Napoleon Bonaparte

Französischer Kaiser verschob die Grenzen Europas nach Gutdünken

1769 in Ajaccio/Korsika bis 1821 auf St. Helena; General, Konsul und Kaiser. – Kein anderer Feldherr oder Monarch hat das Rheinland und Westfalen so durcheinander gewirbelt und jahrhundertelange fest gefügte Strukturen zerstört und verändert wie der französische Kaiser Napoleon I. Dorsten wurde in den politischen und militärischen Strudel der Veränderungen mitgerissen wie die gesamte Region und ganz Europa.

Codé Napoleon

Codé Napoleon – eine Hinterlassenschaft Napoleons, die ihren NIederschlag im Bürgerlichen Gesetzbuch fand

Durch Staatsstreich Erster Konsul der Republik geworden

Aus einer korsischen Familie stammend, stieg Bonaparte während der Französischen Revolution in der Armee auf, wurde durch mehrere Feldzüge berühmt und durch Staatsstreich 1799 Erster Konsul der Republik. 1804 wurde er vom Volk zum Kaiser der Franzosen gewählt. Durch verschiedene Reformen – etwa die der Justiz durch den Code Civil (1804, auch kurze Zeit Code Napoleon genannt) oder in der Verwaltung – hat Napoleon die staatlichen Strukturen Frankreichs bis in die Gegenwart hinein geprägt. Außenpolitisch errang er, gestützt auf die Armee, zeitweise die Herrschaft über weite Teile Kontinentaleuropas. Er war ab 1805 auch König von Italien und von 1806 bis 1813 Protektor des Rheinbundes. Durch die von ihm betriebene Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation wurde die staatliche Gestaltung Mitteleuropas zu einem zentralen Problem des 19. Jahrhunderts. Hatte er anfangs selbst noch den Nationalstaatsgedanken außerhalb Frankreichs verbreitet, erschwerte dessen teils konservative Umdeutung in Spanien, in Deutschland und schließlich auch in Russland die Aufrechterhaltung der napoleonischen Ordnung in Europa.

Um die Erfolge dynastisch zu sichern, betrieb Napoleon mit den jüngeren Angehörigen seiner Familie gezielte Heiratspolitik und setzte Geschwister und Gefolgsleute als Herrscher der abhängigen Staaten ein. Sein Bruder Jérome wurde König des neu geschaffenen Königreichs Westfalen. In Deutschland wurde am 16. Juli 1806 aus anfangs 16 Ländern der Rheinbund gegründet. Seine Mitglieder verpflichteten sich zur militärischen Unterstützung Frankreichs und zum Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich. Daraufhin legte Franz II. die Kaiserkrone nieder.

Napoleons Niederlage förderte die nationalen Bewegungen Deutschland

Kaiser Napoleon I.

Emporkömmling: Kaiser Napoleon I., Gemälde von Ingres

In Deutschland führte die Niederlage Napoleons in Russland 1812 zu einem Aufschwung der nationalen Bewegung. Der Druck der öffentlichen Meinung führte dazu, dass bisherige Verbündete Napoleons sich der Gegenseite zuwandten. König Friedrich Wilhelm III. schloss ein Bündnis mit Russland und rief zum Befreiungskrieg auf. Dem folgten anfangs nur wenige deutsche Länder, auch Österreich hielt sich zunächst von diesem Bündnis fern. Unmittelbar nach seiner Rückkehr begann Napoleon damit, neue Soldaten auszuheben. Mit einer nur schlecht ausgebildeten Armee marschierte Bonaparte nach Deutschland. Anfangs zeigten sich noch einmal die militärischen Fähigkeiten Napoleon Bonapartes. Doch die reorganisierte preußische Armee hatte sich zu einem ernstzunehmenden Gegner gewandelt, der den Franzosen jetzt erfolgreich entgegentrat. Die verbündeten Truppen nahmen die Stadt Paris ein, zwangen Napoleon ins Exil auf die Insel Elba. Von dort kehrte er kurze Zeit später für hundert Tage zurück, stellte erneut eine Armee auf und wurde von den verbündeten Armeen bei Waterloo endgültig geschlagen. Auf Beschluss der Alliierten wurde er auf die Insel St. Helena im Südatlantik verbannt, wo er 1821 starb.

Kaiser Napoleon war nie im Vest Recklinghausen

Das Gerücht, dass Napoleon um Vest gewesen sein soll, wurde und wird immer wieder von Publikationen der Heimatvereine genährt – und das seit langer Zeit. Hans Udo Thormann schreibt in seinem 2010 erschienen Buch „Franken und Franzosen im Vest 1773 bis 1813“ (Seite 134) über den Besuch Napoleons in der französischen Festung Wesel, dass der Kaiser danach den Umweg über Dorsten und den Alten Postweg hätte nehmen können. Thormann weist auf bekannte Fakten hin, die dem widersprechen: Die Dorstener Chronik des Jahres 1810 erwähnt nur die Gestellung von Wagen aus dem Vest nach Wesel, mit keinem Wort aber eine Durchreise des Kaisers durch die Stadt. Auf dieser Reise von Wesel nach Düsseldorf ist Napoleon nachweislich durch Dinslaken gekommen. Somit muss er also die direkte Strecke genommen haben. Am 2. November hat er Wesel morgens um 7 Uhr verlassen und ist bereits um 11 Uhr am Stadtrand von Düsseldorf feierlich begrüßt worden. Bei diesem Zeitrahmen war auch für nur einen kleinen Umweg kein Raum (nach Thormann). Demzufolge konnte Napoleon auch nicht auf dem Gut Kohlhaus an der Lippe genächtigt haben, wie Heimatforscher behaupten.

„Napoleon – Die Revolution war fertig schon
da kam der große Napoleon
Die Bürger haben ihn als Kaiser eingesetzt
Denn sie waren die Herren jetzt.
Seine Marschälle waren Schankwirtssöhne
Seine Grenadiere bekamen gute Löhne
Seine gewaltige Artillerie
Schaffte Platz für die Industrie.
Die Völker Europas haben ihn vertrieben.
Ihre eigenen Fürsten sind ihnen geblieben.
Die haben den ganzen Gewinn gekriegt:
Die Schlechteren haben den Schlechten besiegt.“

– Bertold Brecht (1898 bis 1956)

Und der Volksmund im Vest sang:

„Napoleon, du Schustergeselle,
Du sitz ja so fest auf dem Thron.
In Deutschland warst du zu schnelle,
In Russland bekamst du den Lohn.
Ach hättest du doch nicht an Russland gedacht,
Und hättest mit Deutschland den Frieden gemacht,
Dann wärst du Kaiser geblieben
Und säßest noch jetzt auf dem Thron.“

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