Lehrerfamilie

250 Jahre lang stellte sie die Schulmeister in Raesfeld

Die Dorstener Dichtern Jakobine Spangemacher-Gudel, die eigentlich Lehrerin war, der Rechtsanwalt Johannes Spangemacher und der Oldenburgische NS-Minister Heinrich Spangemacher, ebenfalls Lehrer, der seine Verwandten in Dorsten häufig besuchte, haben ihre Familienwurzeln in Raesfeld. Über viele Generationen stellten die Spangemachers in Raesfeld die Schulmeister wie die Tinnefelds in Rhade. In der Borkener Pfarrkirche standen am 22. April 1658 Johannes Spange­macher (geb. 1635) und Johanna Rexinck vor dem Traualtar. Um 1663/64 kam die Familie mit ihren Kindern nach Raesfeld, wo der junge Mann Küster und Lehrer wurde. In einem abgetrennten Raum einer Scheune übten die Kinder mit Hilfe des Küsters das Lesen, Schreiben und Buchstabieren sowie von Spangemacher in Christenlehre unterwiesen. Ihm folgte sein Sohn Wessel Spangemacher.

Xaver Spangemacher (1835-1913) mit Frau

Xaver Spangemacher (1835-1913) mit Frau

Mit der Gelehrsamkeit der Schulmei­ster war es nicht weit her. 1693 erließ der Landesherr, Bischof Friedrich Christian (1688-1706), eine neue Schulordnung. Die eingeführte Schulpflicht für das Volk war zum Teil in ihren Anfängen stecken geblieben. Besonders in den Dör­fern und Kirchspielen blieben in den Sommermonaten die Schulstuben leer. In Raesfeld wurde das Klassenzimmer Spangemachers zur Handwerksstube, der damit seine Einnahmen zu verbessern suchte. Der Bischof verlangte, dass die Schulmeister aber auch was von ihrem Beruf verstehen sollten und ordnete bei der Sitzordnung die strikte Trennung von Mädchen und Jungen an.

Der Schulmeister trank und schlief vor den Kindern ein

Wesselus Spangemachers ältester Sohn Caspar Heinrich wurde 1718 No­tar in Coesfeld, Johannes besuchte von 1707 bis 1708 die Lateinschule in Dorsten und wurde 1716 zum Priester geweiht. Er wurde Kaplan in Raes­feld und Heiden und starb im September 1737 als Pastor von Rorup. Der jüngere Alexander Theodor ging in den Jahren von 1711/12 zur Dor­stener Lateinschule und half seinem Vater im Schul- und Küsteramt. Sein Vater Wesselus kümmerte sich vor allem um die eingerichtete Schenkwirt­schaft im Haus. Der bischöfliche Visitator warf ihm 1723 vor, dass er seine beiden Ämter vernachlässige und dass er unter dem sonntägli­chen Gottesdienst in seiner Schenkstube Getränke verzapfe. Selbst ließ er sich „voll seuffe“ und schlafe vor den Kindern in der Schulstube. Die Kirchenschlüssel ließe er oft auf der Friedhofsmauer oder an einem anderen, ungebührlichen Platz liegen. Als Alexander Spangemacher alt geworden war, schrieb sein ältester Sohn Gottfried an den Patronatsherrn Friedrich Karl von Limburg-Styrum, Herr zu Gemen und Raesfeld:

„Es sind nunmehr 50 Jahre, gnädiger Herr, daß mein Vater die Raesfeldischen Cüsterey, Schuldienst und Receptur unsträflich, wie ich nicht anders weiß, bedienstet hat.“

Sohn übernahm die Funktion seines Vaters

Es ging um die Ablösung des al­ternden Vaters und um die Übernahme seiner Funktionen durch den Bitt­steller. Im Jahr 1770 übernahm der Sohn Gottfried die Positionen seines Vaters. In der Lehrerausbildung begann eine neue Zeit. 1783 wurde die Normal­schule zu Münster errichtet, eine Bildungsstätte für Lehrer-Ausbildung. Die Leitung übernahm der Geistliche Overberg. Dieser versammelte im Spätsommer eines jeden Jahres 30 bis 40 junge Lehrer um sich und unterrichtete sie in neuen Schulmethoden, für die er auch Lehrbücher verfasste.

