DeKoWe

Traditionsreiche Kokosweberei Schürholz kämpfte ums Überleben

Fabrikation um 1960

Fabrikation um 1960

Zu den traditionsreichsten Unternehmen Dorstens gehörte die „Deutsche Kokosweberei“ (DeKoWe) an der Marienstraße in Hervest-Dorsten. 1887 gründeten Heinrich Schürholz und Andreas Matthaeus Stevens die Teppichweberei Stevens & Schürholz mit den „Specialitäten Cocosteppiche, Läufer und Cocosmatten“. Nach der Zeche „Fürst Leopold“ und der Eisengießerei waren die „Schürholzer“ der drittgrößte Arbeitgeber. 120 Jahre lang gehörte es zur Tradition, dass sich die Schürholz-Chefs für ihre Arbeiter und die Probleme andere einsetzten. 2007 wurde der Betrieb wegen Insolvenz eingestellt.

Eine Teppich aus Dorsten im Luxushotel

Eine Teppich aus Dorsten im Luxushotel

Das wirtschaftliche und politische Auf und Ab überstand das Familienunternehmen über 120 Jahre lang gut, überbrückte mit Kreativität, Flexibilität und Schnelligkeit so manche Krise. 200 Mitarbeiter erarbeiteten eine breite Produktpalette, die über 300 Fachhändler sowie Versand- und Warenhäuser vertrieben wurden. Die Rohstoffe kamen vor allem aus Indien, China und Sri Lanka. Fertige Produkte wurden in die ganze Welt, vor allem in die USA und nach Japan exportiert. Bis zur Jahrtausendwende hatte DeKoWe unter den rund 60 deutschen Teppichherstellern einen guten Mittelplatz behauptet. Erst 2007, als das Unternehmen gerade auf sein 120-jähriges Bestehen zurückblicken konnte, kam für den Inhaber Henner Schürholz und die noch verbliebenen 35 Mitarbeiter die Insolvenz. Im globalisierten Wettbewerb konnte die Fabrik nicht mehr mithalten. Das Unternehmen ging als „Tochterfirma“ zur größten deutschen Großhandelsorganisation, einem Familienunternehmen. Henner Schürholz war bis Ende 2012 auch dort Geschäftsführer. Seit Anfang 2013 kümmert sich Henner Schürholz als Alleineigentümer um die im Jahre 2000 in Rupea / Rumänien gegründete Teppichproduktion. Dort sind wieder ca. 60  Personen beschäftigt. Hier werden im Lohn nicht nur Teppiche mit Bordüren versehen sondern auch Krankenhaus-Bettwäsche und viele andere technisch anspruchsvolle Textilien verarbeitet. Heinrich (Henner) ist Bankkaufmann und Textilingenieur. Er trat 1982 in die Firma ein. Verheiratet ist er mit Angelika Pritsch. Textildesignerin. Das Ehepaar hat vier Kinder (nunmehr die 5. Generation):  Benedikt (Dipl. Kfm),  geb. 1980; Hans-Philipp, geb. 1981; Leonie, geb. 1984 und Justus, geb. 1990.

Gewerbepark auf dem Firmengelände an der Marienstraße in Planung

Wohnhaus in der Hervest-Dorstener Marienstraße

Schürholz-Villa in der Marienstraße

Auf dem 60.000 Quadratmeter großen ehemaligen Werksgelände an der Marienstraße (davon 20.000 Quadratmeter Wald- und Grünfläche) soll ein Gewerbepark entstehen. Eigentümer dieser Liegenschaften an der Marienstraße ist die „HS COCOS Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft mbH“; Inhaber ist Henner Schürholz. Nach der Insolvenz hat auf dem ehemaligen Firmengelände Anke Schürholz, Ehefrau von Henner Schürholz, ein neues Teppichgeschäft eingerichtet. Bereits im Jahr 2000 hatte sie sich mit der „linea naturale Textildesign GmbH“ auf dem Werksgelände selbstständig gemacht. Sie entwirft seitdem auch für andere Auftraggeber Teppiche. Vor drei Jahren eröffnete sie dazu – in Deutschland einmalig – ein Internet-Geschäft, in dem sich Kunden aus hundert Stoffen und hundert verschiedenen Bordüren Teppiche nach Maß zusammenstellen können. Dabei achtet sie auf nachhaltige Produkte. Ihr Grundsortiment an Teppichen ist zu 95 Prozent aus Naturstoffen gefertigt: Sisal, Kokos, Wolle, Bambus oder – auch das gibt’s – Seegras. Dabei bleibt sie in der Tradition von DeKoWe (siehe Schürholz, Hans-Ludwig).

