Mitte 2019 haben sich im Kreis Recklinghausen 272 Prostituierte angemeldet

Prostitution im so genannten Lovemobil; Foto: dpa
Nach dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz müssen sich alle Sexdienstleistenden bei den kommunalen Behörden anmelden – zu ihrem Schutz vor Ausbeutung und Gewalt, wie es heißt. 272 Prostituierte sind im Kreis Recklinghausen dieser Verpflichtung nachgekommen. Die zuständige Kreisverwaltung und die Polizei schätzen jedoch, dass im Kreis Recklinghausen bis zu 450 Personen – meistens sind es Frauen – dem Gewerbe nachgehen. Einer der wesentlichen Kritikpunkte: Das neue Gesetz zwingt Prostituierte dazu, einen Ausweis mit Foto mit sich zu führen, den so genannten „Hurenpass“, womit Frauen an den Pranger gestellt werden. Nach den Erfahrungen der Beratungsstellen haben Sexarbeiterinnen häufig einen guten Grund, ihre Identität zu verheimlichen. Denn viele von ihnen führen ein Doppelleben. Oftmals wissen Angehörige nichts von ihrer Tätigkeit. Im Kreis Recklinghausen überwiegt die Zahl ausländischer Prostituierter. Viele dieser Frauen haben Angst, dass ihre Tätigkeit im Heimatland bekannt wird. Es ist bekannt geworden, dass in Briefen deutscher Finanzämter an die Heimatadressen der Frauen geschickt werden, in denen der Beruf mit „Prostituierte“ angegeben ist. Andere Frauen meldeten sich auch deshalb nicht an, weil sie damit rechnen müssten, dass ihre Einnahmen vom Finanzamt rückwirkend geschätzt würden und sie damit hohe Schulden auf sich nähmen. Nach Einschätzung der Landesregierung haben sich landesweit in NRW nur 17 Prozent der Prostituierten (7300 von geschätzten 42.000) bei den Behörden angemeldet. Im Jahr 2022 soll das Prostituiertenschutzgesetz auf den Prüfstand kommen. Anmeldepflicht und „Hurenpass“ gehörten komplett abgeschafft, lautet die Forderung von Sozialarbeitern.
Hohe Dunkelziffer der Wohnungsprostitution
Auch Betreiber von Bordellen, Saunaclubs und Escort-Agenturen müssen nach dem Gesetz eine Betriebserlaubnis beantragen und bestimmte Auflagen in punkto Sicherheit, Hygiene und Gesundheitsschutz erfüllen. Im Kreis Recklinghausen sind nach Angaben der Behörde 17 Betrieben zugelassen, einem Betrieb habe die Erlaubnis verweigert werden müssen (Stand Juli 2019). Es gibt auch eine hohe Dunkelziffer von Wohnungsprostitution im Kreis Recklinghausen. Um die Bedingungen der Sexarbeiterinnen bei der Straßenprostitution zu verbessern, forderte die Kreistagsfraktion der Grünen das Aufstellen von „Verrichtungsboxen“. Dafür sah der Kreis allerdings keinen Bedarf. Straßenprostitution gebe es aktuell im Kreisgebiet nur an der B 225 in Dorsten. Für den Straßenstrich im Grenzgebiet von Gelsenkirchen und Herten (Pendlerparkplatz Gelsenkirchener Straße) ist die Stadt Gelsenkirchen zuständig.
Rumänische Frauen halten als Prostituierte die absolute Spitze
Von den 213 Prostituierten, die Mitte 2018 eine Anmeldebescheinigung vom Kreis ausgestellt bekamen, stammten die meisten aus Rumänien. Auf dem zweiten Platz folgen Deutsche, dann Frauen aus Polen, Bulgarien, Litauen, Ungarn, Russland und anderen Staaten. 15 dieser Frauen waren bei der Anmeldung jünger als 21 Jahre.
Siehe auch: Bordelle und Swingerclubs
Siehe auch: Straßenstrich
Siehe auch: Sexsteuer
Siehe auch: Sex-Lehrgänge
Quelle: Nach Michael Wallkötter in DZ vom 29. Mai 2018 und 2. Juni2019