Johannes Theodorus Spangemacher (1765-1844) war der älteste Sohn im Hause des Kü­sters, Schulmeisters und Steuereinnehmers Gottfried Spangemacher. Er war 18 Jahre alt, als 1783 sein Großvater Alexander und sein Vater Gottfried starben. Ob er damals sofort das Lehrer- und Küsteramt antrat, kann nicht gesagt werden. Man darf annehmen, dass damals der Lehrer Pundt, ein Drechsler und Ver­wandter der Familie Spangemacher, in den Jahren den Dienst in der Schule übernahm. Nach einigen kostspieligen Reparaturarbeiten an der Scheune des Kü­sters, das bisher als Schulhaus diente, entschloss man sich in der Ge­meinde 1803 zum Bau einer neuen Schule. Johannes Spangemacher vermählte sich 1804 mit Elisabeth Höting aus der Freiheit und unterrich­tete mit dem Lehrer Pundt die Kinder.

Preußen brachten frischen Wind in den Schulbetrieb

Nach der Franzosenzeit brachten die Preußen frischen Wind in den Schul­betrieb. Sie erließen neue Schulverordnungen. Mit der strengen Handhabung zum pflichtgemä­ßen Schulunterricht wuchs die Zahl der Schüler aber auch die Raumnot in den kleinen Schulhäusern. Zu einer pünktlichen Besoldung der Lehrer wurden die Eltern angehalten. Die Ortsobrigkeit der Gemeinde entschloss sich zum Bau einer großen Schule mit zwei Klassenräumen, die 1835 an der Borkener Straße fertig wurde. Eine Regierungskommission inspizierte im Juni 1838 das Schulhaus und hörte im Unterricht zu. In ihrem Bericht hieß es: „Das Schulgebäude ist in einem guten Zustand, guter Unterricht in beiden Klassen von beiden Lehrern mit großem Eifer und mit gutem Er­folg.“ Das Lob galt den beiden Schulmeistern Johann Spangemacher und seinem Sohn Jacob.

Als Wanderer getarnt, brachte er das Kirchgeld nach Dorsten

Als 1844 Jacobs Vater, Johann Spangemacher, starb, übernahm er auch das Küsteramt. Gerade  fünfzig Jahre alt, gab er den Schuldienst auf und betätigte sich als Küster und als Post­expedient. Casper Spangemacher trat mit 21 Jahren in den Schuldienst. Er stand an den Werktagen in der Schultafel und saß an Sonntagen an der Orgel. Nach der Kirchbauzeit wurde er Rendant der Kir­chenkasse, die ihre Gelder auf der Sparkasse in  Dorsten deponierte. Von ihm erzählten die Alten, dass er es verstand, auf eine originelle Weise das Geld zwischen den beiden Orten zu transportieren. Das blanke Geld legte er in ein großes Taschentuch, knotete es zusammen und stülpte es über den Knotenstock. So schritt er unbehelligt, wie ein Wandersmann „getarnt“, mit seinem Schatz durch die Heide. Mit 67 Jahren gab er 1887 seine langjährige Tätigkeit als Dorfschullehrer auf. Sein Neffe Xaver Spangemacher wurde 1860 Lehrer. Schon in jungen Jahren litt er an einer Kehlkopferkrankung, die ihm be­sonders im Schuldienst zu schaffen machte, und die er mit einer Kur in Bad Ems auszukurieren hoffte. Im Jahre 1867 schrieb der Landrat von Hamelberg lobend über ihn: „Der Lehrer Spangemacher ist ein gutgesinnter und königstreuer Mann, den ich weit und breit gefunden habe im Sinne der Staatsre­gierung zu wirken. Als Lehrer ist er tüchtig, erfüllt seine Amtspflichten mit unermüdlichem Fleiß.“ Als er 65 Jahre alt geworden war, schied er im Jahre 1900 aus dem Schuldienst. Er war der letzte Spangemacher in der langen Dynastie der Raesfelder Schulmeister, die Johann Spangemacher um 1650 begründet hatte. Xaver Spangemachers Stelle nahm die junge Lehrerin Jo­sefa Becker aus Velen ein. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs starb Xaver Spangemacher 1913.


Quelle:
Stark gekürzt und verändert nach Adalbert Friedrich „Rund um den alten Kirchturm. Ein Lesebuch über Raesfeld und seine Kirchengemeinde in 15 Kapiteln“, hgg. von der Katholischen Pfarrgemeinde St. Martin in Raesfeld, 1985.

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