Lohmeyer, Prof. Ernst

Rektor der Universität Greifswald von Sowjets 1946 hingerichtet

Gedenktafel Ernst Lohmeyer in Greifswald

Gedenktafel für den Dorstener Ernst Lohmeyer an der Universität in Greifswald

1890 in Dorsten bis 1946 in Greifswald; Universitätsrektor. – Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation veröffentlichte am 15. August 1996 einen Rehabilitierungsbescheid, der sich mit einem der bedeutendsten Neutestamentler dieses Jahrhunderts befasste – mit Dr. Ernst Lohmeyer.

„Hiermit wird bescheinigt, dass der deutsche Staatsangehörige Ernst Lohmeyer, geboren 1890 in Dorsten, Landkreis Recklinghausen, Provinz Westfalen, Deutscher, Hochschulbildung, Professor der Theologie, Rektor der Universität Greifswald, kein Mitglied der Nazi-Partei, aufgrund der Mobilmachung von 1939 bis 1943 im Rang eines Hauptmanns bei den Rückwärtigen Diensten der deutschen Wehrmacht dienend, am 14. Februar 1946 durch die Operativgruppe des NKWD der UdSSR für den Landkreis Greifswald unbegründet verhaftet und am 28. August 1946 durch das SMA-Militärtribunal der Provinz Mecklenburg/Westpommern nach Artikel I des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 19. April 1946 zur Höchststrafe – Tod durch Erschießen – unter Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt wurde. Das Urteil wurde am 19. September 1946 in Greifswald vollstreckt. Gemäß Paragraph 3 Punkt a des Gesetzes der Russischen Föderation, über die Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen vom 18. Oktober 1991 ist Ernst Lohmeyer vollständig rehabilitiert, und alle seine Rechte sind wiederhergestellt (postum).“

Seine Hinrichtung wurde lange verschwiegen

Prof. Ernst LohmeyerUnterzeichnet ist der Bescheid von Oberst L. Kopalin, Mitglied der Militärstaatsanwaltschaft Moskau. Die Rehabilitierung ist ein Beispiel, wie Moskau heute mithilft, geschehenes Unrecht auf juristischem Wege wieder gutzumachen. Der sowjetische Geheimdienst verhaftete den 56-jährigen Theologen im Februar 1946 in Greifswald, machte ihm im August vor dem Militärtribunal den Prozess und liquidierte ihn wenig später durch Genickschuss. Ihm wurde vorgeworfen, „ein schießwütiger Wehrmachtsoffizier im russischen Hinterland“ gewesen zu sein. Der KPD-Kreisleitung Greifswald war es gelungen, den Antifaschisten mit falschen Anschuldigungen zu denunzieren. „Somit wurde er als jemand zu einer Strafe verurteilt“, wie Manés Sperber es sagte, „der er niemals gewesen war“. Lohmeyer hinterließ ein umfangreiches wissenschaftlich-theologisches Werk.

Im evangelischen Pfarrhaus der Johanneskirche geboren

Als Sohn des Pastors Heinrich Lohmeyer und dessen Frau Marie Niemann im evangelischen Pfarrhaus an der Johanneskirche in Dorsten geboren, war Lohmann ein bedeutender Mann. Martin Buber würdigte den Mystiker 1933 ebenso wie 1946 der Schweizer Theologe Oscar Cullmann und Bischof Dr. D. Hermann Kunst in den 1990er-Jahren. Der kleine Ernst verbrachte lediglich die ersten fünf Jahre seines Lebens in seiner Geburtsstadt. Danach wurde sein Vater nach Herford versetzt.

Lohmeyer-Titel "Das Vater-Unser"

Lohmeyer-Titel “Das Vater-Unser”

Der Pfarrerssohn studierte in Tübingen, Leipzig und Berlin, war bis 1912 Hauslehrer bei Graf von Bethusy-Huc in Schlesien, leistete von 1914 bis 1918 Kriegsdienst, heiratete 1916, promovierte in Leipzig, war ab 1920 Professor in Breslau und ab 1930/31 Rektor Magnificus (Foto oben im Ornat). Wegen politischer Unzuverlässigkeit, er weigerte sich der NSDAP beizutreten, versetzten ihn die nationalsozialistischen Behörden 1935 nach Greifswald. 1939 wurde er eingezogen und diente bis 1943 als Hauptmann in der Wehrmacht. Die Kommunisten beriefen den vierfachen Vater 1946 zum Rektor der Universität. Am Morgen des 15. Februar 1946, als die Ernst-Moritz-Arndt-Universität feierlich eröffnet wurde, blieb sein Stuhl in der ersten Reihe, auf der symbolisch nur seine Amtskette lag, leer. Die Sowjets hatten ihn zuvor verhaftet und verschleppt. Der Universitätsparteisekretär sprach zur erstaunten Festversammlung, die auf Lohmeyer wartete: „Seine Magnifizenz können besonderer Umstände wegen nicht teilnehmen.“ Ein Jahr später erhielt die Familie die Nachricht, dass Ernst Lohmeyer bereits am 19. September 1946 durch Genickschuss getötet worden war. Ernst Lohmeyer schrieb 1933 an den jüdischen Philosophen und Pädagogen Martin Buber:

„Ich hoffe, dass Sie mit mir darin übereinstimmen werden, dass der christliche Glaube nur so lange christlich ist, als er den jüdischen im Herzen trägt. […] Das soll zunächst nichts weiter sagen, als dass diese Frage vom Judentum und Christentum nicht wie zwischen Part und Widerpart hin- und her geworfen werden kann.“


Quellen:
Wolf Stegemann in RN vom 6. Juni.1992. – FAZ vom 19. September.1996. – Wolf Stegemann/Maria Frenzel „Lebensbilder aus sechs Jahrhunderten Dorstener Stadtgeschichte“, Dorsten 1997.

Literatur:
Wolfgang Otto „Freiheit in der Gebundenheit“, Freiburg 1990.

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