Weberei-Hallen der ehemaligen Teppichfabrik wurden 2024 abgerissen

Bagger rissen im Februar 2024 die Fabrikhallen der früheren DeKoWe-Teppichfabrik in Hervest ab. Auf dem Brachfeld soll ein neues Wohngebiet entstehen. Es handelt sich um den Standort der ehemaligen Teppichfabrik Schürholz, in deren nun abgerissenen Hallen ab 1887 genau 120 Jahre lang Kokos-Teppiche gewebt und produziert worden waren. Unter dem Namen „DeKoWe“ (Deutsche Kokosweberei) gehörte das Unternehmen einst zu den größten Arbeitgebern der Stadt, bevor der Familienbetrieb mit seinen zuletzt nur noch 35 Mitarbeitern im Jahr 2007 Insolvenz anmelden musste. Während der westliche Teil des Betriebsgeländes im Schürholz-Besitz verbleibt, hat die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft WinDor von der Inhaberfamilie die östlichen Flächen in einer Größenordnung von knapp über zwei Hektar für zukünftige Wohnnutzungen erworben. Die von „WinDor“ gekauften Flächen grenzen östlich an die mitten auf dem Firmengelände liegende „Schürholz-Villa“ an und beinhalten auch den jetzigen „Industriewald“-Streifen in Richtung Bismarckstraße, der ebenfalls bebaut werden soll.

Fußweg von der Bismarckstraße zum Blauen See

Bereits im Jahr 2017 hatte die Politik die Zustimmung für ein Bebauungskonzept und einen Aufstellungsbeschluss für einen möglichen Bebauungsplan für die Nachnutzung des gesamten 6,5 Hektar des DeKoWe-Areals inklusive des nördlichen Waldstücks Richtung Nöttenkamp (durch das sich irgendwann ein Fußweg von der Bismarckstraße bis zum Blauen See ziehen soll). Diese Bau-Pläne standen damals unter anderen Vorzeichen – Investorin wäre seinerzeit allein die Grundstücksgesellschaft der Besitzerfamilie gewesen, was sich durch den Grundstücksverkauf an WinDor geändert hat. Für ihre verbliebenden eigenen Flächen (Nutzung des Villengebäudes, „Parkfläche“, Abrissfläche nahe des ehemaligen Schornsteins) haben nach Informationen der Dorstener Zeitung die Besitzer ebenfalls (Wohn- und Gewerbe-)Pläne. Das alte Färberei-Gebäude mit den charakteristischen Dächern solle aber stehen bleiben. Dem Vernehmen nach seien die Gespräche mit der Stadt bereits auf einem guten Weg, nur noch einige verfahrenstechnische Fragezeichen seien zu klären. Doch was wird aus den vor acht Jahren vorgelegten und damals von der Politik zugestimmten Plänen? Die sind laut Dezernent Holger Lohse zurückgestellt. Nach seinen Angaben dürfte es noch ein ganze Zeit dauern, bis sich zumindest auf dem neuen Windor-Areal baulich etwas tut.
Die damaligen Überlegungen im Jahre 2017 hatten übrigens auch das Ziel, die DeKoWe-Fläche mit einem ebenfalls neu geplanten Wohngebiet auf dem früheren Zollern-Gelände (früher: Dorstener Maschinenfabrik) auf der anderen Seiten der Marienstraße in Einklang zu bringen. Doch der jetzige Eigentümer der Zollern-Fläche verfolge laut Lohse aktuell keine Wohnbaupläne dort und will am derzeitigen Hallen-Baubestand festhalten.


Quellen: Ludger Böhne in WAZ vom 17. September 2009. – Gespräch W. Stegemann mit Henner Schürholz im Juli 2009. – DZ vom 20. Febr. 2024.

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