Steigende Lebenshaltungskosten, hohe Mieten, Inflation, Zuwanderung...
Viele Menschen haben Angst, sich ihr Leben künftig nicht mehr leisten zu können. Das zeigt eine Umfrage. Bestimmte Sorgen sind im Vergleich zum vergangenen Jahr besonders groß geworden. – Drohen beim Supermarkteinkauf künftig Abstriche? Wie lange kann man sich die Miete noch leisten? Die Ängste der Bundesbürger wurden 2023 allen voran von Geldsorgen bestimmt, wie die Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“ ergab, die Mitte Oktober 2023 veröffentlicht wurde. Demnach steht die Angst vor stark steigenden Lebenshaltungskosten laut der repräsentativen Umfrage auf Platz eins der größten Sorgen. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten gaben an, dass sie sich vor anziehenden Preisen fürchteten. Auch auf Platz zwei und drei der Rangliste landeten Sorgen vor einem teureren Leben: Sechs von zehn Deutschen (60 Prozent) haben demnach Angst, dass Wohnen unbezahlbar wird, 57 Prozent sorgen sich, dass der Staat dauerhaft Steuern erhöht oder Leistungen kürzt.
Die Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ wird seit mehr als 30 Jahren regelmäßig von der R+V-Versicherung in Auftrag gegeben und gilt als kleiner Seismograf der Befindlichkeiten rund um Politik, Wirtschaft, Familie und Gesundheit. Für die diesjährige Befragung wurden zwischen Juni und August rund 2400 Menschen ab 14 Jahren von Meinungsforschern befragt – also vor den neuen Angriffen auf Israel. Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten steht den Angaben zufolge regelmäßig an der Spitze der größten Ängste, so auch vergangenes Jahr. Deutschland verzeichnete die höchste Inflation seit Gründung der Bundesrepublik. Auch wenn die Lebenshaltungskosten die Deutschen am meisten umtreiben – im Vergleich zum Vorjahr gab es auf der Skala einen leichten Rückgang. „Die Menschen haben sich daran gewöhnt“, sagte Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki bei der Vorstellung der Ergebnisse. Mit Blick auf die Gesamtergebnisse sagte sie: „Das bedeutet nicht, dass wir es bei der befragten Gruppe mit grundlegend ängstlichen Menschen zu tun haben“. Die Menschen sind vielmehr ängstlich, weil alles auf einmal passiert.“ Inflation, Zuwanderung, Kriege – all das bereitet Kummer. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind zwei Ängste besonders groß geworden: Die Angst, dass Deutsche und deutsche Behörden durch Geflüchtete überfordert sein könnten und die Angst, dass das Zusammenleben in Deutschland durch einen weiteren Zuzug von Migrantinnen und Migranten beeinträchtigt werden könnte. Die Ängste belegen Platz vier und zwölf des Rankings.
Jeder zweite Bürger fürchtet, dass Politiker/innen überfordert seien
Das bestätigt auch Psychologe André Ilcin. Existenzielle Sorgen führten zu Hilflosigkeit und permanenter Angst, sagte er. Dadurch seien Betroffene auch empfänglicher für Rassismus: „Wenn sie selbst gucken müssen, wie sie sich über Wasser halten, dann sinkt die Bereitschaft abzugeben.“ Wenn die Menschen dann hörten, dass es Leute gäbe, die mutmaßlich alles geschenkt bekämen, würden Ängste in Bezug auf Migration stärker. Die Umfrage-Ergebnisse zeigen auch, dass das Vertrauen in die Politik sinkt. Jeder zweite Bundesbürger fürchtet, dass Politikerinnen und Politiker mit ihren Aufgaben überfordert seien. Im Vergleich zum Vorjahr rückt die Sorge vier Plätze weiter nach vorne und steht auf Platz sechs des Ängste-Rankings. Borucki zufolge erwarten die Bürgerinnen und Bürger zukunftsfähige Lösungen vom Staat, die klar kommuniziert werden.
Quelle: DZ vom 13. Okt. 2023