Keramitwerk

Fehlgründung – Die Produktion hat nur drei volle Jahre lang bestanden

Keramitwerk Holsterhausen

Zeitgenössische Postkarte des Keramitwerks in Holsterhausen

Neben der Zeche Baldur war das 1911 errichtete Keramit-Werk ein weiterer großer Arbeitgeber in Holsterhausen. Mit dessen Stilllegung am 5. Mai 1914 wurden über 300 Beschäftigte entlassen. 1917 kaufte die Röchling AG aus Wetzlar die Firma auf. Die ehemalige Schamottfabrik wurde bis Mitte der zwanziger Jahre weitergeführt und auf dem Gelände schon 1916 ein Stahlwerk errichtet.

Ehermaliges Pförtnerhäuschen, heute Wohnhaus, Rest des Keramtwerks; Foto: Wolf Stegemann

Ehermaliges Pförtnerhäuschen; Foto: Wolf Stegemann

Die Rheinische Bank in Essen, die Rheinische Bank für Grundbesitz in Essen und der Essener Bankverein konnten in der Nähe des alten Kreskenhofs in Holsterhausen Grundbesitz erwerben, der ursprünglich für den Verlauf des Kanals und für die Umleitung der Lippe spekulativ vorgesehen war. Der erste Spatenstich erfolgte am 20. Juni 1911. Das Baumaterial musste auf schwierigen Wegen vom Bahnhof Hervest-Dorsten mit Gespannen zur Baustelle transportiert werden. Erst durch den 1911 fertig gestellten Gleisanschluss der Zeche Baldur trat eine Transportverbesserung ein. Eine Drahtseilbahn brachte das Rohmaterial über die Lippe. Im Februar 1912 konnten die „Deutschen Keramit-Werke Aktiengesellschaft Essen an der Ruhr“ in Holsterhauen mit der Produktion von Wandfliesen beginnen. Die dreiköpfige Werksleitung bestand aus auswärtigen Direktoren, darunter Albert Hildebrandt. Dem achtköpfigen Aufsichtsrat gehörte als Einheimischer lediglich Graf Ferdinand von Merveldt auf Schloss Lembeck an, alle anderen waren Bank-, General- und Brauereidirektoren aus Essen.

Schon ein Jahr später, als sich das Unternehmen vom 26. Juli bis 7. September auf der Essener Gewerbeschau präsentierte, hatte es bereits 350 Mitarbeiter. Zur Produktionspalette gehörten Pflastersteine, Platten für Bürgersteige und Bodenbeläge sowie glasierte Wandfliesen in verschiedenen Farben. Die Essener Zeitung berichtete am 28. August u. a.: „Das Werk hat jetzt die Fabrikation in großem Maßstab aufgenommen, so dass sich Keramit auch im Industriegebiet, wo seine Vorzüge ganz besonders zur Geltung kommen, bald einbürgern wird.“ Im gleichen Jahr förderte das Keramit-Werk den Neubau der St. Antoniuskirche in Holsterhausen. Der Bodenbelag der Sakristei wurde vom Werk gestiftet.

Postkarte aus Holsterhausen mit dem Keramitwerk 1912

Postkarte aus Holsterhausen mit dem Keramitwerk 1912

Forderungen der Gläubiger veranlassten die Schließung

Allerdings mochte das Werk nicht so richtig florieren. Die Bilanzverluste beliefen sich 1913 auf über 1,3 Millionen Mark. Wegen ungünstigen Absatzmöglichkeiten der Produkte wurde die Produktion 1914 vorläufig eingestellt. 300 Arbeiter wurden entweder entlassen und in ihre Heimat zurückgeschickt oder an andere Werke überstellt. Bei den Zurückgeschickten handelte es sich überwiegend um italienische Gastarbeiter, die in Baracken auf dem Gelände wohnten. Als Mitte 1914 die Hypothekengläubiger mehrere 100.000 Mark einforderten, ging das Werk Anfang 1915 in Konkurs. Anfang der 1930er-Jahre wurden alle Gebäude (bis auf das Pförtnerhaus) abgetragen. Teile der alten Werksmauer (am Kreskenhof und zwischen Hagenbecker Straße und dem Bauernhof Brüse) blieben erhalten. In den Lippewiesen kann man noch einige Fundamentreste der Seilbahn finden.

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