Nordmann, Heinrich

Bei der Entnazifizierung wurde ihm Geltungsbedürfnis bescheint

Geboren 1875 in Dorsten bis 1950 in Dorsten; Rechtsanwalt und Notar. – Einer, der während des Dritten Reiches in der „Dorstener Volkszeitung“ stets als glühender Verfechter des nationalso­zialistischen Geistes gelobt wurde, war der Dorstener Rechtsanwalt und Notar Heinrich Nordmann, Vater von acht Kindern, darunter der mit dem Ritterkreuz, Ei­chenlaub und Schwertern ausgezeichnete Jagdflieger Theodor, der 1945 im Osten abstürzte. Ein anderer Sohn war SS-Führer im Berliner Reichssicherheitshauptamt (RSHA).

Aussage über Heinrich Nordmann 1946

Aussage über Heinrich Nordmann 1946

Nordmann gehörte zu den wenigen Dorstenern, die im Entnazifizierungsverfahren in die Kate­gorie IV (aber ohne Vermögenssperre) ein­gestuft waren. Die meisten wurden der Kategorie V zugeordnet. Der Jurist war von 1933 bis 1936 in der SA, gehörte dem NS-Rechtswahrerbund an, vier anderen NSDAP-Gliederun­gen sowie von 1937 bis 1945 der NSDAP. Der Entnazifizierungs-Unterausschuss er­kannte, dass Nordmann aus Geltungsbedürfnis her­aus ein „uniformierter Mitläufer“ gewesen sei, ohne sich innerlich die Ziele der Partei zu Eigen gemacht oder sie gefördert zu ha­ben. Belastet sei Nordmann durch seine Eigenschaft als Rottenführer der SA. Der Dorstener Un­terausschuss empfahl aber die Entlastung und die Wiederzulassung als Rechtsanwalt. Der diese Empfehlung überprüfende Haupt­ausschuss in Recklinghausen kam zu dem Schluss, dass Nordmann als Rottenführer und Leiter des NS-Rechtswahrerbundes nicht schwer­wiegend belastet sei, andererseits aber das Geltungsbedürfnis als Uniformträger zu be­rücksichtigen sei. Einer dauernden Entfer­nung von Nordmann aus dem Beruf erschien dem Hauptausschuss und schließlich der Militär­regierung, die das Urteil bestätigte, nicht ge­boten.

1935 von der NSDAP zum Ratsherrn ernannt

Vorausgegangen war eine Entscheidung der britischen Militärregierung in Warendorf vom 12. Februar 1946 (Az. 110 L/R Mil. Gov.Det.), die den Antrag des Juristen auf Anstellung als Rechtsanwalt und Notar ab­gelehnt hatte, obwohl der Landrat und die britische Militärregierung in Recklinghau­sen gegen eine Wiedereröffnung der Rechts­anwaltspraxis keine Bedenken hatten. Bei seinem Einspruch berief sich Nordmann auf seine Zugehörigkeit zur katholischen Zentrums­partei in den Jahren von 1920 bis 1933. In die NSDAP will Nordmann nur deshalb eingetreten sein, um als „christliches Element“ auf die so ge­nannten Alten Kämpfer mäßigenden Ein­fluss ausüben zu können. Im Rechtswahrerbund will Nordmann keine Politik betrieben haben. Bei der SA, aus der er 1936 als SA-Rottenführer ausschied, hat er nach eige­nen Angaben nur am Anfang an „kleinen Marschübungen“ teilgenommen. Vermerkt sei an dieser Stelle, dass die SA am Anfang stets gegen geltendes Recht verstoßen hatte (z.B. Boykott der jüdischen Geschäfte), be­vor das Recht den Gesetzesbrüchen immer krasser angepasst wurde. 1935 wurde Nordmann von der NSDAP zum Rats­herrn ernannt. Im Juni 1946 meinte er dazu: „In den Sitzungen wurden nur kommunale Angelegenheiten begutachtet. Weitere Be­fugnisse hatten die Ratsherren nicht.“

Angeblich nicht im Sinne der Partei gehandelt

Dem Juristen wurde vorgehalten, sich allzu­ oft bei Parteiveranstaltungen in der Öffent­lichkeit gezeigt zu haben. Dies entschuldigte Nordmann mit seinem berühmten Sohn, dem Ritter­kreuzträger, der während seiner Fronturlaube in Dorsten von Schule zu Schule, von Feier zu Feier gereicht wurde, wobei die Par­tei mitgefeiert habe. „Da ich mich bei dieser Gelegenheit mit Familie zeigen musste, so ist es möglich, dass man dies für eine Betätigung im Parteisinne hielt. Das wäre natürlich eine gänzlich falsche Auffassung.“

Gibt es nur den Weg des Führers

Sein Kollege, Rechtsanwalt Dr. Appelhoff aus Es­sen, bestätigte am 9. Mai 1946 dem Dorste­ner Anwalt Nordmann in einem persönlich gehalte­nen Brief mit dem Recht zur Weiterleitung dessen wahre Rechtsauffassung, die er in mehreren Gesprächen mit Nordmann habe erfahren können:

„Wir waren uns darüber einig, dass die Kennzeichnung des Dritten Reiches als eines Rechtsstaates eine verlogene Phrase sei und dass die willkürlichen und brutalen Maßnahmen namentlich der Gestapo nur zur Unterdrückung der freien Persönlichkeit und zur Vernichtung des Rechtsbewusstseins geführt haben.“

Originalton des Rechtsanwaltes Heinrich Nordmann im April 1943 anlässlich einer Ehrung seines berühmten Fliegersohnes, der nach Aus­kunft seines Vaters bei Parteistellen nicht gut gelitten war:

„Für Deutschland gibt es nur ei­nen Weg, den des Führers. Er hat uns wieder die Ehre und das Recht gegeben…“

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