Viele Landes- und Bundesmittel flossen in die Planung
In den 1950er- und 60er-Jahren boomte die Wirtschaft, Kohle war knapp. Durch Kriegsschäden und Zustrom aus dem Osten fehlte Wohnraum. Die Folge war, dass es im Ruhrgebiet mehr Arbeitsplätze gab als Wohnungen vorhanden waren. 1958 begannen in Wulfen die Abteufarbeiten für die Zeche Fürst Leopold/Wulfen mit geplanten 8.000 Beschäftigten. Für die Arbeiter und ihre Familien sollte das Dorf nicht einfach um eine klassische Zechenkolonie erweitert werden, sondern es sollte ein neuer und moderner Stadtteil entstehen. Um nicht nur vom Bergbau abhängig zu sein, wurden für die „Neue Stadt Wulfen“ ergänzendes Gewerbe und unter Einbeziehung von Altwulfen eine Größenordnung von 50.000 Einwohnern sowie eine vollständige städtische Infrastruktur geplant.
Der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute RVR) initiierte die Gründung der Entwicklungsgesellschaft Wulfen. 1961 gewann der Berliner Professor Fritz Eggeling den städtebaulichen Wettbewerb. Nach seinem frühen Tod setzte dessen Arbeitsgruppe „Grosche-Börner-Stumpfl“ die Planung fort, in die viele Landes- und Bundesmittel flossen. Eine Besonderheit Barkenbergs ist seine hohe ökologische Qualität durch den großen Grünflächenanteil. Auffällig ist das von den wenigen breiten Straßen weitgehend getrennte Rad- und Fußwegenetz mit vielen Brücken und Unterführungen. Dadurch gibt es fast keine Verkehrsunfälle, die Orientierung ist jedoch erschwert. Die elektrische Beheizung der Häuser sollte der Luftreinhaltung und dem Kohleabsatz dienen, wird aber heute kritisch gesehen.
Bundesweit beachtete Experimentalbauten in Barkenberg
Gebaut wurden um 1970 zuerst größere Baugruppen im sozialen Wohnungsbau. Da die Zeche gegen die ursprüngliche Erwartung nie mehr als 450 Beschäftigte hatte, wurde das Einwohnerziel von 50.000 auf 20.000 reduziert. In der nächsten Phase wurden überwiegend Reihenhäuser in verdichteter Bauweise erstellt, die heute 40 Prozent der Barkenberger Wohnungen ausmachen. Bundesweites Aufsehen erregte Wulfen in den 1970er-Jahren auch mit den nur teilweise geglückten Experimentalbauten Metastadt, Finnstadt und Habiflex. Bis 1983 entstand am Wulfener Markt ein Zentrum mit Gesamtschule, Bibliothek, Gemeinschaftshaus, Freizeitbad, Ärztehaus und Ladenpassage. Nach 1990 endete die Bautätigkeit und in dem einstigen Neubaugebiet mit sehr junger Bevölkerung normalisierte sich die Altersstruktur. In den Anfangsjahren waren viele junge Familien eingezogen, die sich beim Aufbau des Gemeinwesens engagierten. Wegen fehlender Arbeitsplätze vor Ort hatten die Wohnungsbaugesellschaften Schwierigkeiten die Wohnungen zu vermieten, wodurch die soziale Mischung problematisch wurde.
Ehepaar Pellenz waren die ersten Bewohner Barkenbergs
Sabine Bornemann schrieb am 30. November 2011 in der „Dorstener Zeitung“, dass Mia und Hans Pellenz die allerersten Bürger in der Neuen Stadt Wulfen waren: Die Blaue Schule wurde bereits 1967 fertig gestellt und brauchte natürlich einen Hausmeister. Hans Pellenz trat am 1. März 1967 seinen Dienst an. Seine Frau arbeitete mit. Das Schulgebäude war noch nicht ganz fertig und alle Räume mussten noch eingerichtet werden: Tische und Stühle schleppen, Tafeln einbauen. Die zweite Familie zog erst am 1. November 1967 in Barkenberg zu. Schule und Hausmeisterwohnung waren dann auf weiter Flur die einzigen Gebäude mitten auf der Wiese. Es gab noch keine richtigen Straßen und keine Beleuchtung. Ihr Auto mussten die Pellenz auf einem Grundstück bei der späteren Kita Himmelsberg stehen lassen und dann zu Fuß im Dunkeln über den aufgeweichten Boden zu ihrem Haus gehen. Das Ehepaar Pellenz ging 1994 in Rente, Hans Pellenz starb 2005.
