Bei einer Schlichtung wird die Anzeige nicht mehr verfolgt
Zum 125-jährigen Jubiläum des „Schiedsmannswesens“ zeigte die Kreissparkasse Dorsten 1986 die Wanderausstellung über das Schiedsmannswesen in der Provinz Westfalen Schiedsleute sind ehrenamtlich und zur gütlichen Schlichtung sowie zu Sühneversuchen bestellte Personen der Rechtspflege. Das Schiedsmannsverfahren ist in NRW im Schiedsmannsgesetz von 1964 geregelt. In Dorsten gibt es in den fünf Bezirken (Altstadt, Hervest, Holsterhausen, Lembeck/Rhade, Wulfen) zehn Schiedsmänner bzw. -frauen, die vom Rat der Stadt für fünf Jahre gewählt und vom Amtsgerichtsdirektor vereidigt werden. Schiedsleute sind nur zuständig für Beleidigungen, nachbarschaftliche Bedrohungen und Nachbarschaftsstreitigkeiten sowie für üble Nachrede und leichte und schwere Körperverletzung. Sie sollen bemüht sein, mit außergerichtlichen Schlichtungen den sozialen Frieden zu erhalten. Streitparteien können den Schiedsmann bzw. die Schiedsfrau selbst aufsuchen oder der Staatsanwalt schaltet ihn bei vorliegenden Anzeigen ein, wenn kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Gelingt es der Schiedsperson den Streit zu schlichten, ist die Anzeige vom Tisch, gelingt es ihm nicht, wird die Anzeige vorm Gericht weitergeführt. Einer der bekanntesten Schiedsmänner in Dorsten war Hans Fabian, Ratsmitglied der SPD und stellvertretender Bürgermeister. Die von Stadt und Amtsgericht betreuten Schiedsleute (zwischen 30 und 69 Jahre alt) werden auf fünf Jahre gewählt. 370 Euro Entschädigungspauschale pro Jahr zahlt die Stadt an die Schiedsperson. Fortbildungs- und Lehrgangskosten werden getragen sowie dienstliche Auslagen erstattet. Die Gebühr für die Schlichtungsverhandlung beträgt zehn Euro, wird ein Vergleich geschlossen: 25 Euro. Diese Gebühr kann von der Schiedsperson unter besonderen Umständen auf 40 Euro erhöht werden. Dazu kommen noch die entstandenen Auslagen. Ende 2012 wurden von Amtsgerichtsdirektor Dr. Hans-Jürgen Fischedick fünf neue Schiedsleute, eine Frau und vier Männer, vereidigt, die vom Stadtrat gewählt worden: Birgit Hagemeister (Holsterhausen), Herbert Raß (Holsterhausen), Jörg Knüfken (Altstadt), Wilhelm Harks (Lembeck/Rhade) und Heinrich Wartmann (Lembeck/Rhade).
Schiedsmänner und Schiedsfrauen im Kreis Recklinghausen
2019 wählte die „Bezirksvereinigung der Schiedspersonen im Vest Recklinghausen“ ihren Vorstand neu. Der Recklinghäuser Marc Stallony ist als Vorsitzender ebenso wiedergewählt worden wie seine Stellvertreterin Monika Dinter (Waltrop), Geschäftsführer Hartmut Spanka (Herten) oder Schriftführerin Mechthild Kudla (Oer-Erkenschwick). Birgit Hagemeister (Dorsten) hat das Amt der Schatzmeisterin von Brigitte Droste übernommen. Es geht um die Städte Recklinghausen, Datteln, Waltrop, Oer-Erkenschwick, Herten, Marl, Haltern, Dorsten: Demnach sind im Geschäftsjahr 2018/2019 je Schiedsamtsbezirk durchschnittlich 8,9 Anträge von Bürgern eingegangen. Wichtig ist auch die Quote, wie oft vor einer Schiedsfrau oder einem Schiedsmann tatsächlich beide Parteien erscheinen – ein Fingerzeig dafür, wie erfolgreich die „Überzeugungsarbeit“ im Vorfeld gelaufen ist, dass sich eine Schlichtung für alle Beteiligten lohnt. Im Schnitt sind beide Parteien in 74,9 Prozent der Fälle aufgetaucht. Und quasi die „Königsdisziplin“ ist die Schlichtungsquote: Bereinigt um die Fälle, in denen dann nur eine Partei zum Gespräch gekommen ist, konnte in 61,7 Prozent der Fälle eine Einigung erzielt werden.
2023 Ehrennadel für Ex-Schiedsmann Harks – Nachfolger Herbert Tovat
Schiedsmann Wilhelm Harks (74), früher stellvertretender Amtsleiter der städtischen Bauverwaltung, legte sein Schiedsamt nieder wurde im März 2023 mit der silbernen Ehrennadel der Stadt Dorsten ausgezeichnet. 2012 wurde er zum Schiedsmann für Rhade und Lembeck gewählt, 2018 nahm er die Wiederwahl an. Aufgabe von Schiedspersonen ist es, bei Streitigkeiten eine Schlichtung herbeizuführen. An abgeschlossenen Schiedsverfahren kam Harks pro Jahr auf durchschnittlich fünf, Aber das sind nur die „offiziellen“. Harks führte auch viele Erstberatungen durch, die nicht in einem Schiedsverfahren oder gar vor Gericht endeten. Harks lobte nach der Auszeichnung mit Ehrennadel und Urkunde „die gute Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Amtsgericht“: „Das hat wirklich Spaß gemacht.“ Sein Nachfolger wird sich künftig neben Lembeck und Rhade auch um Deutener Streitfälle kümmern müssen. Als sein Nachfolger bewarben sich Bernd Oendorf, Uwe Senftleben und Herbert Tovar. In der Ratssitzung im März 2023 wurde in geheimer Wahl Herbert Tovar mit 21 Stimmen gewählt – und somit mehrheitlich.
Quelle: ber in DZ vom 31. März 2012; Foto: Fehmer