Bäche, Feuchtwiesen, Flure und Moore - auch Konflikte und Probleme
In Dorsten: Bakelheide, Östricher Bruch (3 qkm), Kaltenbachtal Wessendorf (22 qkm), Lembecker Hagen (14 qkm), Hagenbeck (3 qkm), Hervester Lippetal (6 qkm), Schölzbach (0,05 qkm), Ulfkotter Heide (2,5 qkm), Galgenkamp (0,3 qkm), Rapphofs Mühlenbach (9,5 qkm), Hasseler Mühlenbach (0,4 qkm). – Feuchtwiesen „Wessendorfer Elven“ (Lembeck), Feuchtwiesen „Rhader Wiesen“ in Rhade, Feuchtwiesen „Witte Berge“ und „Deutener Moor“ in Deuten, Feuchtwiesen an der B 58 zwischen Deuten und Wulfen, „Postwegmoore“ in Östrich, Barloer Busch (mit Waldlehrpfad) an der Marler Straße, Rüttenberger Moor im Südwesten von Dorsten (seit 1983 unter Naturschutz).
Neun Prozent der Kreisgebietsfläche stehen unter Naturschutz
Im gesamten Kreis Recklinghausen sind mit Stand von August 2016 insgesamt 77 Naturschutzgebiete ausgewiesen. Dazu zählen das riesige Gebiet der Lippeauen mit 2169 Hektar genauso wie das Winkelskolk-Kleingewässer in Haltern mit einem halben Hektar. Während sich die Naturschützer darüber freuen, sind Landwirte nicht unbedingt erfreut. Mit dieser neuen Ausweisung stehen mehr als 6.800 Hektar unter Naturschutz. Das sind etwa neun Prozent der gesamten Kreisgebietsfläche mit 76.131 Hektar. Das Land NRW erwartet als Zielvorstellung von Naturschutzgebieten 15 Prozent der Gebietsflächen. Das sorgt natürlich auch für Probleme zwischen Naturschützern auf der einen und Landwirten und Touristen auf der anderen. In Naturschutzgebieten ist verboten: Wege zu verlassen, Hunde frei laufen zu lassen, Tiere zu fangen oder zu beunruhigen, Pflanzen zu pflücken oder zu beschädigen, zu lagern, zu zelten und Feuer zu machen, Motor- oder Modellsport zu betreiben, im Gebiet zu reiten oder zu fahren und Abfälle zu hinterlassen. Die Lippeauen sind ein gutes Beispiel dafür, wie Naturschutz und Landwirtschaft seit nunmehr 25 Jahren gut miteinander auskommen können. Bei Konflikten hat der Kreis die Möglichkeit, die Flächen von Bauern aufzukaufen und sie an den Bauern zurückzuverpachten. Das Risiko beispielsweise eines Abbruchs von Bachufern zugunsten des Naturschutzes müsste dann der Kreis tragen. Der Kreis hat in den letzten 15 Jahren mehr als 100 Hektar Naturschutzfläche von Landwirten aufgekauft.
Verstöße gegen Naturschutz: Kreis schickt Ranger in die Lippeaue
Die Lippeaue ist das größte Naturschutzgebiet im Vest. Viele Menschen sind sich der dort geltenden Regeln nicht bewusst – oder missachten sie mit Absicht. Die Ansage auf den Hinweisschilern ist eindeutig: Dies ist ein Naturschutzgebiet, hier sind Hunde zwingend an die Leine zu nehmen und die Wege dürfen nicht verlassen werden, lautet die Botschaft. Leider halten sich viele Tierbesitzer nicht an diese Vorschrift. Mit fast 2200 Hektar sind die Lippeauen entlang des namensgebenden Flusses das größte Naturschutzgebiet im Kreis Recklinghausen. Es reicht von Waltrop über Datteln, Haltern und Marl bis nach Dorsten.
Caroline Homm ist bei der Naturschutzbehörde des Kreises zuständig für die Betreuung dieser Schutzgebiete. „Von vielen Seiten sind uns Verstöße gegen die Naturschutzbestimmungen gemeldet worden“, sagt sie. Naturschutzverbände, die Städte oder der Lippeverband berichteten ständig von Konflikten und Fehlverhalten. Das, so Caroline Homm, sei auch der Grund gewesen, die Ranger zu engagieren. Jürgen Grewer und Marc Fischer sind zwei von insgesamt zehn RVR-Rangern, die die Aufgabe übernommen haben, an der Lippe nach dem Rechten zu sehen. Unschwer zu erkennen sind sie an ihrem naturbraunen Ranger-Outfit, wobei der Hut mit breiter Krempe besonders ins Auge sticht. Auf Patrouille gehen sie immer zu zweit, unterwegs sind sie meistens mit E-Bikes und in Begleitung eines Hundes.
Die Lippeaue ist seit 1995 als Naturschutzgebiet eingestuft und seit über 20 Jahren auch ein Schutzgebiet von europäischem Rang (Flora-Fauna-Habitat-Gebiet). „Dynamische Lebensräume wie Auen an fließenden Gewässern sind besonders artenreich. Wir finden dort Pflanzen und Tiere, die auf der Roten Liste stehen, also besonders gefährdet und selten sind“, zitiert die Dorstener Zeitung Caroline Homm. So haben sich neben seltenen Fisch- und Vogelarten an der Lippe im Kreisgebiet zum Beispiel nun erstmals Biber niedergelassen, eine Art, die in NRW über 100 Jahre ausgestorben war.
Hunde zerstören Gelege von brütenden Vögeln
Für Menschen ist die Lippe ein beliebtes Naherholungsgebiet. Der Konflikt ist damit vorprogrammiert. Hunde, die durch die Auenwiesen laufen, dort lebende Tiere stören oder sogar Gelege von brütenden Vögeln zerstören, sind aus Sicht der Naturschützer dabei nur ein Ärgernis. Auch Menschen, die in der teilweise idyllischen Natur picknicken, grillen oder campen, verstoßen gegen die Regeln und sind eine Belastung für die Natur. Nicht erlaubt – und gefährlich – ist das Schwimmen im Fluss. Die Lippe darf zudem nur mit Kanus, nicht etwa mit Schlauch- oder Paddelbooten befahren werden. Wer ohne Angelschein angelt, begeht sogar eine Straftat (Wilderei). Den Rangern geht es nicht darum, Regelverstöße zu sanktionieren. Sie verstehen sich als Vermittler zwischen Mensch und Natur. Marc Fischer berichtet von vielen guten Gesprächen mit den Erholungssuchenden, die sich ihres Fehlverhaltens teilweise gar nicht bewusst gewesen seien. Auch Caroline Homm von der Naturschutzbehörde des Kreises bestätigt der Lokalzeitung: „Es ist nicht das Ziel, ,Knöllchen’ zu verteilen. Wir wollen die Menschen überzeugen.“ Manchmal kommt es allerdings zu massiven Anfeindungen uneinsichtiger, teilweise angetrunkener Zeitgenossen. Die Ranger sind geschult, mit solchen Situationen umzugehen, und befugt, Personalien aufzunehmen. Im Zweifelsfall rufen sie die Polizei zur Hilfe.
Quelle: DZ vom 14. Okt. 2023