Barkenberg oder Backenberg – das ist hier die Frage!
Wenn heute der Name Barkenberg mitunter abschätzig mit „Barackenberg“ verballhornt wird, dann kommt das nicht von ungefähr, denn der Name Barkenberg für die nördliche Retortenstadt, die in den 1960er-Jahren für 50.000 Einwohner geplant war, entstand aus einem Hör- bzw. Schreibfehler. Richtigerweise müsste Barkenberg eigentlich Backenberg (=Buchenberg) heißen. Die Planer der Baugruppen Poelzig, Marschall und Eggeling nannten im ersten Bauabschnitt 1963 die neue Stadt Backenberg. Sie leiteten den Namen richtigerweise von der topografischen Flurbezeichnung Backenberg in Wulfen ab, die bereits 1825 katastermäßig erfasst worden war. Allerdings hörte sich die Aussprache dieser Flurbezeichnung aus dem Mund der Einheimischen mit dem lang gezogenen westfälischen -a- anders an. Daher hielten die Planer „am grünen Tisch“ das -c- für einen Schreibfehler und tauschten es aus eigentlich unerfindlichen Gründen mit einem -r- aus, was einen neuen Namen ergab, nämlich Barkenberg. Dieses neue Kunstwort fand Eingang in die weiteren Planungen und ist seither der Name der neuen Stadt Wulfen-Barkenberg (siehe Barkenberg; siehe Stadtumbau West; siehe Neue Stadt Wulfen).
Zur Flurbezeichnung Backenberg heißt es in einem Dokument aus dem Jahre 1629:
Designation der Schonnebecken Lenderey: Der Gartte zwey Scheffel, Der Kamp ahm Schonebecken 8 Scheffel, Vor Endz dem gartten 1 Scheffel, Noch im Velde achter dem Kampe 13 Scheffel, Noch ahm Backenberge 4 Scheffel, Noch ahm Backenberge 1 Malt schlechts landz, Noch ahm Backenberge 2 Malt, Noch eine Wische beym Hauße von 2 foder Hewgewachs, Noch eine Wische in der gemeinheit vor 2 foder Hewgewachs. Summa dieß Ackerlandtz mit dem gantzen ohne wischengrundt fünff Malt 4 Scheffel.
1965 steht im 2. Sonderheft Wulfen fälschlicherweise:
„Im Flächennutzungsplan ist der 1. Bauabschnitt der neuen Stadt gekennzeichnet. Es handelt sich um ein Gebiet für 10-12.000 Einwohner, das vorläufig nach einer alten Flurbezeichnung ‘Barkenberg’ genannt wird…“.
Der Stadtplaner Hermann Börner berichtete in „Wie ein großer Spielplatz für alle Lebensalter: Neue Stadt Wulfen“ in „Standorte – Jahrbuch Ruhrgebiet 1999/2000:
„Wir (damals noch jungen) Planer suchten 1962 einen Arbeitstitel für den ersten Bauabschnitt. In alten Karten fanden wir den Namen ,Backenberg’. Beim Bürgermeister von Wulfen nahmen wir auf dem Hof Schonebeck unsere ersten Büroräume und gingen abends mit zum Kegeln ins Dorf. Bei Bier und Schnaps machten wir in ,Bürgerbeteiligung’ und änderten unseren Arbeitstitel schleunigst in ,Barkenberg’. Denn Backenberg war nicht westfälisch und ein ganz alter Schreibfehler. Der Name des Stadtteils wurde von keinem Stadtrat beschlossen: Der Arbeitstitel ,saß’ …“ – und wurde so zum Ortsnamen, obwohl dieser weder von der Gemeindeverwaltung noch der Lokalpolitik beschlossen worden war.
Quelle:
Nach Darstellung in Wulfen-Wiki.