Kreis Recklinghausen / Schule

Schulunterricht startete 2021 mit großem Lehrermangel – Unterrichtsausfälle

Zum Schulstart Mitte August 2021 waren im Kreis Recklinghausen mehr als 430 Vollzeitstellen nicht besetzt. Rechnet man nur 25 Unterrichtsstunden je Lehrer in der Woche, fallen rein rechnerisch 43.000 Unterrichtsstunden im Monat aus. Insgesamt liegt der Bedarf bei fast 5700 Vollzeitstellen im Kreis, von denen aber nur etwa 5260 besetzt sind. Betroffen sind vor allem die Grundschulen im Kreis Recklinghausen. Dabei geht es nicht nur um Schulleiterpositionen. Denn alleine dort sind 225 Stellen nicht besetzt. Demgegenüber ist die Situation in den Sekundar- (kein Mangel) und Hauptschulen (sechs fehlende Stellen) positiv. So sieht die Übersicht im Kreis Recklinghausen aus:

Grundschulen: Stellenbedarf 1583,9: Stellenausstattung 1358,8 – minus 225,11
Hauptschulen: 202,5 – 196,5 – minus 5,98
Realschulen: 517,4 – 497,7 – minus 19,7
Gymnasien: 1027,8 – 965,9 – minus 61,9
Sekundarschulen: 142,6 – 150,2 – plus 7,6
Gesamtschulen: 908,1 – 858,2 – minus 49,9
Förderschulen: 440,1 – 381,3 – minus 58,8
Berufskollegs: 870,5 – 849,8 – minus 20,6
gesamt: 5692,77 – 5258,35 – minus 434,42

So sind Quereinsteiger seit einiger Zeit genauso umworben wie Studenten, die ihr Studium noch nicht beendet haben, und Pensionäre, die in den Schuldienst in Teilzeit zurückkehren. Auch im Kreis Recklinghausen ist dieses Phänomen nicht unbekannt. Allerdings machten Seiteneinsteiger in NRW im vergangenen Jahr nur rund zehn Prozent aller Neueinstellungen aus. Auch künftig werden die Schulen in Deutschland weiter mit dem Lehrermangel zu kämpfen haben. Das zeigt die aktualisierte Modellrechnung bis 2030 der Kultusministerkonferenz (KMK) vom Dezember 2020. Engpässe gibt es laut der Studie vor allem in den Fächern Mathe, Chemie, Physik und Musik oberhalb der Sekundarstufe I.

An Gymnasien sieht es deutlich besser aus

Auch in den Grundschulen sieht es deutschlandweit zunächst düster aus. Durchschnittlich fehlen etwa 1.700 Lehrkräfte pro Jahr. Ab 2025 soll es jedoch eine Trendwende geben. Zahlreiche Experten wollen aber nicht so recht an diese positive Modellrechnung der KMK glauben, wie dem deutschen Schulportal der „Robert Bosch Stiftung“ zu entnehmen ist. Nicht so dramatisch soll sich die Situation im Sekundarbereich I entwickeln. Dort geht die Studie davon aus, dass der Mangel geringer werden dürfte. An Gymnasien wird sogar ein Überangebot erwartet. Ähnlich wie in der Emscher-Lippe-Region sieht es vor allem im Osten Deutschlands aus. Dort arbeitet man mit ähnlichen Anreizen („Seiteneinstiege“, „Pensionäre“ etc.) wie in NRW.

Statistik für das Schuljahr 2022/23: Das Lehramt ist in NRW weiblich

NRW verbucht einen Lehrerrekord in seiner Schulstatistik. Aus Sicht der Erziehungsgewerkschaft GEW fehlen aber gut 10.000 Lehrkräfte. Bemerkenswert: An manchen Grundschulen unterrichtet kein einziger Mann. Nur noch etwa jede vierte Lehrkraft an den allgemeinbildenden Schulen Nordrhein-Westfalens war im Schuljahr 2022/23 männlich. Der Anteil der hauptamtlichen Lehrerinnen erreichte hingegen mit 73,4 Prozent einen Höchstwert in der seit 1970 gelisteten Zahlenreihe des Schulministeriums. Damals war gut die Hälfte der Lehrkräfte (53,7 Prozent) eine Frau, wie aus der jetzt veröffentlichten amtlichen Schulstatistik für 2022/23 hervorgeht. Lediglich die beruflichen Schulen wiesen mit 45 Prozent auch im vergangenen Schuljahr noch einen markanten Lehrer-Anteil auf – 1970 waren die Männer hier jedoch mit fast 64 Prozent noch deutlich in der Überzahl gewesen. „Im Primarbereich haben wir Schulen, an denen kein Mann arbeitet“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ayla Çelik. Diese brächten allerdings häufig einen anderen Umgang mit den Kindern in den Schulalltag ein. „Es sollte also dafür gesorgt werden, dass der Lehrberuf auf Dauer attraktiver gestaltet wird – für mehr Frauen und Männer in den Lehrerzimmern“, forderte Çelik.

Ursachensuche: Stetig gestiegene Bildungs- und Förderaufgaben

Das pädagogische Handlungsfeld ist weiblich – das ist auch in den Kitas, in der sozialen Arbeit und nun auch vermehrt an Schulen so. Das liege einerseits an der guten Vereinbarkeit von Familie und Arbeit im Lehrerberuf, andererseits an der zunehmenden Berufstätigkeit bei Frauen insgesamt, stellte die Gewerkschafterin fest. Insgesamt unterrichteten im Schuljahr 2022/23 knapp 202.400 Lehrkräfte an 5404 Schulen fast 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler. Angesichts stetig gestiegener Bildungs- und Förderaufgaben hat die Zahl der Lehrkräfte damit ihren Höchststand in der Schulstatistik Nordrhein-Westfalens erreicht – das gilt auch für die darin enthaltene Zahl der fast 174.000 Vollzeitstellen. Demgegenüber lag die Schülerzahl in vielen Jahren schon deutlich höher in NRW – in der Spitze mit mehr als 3,4 Millionen Lernenden Mitte der 70er-Jahre. Der Langzeitvergleich zeigt in der Statistik über die Jahrzehnte hinweg eine enorme Zunahme an Schulen mit freiwilligen (offenen) oder verpflichtenden (gebundenen) Ganztagsangeboten. Bislang nutzt das aber erst jedes zweite Grundschulkind. Bis ab 2026 schrittweise ein Rechtsanspruch für sie greift, muss NRW noch tüchtig nachlegen. In ihrem Haushaltsentwurf für 2024 plant die Landesregierung mit zusätzlichen 38.000 Plätzen im offenen Ganztag.


Quelle: Randolf Leyk in DZ vom 19. Aug. 2021 (gekürzt)

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