Fairclough, David William

Der Brexit-Brite lebt als Rentner seit acht Jahren in Dorsten – and he is happy!

David William Fairclough in Dorsten, im Hintergrund der Kanal; Foto: Andrea Schüller

W. St. – Der Brexit nervte. Nicht nur die beteiligten Europa-Politiker, auch die Bürger, wenn sie Nachrichten hörten, wenn sie im Fernsehen den wie Theater anmutenden ergebnislosen Debatten im britischen Parlament zuschauten. Und es nervte die Zeitungsleser, wenn sie wieder und wieder über die gleiche Erfolglosigkeit der Politik lasen. Und noch mehr nervte es den mit einer Dorstenerin liierten Briten David William Fairclough (70), nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen englischen Top-Fußballer. Vor 23 Jahren wanderte er von Britannien nach Spanien aus und arbeitete dort als selbstständiger Maurer. Seine Kunden waren Landsleute, die in Südspanien sesshaft geworden waren. Dort baute er sich in den Bergen von Malaga eine Finca. 2014 lernte er dort die passionierte Autocamperin Sigrid aus Dorsten kennen und folgte ihr nach Dorsten und heiratete sie. Seither wohnt er in der Lippestadt. Zuvor war David noch nie in Deutschland. Doch jetzt fühlt er sich wohl in der Lippestadt und unter seinen deutschen Freunden, mit denen er sich gerne trifft und sich austauscht, wenn er nicht verreist ist. In der Corona-Zeit war das etwas schwieriger.

Fairclough wusste es schon 2019: Der Brexit kommt – so oder so

David William Fairclough ist ein absoluter Gegner des Brexit. 2017 dachte er noch nicht über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union nach. „Die Frage Brexit ja oder nein habe ich mir nicht stellen müssen, da ich als nicht in England lebender Brite am Referendum 2016 nicht teilnehmen durfte!“ Auf seine Regierung in London ist er – zurückhaltend ausgedrückt – nicht gut zu sprechen. „Sie hat beim Referendum 2016 die Bevölkerung belogen und dann im Stich gelassen. Und das bis heute!“ David meint, dass auch das „Von-oben-herab“-Verhalten der EU-Politiker gegenüber den Briten Teile der Bevölkerung erst zu Brexit-Befürwortern gemacht habe. Er war schon immer fest davon überzeugt, dass es zum Brexit kommen wird. Und es kam dazu. Am 31. Januar 2020 trat Großbritannien aus der EU aus, am 28. April 2021 auch aus dem EU-Binnemarkt und der Zollunion.

Durch den Brexit ist die Einbürgerungen von Briten deutlich angestiegen

Die Statistik zeigt die Zahl der Einbürgerungen von Briten in Deutschland in den Jahren von 2009 bis 2020. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 4.930 Briten eingebürgert. Noch im Vorjahr wurden 14.600 Einbürgerungen britischer Staatsbürger gezählt. 10 Jahre zuvor erhielten lediglich 254 britische Staatsbürger die deutsche Staatsangehörigkeit. Durch den Brexit ist die Zahl der Einbürgerungen britischer Staatsbürger deutlich angestiegen. Durch Einbürgerung erwirbt ein Ausländer oder eine Ausländerin die deutsche Staatsangehörigkeit. Laut einer Umfrage der Zeitung „The Guardian“ 2018 gab es seit dem EU-Ausstiegsreferendum rund 600.000 auswanderungswillige Briten, von denen 264.000 Deutschland als Auswanderungsziel erster Wahl nannten. Im Jahr 2020 lebten in Deutschland 91.375 Briten, von denen 4930 eingebürgert wurden. Durch den Brexit ist die Zahl der Einbürgerungen britischer Staatsbürger deutlich angestiegen. von den rund 91.000 Briten in Deutschland waren 79 in Dorsten amtlich gemeldet; davon hatten 46 Briten im betreffenden Zeitraum die Staatsbürgerschaft beantragt bzw. hatten Beratungsgespräche in Anspruch genommen. Davon wurden 26 Personen tatsächlich eingebürgert. David William Fairclough ist nicht darunter. Er lernt kein Deutsch, unterhält sich seit nunmehr acht Jahren nur in seiner Sprache im Sinne: Englisch ist Weltsprache, mit ihr kommt man durch die ganze Welt. Und er kam es bislang! Warum also Deutsch lernen?

