Grimme-Preis (Marl)

Aus Dorsten stammende Medienwissenschaftlerin Giti Hatef-Rossa in der Jury

Produktion mit Böhmermann: „Lass dich überwachen! – Die Prism Is A Dancer Show“; Foto: ZDF

Bis 2010 hieß er „Adolf-Grimme-Preis“ und zählt heute zu den renommiertesten Auszeichnungen für Fernsehsendungen in Deutschland. Er wurde nach dem ersten Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks Adolf Grimme (1889-1963) benannt. Vergeben wird der Fernsehpreis jährlich vom Grimme-Institut in Dorstens Nachbarstadt Marl. Die Grimme-Preise sind nicht mit Geld verbunden, unter Fernsehleuten aber hoch begehrt. Die Nominierungskommissionen und Jurys, die vom Grimme-Institut für diese Aufgabe berufen werden, setzen sich aus Fernsehkritikern, Publizisten, Medienwissenschaftlern sowie Bildungsfachleuten aus allen Teilen der Bundesrepublik zusammen. Darunter ist in der Jury „Fiktion“ der Name Giti Hatef-Rossa (Foto: Georg Jorczyk)) zu finden. Die aus Dorsten stammende Journalistin arbeitete zwischen Schule und Studium Anfang der 1990er-Jahre als freie Mitarbeiterin in der Dorstener Redaktion der „Ruhr-Nachrichten“ (DZ) und ist heute promovierte Medienwissenschaftlerin an der Uni Trier (Stand 2019). – Im Jahr 1964 wurde erstmals der vom Deutschen Volkshochschulverband (DVV) gestiftete Adolf-Grimme-Preis in Marl verliehen. Das gleichnamige Institut wurde 1973 mit dem Ziel gegründet, Modelle für die Zusammenarbeit zwischen Volkshochschulen und Fernsehen zu entwickeln und Veranstaltungen zur Qualifizierung der Erwachsenenbildung im Umgang mit Medien zu organisieren. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht in der Vorbereitung und Organisation des bestehenden Fernsehpreises. Neben dem Grimme-Preis vergibt das Institut auch den „Grimme-Online-Award“ und den „Deutschen Radio-Preis“.

Grimme-Preis 2021 für den Historiker Andreas Christoph Schmidt

Der Historiker Andreas Christoph Schmidt erhielt 2021 den dritten Grimme-Preis für die bewegende ARD-Dokumentation „Vernichtet – Eine Familiengeschichte aus dem Holocaust“. Schmidt, 1957 in Herten geboren und in Marl aufgewachsen, lebt seit über 30 Jahren in Berlin. Für seine Fernsehdokumentationen gewann er unter anderem den Grimme-Preis 2007 als Produzent der Dokumentation über Fritz Lang und 2017 für „Schatten des Krieges. Teil 2: Das vergessene Verbrechen“. Das Design des Grimme-Preises vergleicht er mit einem Ventilator, der frischen Wind ins Kulturleben bläst.

Vielfache gesellschaftliche Bezüge und Wirkungen des Fernsehens

Mit einem Grimme-Preis werden Fernsehsendungen und -leistungen ausgezeichnet, die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind. Leitziel der im Grimme-Preis institutionalisierten Fernsehkritik ist eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Fernsehen, das als zentrales und bedeutsames Medium mit vielfachen gesellschaftlichen Bezügen und Wirkungen verstanden wird. In diese kritische Auseinandersetzung sind alle Themen und Formen des Fernsehens einbezogen. Zu den Hauptmerkmalen des Grimme-Preises gehören die Breite seiner Programmbeobachtung, die Professionalität bei den Nominierungen, die Sorgfalt der Juryarbeit, weiter die Unabhängigkeit der Entscheidungen und, nicht zuletzt, das Prinzip einer umfassenden Öffentlichkeit und einer weitgehenden Begründung und Transparenz aller  Entscheidungen. Von Anfang an hat der Grimme-Preis auch die Qualitätsvorstellungen der Fernsehzuschauer berücksichtigt. So wird in enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Volkshochschule („insel“) der Publikumspreis der „Marler Gruppe“ vergeben.

Dreistufiges Verfahren zur Findung der Preisträger

Die Preisfindung durchläuft ein dreistufiges Verfahren: In der ersten Stufe können Zuschauer, Fernsehanstalten und Produzenten Vorschläge einreichen. Die Vorschläge können, müssen aber nicht begründet werden. Alle Vorschläge, die den formalen Anforderungen des Wettbewerbs entsprechen, werden neutral und gleichberechtigt aufgenommen. Pro Jahr werden zwischen 500 und 600 Vorschläge eingereicht. In der zweiten Stufe beraten drei Nominierungskommissionen in mehrtägigen Sitzungen darüber, welche Vorschläge nominiert, also der Jury zur Entscheidung vorgelegt werden. Zwischen 50 und 60 Sendungen werden für die drei Wettbewerbsbereiche „Fiktion“, „Unterhaltung“, „Kinder und Jugend“ sowie „Information und Kultur“ ausgewählt. In der dritten Stufe entscheiden die vier Jurys in mehrtägigen Sitzungen über die endgültige Preisvergabe. In allen Wettbewerbsbereichen werden maximal sechzehn Grimme-Preise vergeben. Die Trophäe des Grimme-Preises wurde von einer Entwicklungsgruppe der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm entworfen. Sie Auszeichnung umfasst mehrere spiegelnde Flächen, die an einen Bildschirm erinnern. Sie sind so ineinander angeordnet, dass ein komplexes Spiegelbild entsteht, das sowohl für die Technik des Sendens durch ein Relais verstanden werden kann, als auch für das Fernsehen an sich, das Mittel der Ausstrahlung und Verbreitung.

Gegenwartsthemen dominieren 2019 die ausgezeichneten Sendzungen

2019 erhielt der in Marl schon mehrfach ausgezeichnete Moderator und Fernsehmacher Jan Böhmermann (38) und sein Team die begehrte Fernsehauszeichnung für „Lass dich überwachen! – Die Prism Is A Dancer Show“ (ZDF/ZDFneo). Thema der im April und November 2018 ausgestrahlten Sendung war der Umgang des ahnungslosen Saal-Publikums mit den persönlichen Daten im Internet. Es ist bereits die fünfte Grimme-Auszeichnung für Jan Böhmermann. Das Grimme-Institut zeichnete wie im Vorjahr 16 Produktionen und herausragende Leistungen im Fernsehen aus. 13 von ihnen kamen aus den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, drei von privaten Anbietern. Darunter waren zwei Serien: „Hackerville“ (HBO Europe/TNT Serie) und „Beat“ des Streaming-Anbieters Amazon Prime Video. Geehrt wird unter anderem die Sketch-Comedysendung „Kroymann“ (RB/SWR/NDR) mit der Schauspielerin Maren Kroymann. Zum ersten Mal vergaben die Grimme-Leute in der Kategorie Kinder & Jugend einen Spezial-Preis. Er ging an den Autor und Regisseur Marco Giacopuzzi. Das  Grimme-Preisjahr 2019 kennzeichnete ein besonderer Fokus auf Gegenwartsthemen.

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