Zur dramatischen Lage der Sozialkassen 2024 – keine Rente ist zukunftsfest
Meinung von Eva Quasbeck. – Wie eine große gefräßige Welle bauen sich die Probleme in den Sozialversicherungen seit Jahren auf: Rente, Gesundheit, Pflege – keines der Systeme ist zukunftsfest. In den vergangenen Jahren haben sich die wechselnden Regierungen darauf ausgeruht, dass die Sozialkassen dank des deutschen Jobwunders und der in ihren späten Berufsjahren gutverdienenden Boomer-Generation satt gefüllt werden.
Statt in den guten Zeiten vorzusorgen und insbesondere das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten, wurden immer neue Leistungen erfunden: Mütterrente, Rente ab 63 (beziehungsweise ab 65), vielfältige Gesundheitsprävention und Übernahme von Homöopathie-Kosten. Zudem werden den Versicherungen Leistungen abverlangt, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen – wie beispielsweise die beitragsfreie Mitversicherung von nicht-berufstätigen Eheleuten oder auch die Lohnersatzleistung zur Betreuung kranker Kinder. Eigentlich handelt es sich um familienpolitische Leistungen, die korrekterweise über Steuern finanziert werden müssten. Wenn sie über die Sozialversicherungen laufen, lassen sie die Abgaben übermäßig steigen.
In den kommenden Jahren droht eine Explosion der Sozialabgaben
In der aktuellen Lage (2024), in der die Wirtschaft schrumpft und immer mehr Unternehmen Entlassungen melden, sind hohe Sozialabgaben Gift. Sie werden zur Hälfte von den Arbeitgebern und zur Hälfte von den Arbeitnehmern finanziert. Sie treiben in den Unternehmen also die Personalkosten in die Höhe und bei den Arbeitnehmern sind vor allem die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen belastet. Diese Kombination trägt dazu bei, die Stimmung im Land weiter abrauschen zu lassen. In den kommenden Jahren droht eine regelrechte Explosion der Sozialabgaben. Die Beiträge für Gesundheit und wohl auch Pflege müssen schon im kommenden Jahr angehoben werden. Es ist höchste Zeit, sich da-rauf zu besinnen, was den Sozialstaat ausmacht und wie Solidarität in einer alternden Gesellschaft finanziert werden kann. Es stehen eine Reihe unbequemer Entscheidungen zur Anpassung der Lebensarbeitszeit und zur Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme bevor. Das dürfte mindestens ein so schmerzhafter Prozess werden wie einst die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010.
Quelle: RN (DZ) vom 8. Oktober 2024