Der „Neu-Dorstener“ Brite lebte 20 Jahre lang in Spanien 

David W. Fairclough ist nicht unter den Eingedeutschten. Warum nicht? Es ist bislang die Sprache. Obwohl seit 2014 in Dorsten und mit einer Dorstenerin verheiratet, spricht er so gut wie kein Deutsch. Ob sich das noch ändern wird? Er lacht und zuckt mit den Schultern. Mit Englisch, so die Tradition der Engländer seit Jahrhunderten, kommen sie gut verstanden durch die ganz Welt von Hongkong bis Spanien, von Amerika bis Südafrika – und in ihrem weltumspannenden Empire sowieso. Wozu also eine andere Sprache lernen? Er weiß aber, dass er erst einmal Deutsch lernen müsste, wenn er nach einem harten Brexit einen deutschen Pass wollte. In der Regel muss ein EU-Ausländer seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben, wenn er in Deutschland eingebürgert werden will. Für EU-Bürger gilt das nicht und für andere (Türken, Israeli u. a.) gibt es Ausnahmeregeln. Beantragt ein britischer Staatsangehöriger die deutsche Staatsbürgerschaft, darf er, solange Großbritannien noch in der EU ist, auch seinen britischen Pass behalten. Das wird sich aber bei einem Brexit auch ändern.

Neu war ihm in Deutschland vieles: Sprache, Autoraserei, Wohn-Standard …

Als David vor fünf Jahren erstmals nach Deutschland kam, war er, wie er sagt, geschockt. Über die Raser auf der Autobahn, die in Deutschland weitgehend unbegrenzt schnell fahren dürfen, in England begrenzt auf 70 Meilen pro Stunde (etwa 90 km/h). Die größte Überraschung aber war der „Stolz der Deutschen auf ihre guten Straße, was Sauberkeit und Regelungen betrifft. Und dann war für ihn auch die deutsche Sprache neu und auch der gute Wohn-Standard. Auch hatte er mit mehr Aversionen der Deutschen gegen Briten gerechnet, denn, so David, in England gäbe es weitverbreitet ausgeprägte Aversionen gegen Deutsche, die dort u. a. als ausgesprochen unhöflich gelten.

In Dorsten mag er vor allem den Kanal und natürlich auch die Dorstener

Geboren und gelebt hatte David in Scarisbrick (Lancashire). Den rund 3500 Einwohnern entstammte nicht nur er, sondern auch der Beatle John Lennon (1940 bis 1980). David, der kein „Fan der Queen“ ist, erlernte das Maurerhandwerk, machte sich selbstständig, heiratete spät. Seine Familie mit Sohn und einem Enkel sowie zwei Brüder leben noch in England. Ende der 1990er-Jahre ging er als selbstständiger Bauhandwerker nach Spanien und kam 2014 als Rentner nach Dorsten. Hier fühlt er sich wohl. Er wohnt im Bereich Maria Lindenhof, sieht auf den Kanal und die weitläufigen Grünanlagen. Wie reagieren Dorstener auf ihn? „Unterschiedlich“, sagte er und schmunzelt. „Manche fragen mich, ob ich wirklich ein Engländer bin.“ Öfters hört er die Frage: „You know Beckham?“ Andere wiederum sprechen gern mit ihm, um ihre Englischkenntnisse anzubringen. In den acht Jahren, in denen er in Dorsten lebt, bemerkte er auch, dass sich das Stadtbild in dieser Zeit trotz neuer Innenstacdtpflasterung merklich verschlechterte. Originalton: „Der Standard geht in allem herunter!“ – Und was gefällt ihm besonders in Dorsten? Er überlegt, schaut seine Dorstener Partnerin an, beide schmunzeln. Dann sagt er: „Das gute Straßennetz und der Kanal – und natürlich die Menschen, denen ich hier begegne.“


Anmerkung: Ab dem 1. Januar 2021, nach Ende des Übergangszeitraums, können britische Staatsangehörige grundsätzlich nur eingebürgert werden, wenn sie zuvor die britische Staatsangehörigkeit aufgegeben haben. Bei britischen Staatsangehörigen, die vor Ablauf des Übergangszeitraums (also bis zum 31. Dez. 2020) einen Antrag auf Einbürgerung in Deutschland gestellt haben, gilt eine Übergangsregelung. Sie müssen die britische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, sofern alle weiteren Einbürgerungsvoraussetzungen vor Ablauf des Übergangszeitraums erfüllt waren und zum Zeitpunkt der Einbürgerung weiterhin erfüllt sind.

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