Kriminalität der Clans im Kreis

Türkische und arabische Clan-Kriminalität im Kreis Recklinghausen

Clan-Razzia in Essen; Polizei-Foto

Das Recklinghauser Polizeipräsidium ist in den letzten Jahren mit kriminellen Strukturen in Parallelgesellschaften türkisch- und/oder arabischstämmiger Großfamilien konfrontiert. Tatsächlich lebt im Zuständigkeitsbereich, dem Kreis Recklinghausen plus Bottrop, die zweithöchste Zahl an einschlägigen Tatverdächtigen. Die Polizei spricht in diesem Zusammenhang von Tatverdächtigen – ob jemand als Täter verurteilt wird, ist noch immer Sache der Gerichte. Im „Lagebild Clankriminalität 2019“ des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) wird jedenfalls der Ballungsraum Recklinghausen mit rund 735.000 Einwohnern in einem Atemzug mit den Großstädten Essen, Gelsenkirchen, Duisburg oder Dortmund genannt. Der Report macht klare Aussagen zu einem über Jahrzehnte gewachsenen und von Ignoranz befeuerten Problem: Die Clankriminalität ist im Land auf dem Vormarsch, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 wurden mehr Straftaten, Tatverdächtige und Clans als je zuvor registriert. 2018 veröffentlichte NRW als erstes Bundesland ein solches Lagebild, das den Komplettzeitraum ab 1. Januar 2016 aufgriff – auch wenn die Zahlen wegen dieses methodischen Unterschieds nur eingeschränkt vergleichbar sind, ist seither landesweit ein Zuwachs von 12,7 Prozent bei den Straftaten und 13,4 Prozent bei den Tatverdächtigen festzustellen.

Dunkelziffer der Clan-Straftaten ist höher als die der bekannten Fälle

Rauschgifthandel, Körperverletzung, Erpressung, Bedrohung, Diebstahl, Betrug, Verkehrsstraftaten, Zeugeneinschüchterung… Der Katalog an Straftatvorwürfen ist lang. Unter den 47 Polizeibehörden in NRW nehmen Präsidien im Ruhrgebiet Spitzenplätze ein. Wohlgemerkt: Das Lagebild beleuchtet nur das sogenannte „Hellfeld“ der durch Polizeiarbeit ans Licht gebrachten Straftaten. Von NRW-weit insgesamt 6104 in 2019 hat die Polizei Essen 852 (14 Prozent) bearbeitet, es folgen die Präsidien Recklinghausen (486 / Prozent) und Gelsenkirchen (456 / 7,5 Prozent). Von den ermittelten Verdächtigen (insgesamt 3779) leben 595 (15,7 Prozent) im Bereich des Polizeipräsidiums Essen als Wohnortbehörde, 320 (8,5 Prozent) entfallen auf das Polizeipräsidium Recklinghausen, 289 (7,6 Prozent) auf das Gelsenkirchener Präsidium. Bei der Zahl der Intensiv-Tatverdächtigen (Personen mit mehr als fünf Straftaten) liegt das Recklinghäuser Präsidium als Wohnortbehörde gleichfalls mit vorne: Gelsenkirchen 23 Prozent, Essen 18, Kreispolizeibehörde Recklinghausen 17 Prozent.
Der Umstand, dass überhaupt erst seit 2016 planvoll und zielgerichtet an der Erfassung türkisch-arabischer Clankriminalität in NRW gearbeitet wird, ist in der öffentlichen Wahrnehmung nicht präsent. Schlagzeilenträchtiger sind – auch im Kreis Recklinghausen – Großrazzien in Shisha-Bars, Spielhallen oder Wettbüros, bei denen der Staat mit Polizisten, Zoll- und Steuerfahndern, Ordnungs- und Gewerbeaufsichtsamtsmitarbeitern demonstrativ Stärke zeigt. Die Recklinghäuser Polizei hat 2019 insgesamt 79 Kontrollen in Lokalen, Wettbüros und im Straßenverkehr durchgeführt. Davon wurde nicht über jede Razzia in der Zeitung geschrieben, aber jede ist ein politisches Signal an die „Kundschaft“ gewesen. Türkische und arabische Großfamilien sind nicht per se kriminell – wohl aber gibt es kriminelle Mitglieder, die innerhalb des Familienverbandes dominieren und „Clan-Strukturen“ schaffen.

Ungeklärte Staatsangehörigkeit verhindert Abschiebung

Im Fokus des Landeskriminalamts (LKA) stehen kriminelle Mitglieder türkischer und arabischstämmiger Großfamilien, speziell auch aus der Volksgruppe der Mhallamiye, die aus türkisch/kurdisch/libanesischen Grenzgebieten stammen. Viele hatten Wurzeln in der osttürkischen Provinz Mardin, nach Konflikten mit dem Staat wichen sie in den Libanon aus – dort trieb der Bürgerkrieg 800.000 Menschen in die Flucht, Zehntausende gelangten in den 1980er-Jahren nach NRW, Berlin, Bremen. Familien, die teils seit Jahrzehnten „geduldet“ in Deutschland leben, „vererben“ diesen Aufenthaltsstatus von Generation zu Generation. Was ehrliche Menschen massiv belastet, kommt Kriminellen gelegen: Ungeklärte Staatsangehörigkeit verhindert Abschiebung. In den letzten Jahren hat sich die Clan-Kriminalität syrischer Großfamilien immer weiter verbreitet. Auch in Dorsten.

Siehe auch: Kriminalität / Clans


Quelle: Nach „Jede Razzia ist ein politisches Signal“ von Thomas Fiekens in DZ vom 16. Okt. 2020.

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