Apotheke (Essay)

2000-jährige Geschichte: Von Heilkräutern und Drogen zur Medizinalordnung

Als Apotheke wird ein Ort bezeichnet, an dem Arzneimittel und Medizinprodukte abgegeben, geprüft und hergestellt werden. Zudem ist es eine Hauptaufgabe des Apothekers und des übrigen Apothekerpersonals, die Kunden zu beraten, sie über unerwünschte Wirkungen aufzuklären und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufzudecken. Zusätzlich zu der Abgabe von Medikamenten verkaufen Apotheken auch „apothekenübliche Artikel“ wie Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse und weitere Waren mit gesundheitsförderndem Bezug. Das Wort „Apotheke“ (mittelhochdeutsch apotēke, „Apotheke, Spezereiladen“ stammt über lateinisch apotheca (mittellateinisch Apotheke) von altgriechisch ἀποθήκη apothḗkē (apo-: ‚ab‘, ‚weg‘; thḗkē: ‚Kasten, Abstellraum, Vorratskammer, Behältnis, Ladentisch, Theke‘, von τιθέναι tithenai ‚setzen, stellen, legen‘), was wörtlich ‚Ablage (Lager, Ablage, Niederlage, Depot, Aufbewahrungsort, Speicher)‘ für Vorräte im Allgemeinen bedeutet. Bei Galenos war mit apoteca ein Aufbewahrungsort für Bücher gemeint. Häufig bezeichnete es wie beim römischen Agrarschriftsteller Columella das meist oben im Hause gelegene Weinlager, wo der Wein in Amphoren bewahrt wurde. In Klöstern wurde lateinisch apotheca der Raum zur Aufbewahrung von Heilkräutern („Kräuterkammer“) bezeichnet. Im Hochmittelalter bezeichnete apotheca üblicherweise eine Warenniederlage, einen Kramladen oder eine Verkaufsbude für Gewürze, betrieben vom apothecarius.

Die Apotheke in Deutschland

Im 8. und 9. Jahrhundert gab es in der arabischen Welt – in Bagdad und Damaskus – Drogen- und Gewürzhändler, die zusammen mit den heilkundigen Mönchen der abendländischen Klöster als Vorläufer der Apotheker bezeichnet werden könnten. Eine im St. Galler aus dem 9. Jahrhundert erwähnte Ablagekammer für Heilkräuter kann ebenfalls als Vorform der heutigen Apotheke angesehen werden. Eine deutsche Apotheke wird in der Trier’schen Chronik von 1241 erstmals erwähnt. Und das wohl erste deutsche Apothekenprivileg ist das von dem Markgrafen Otto IV. von Brandenburg 1303 für eine Apotheke in Prenzlaus erteilte Privileg. Ärzte durften keine Apotheke besitzen oder daran beteiligt sein. Arzneimittelpreise wurden mit einer in der Medizinalordnung enthaltenen Taxe der Heilmittel gesetzlich festgeschrieben, um Preistreiberei zu verhindern. Ähnliche Privilegien folgten 1305 für Görlitz, 1310 für Straßburg, 1318 für Hildesheim und Mitte des 14. Jahrhunderts für Prag und Hamburg. Im Laufe des 14. Jahrhunderts wandelten sich die Apotheker vom fliegenden Händler zum wohlhabenden Patrizier, der nicht nur Heilpflanzen, Gewürze und Drogen verkauft, sondern auch selbst Arzneimittel in der Offizin (lateinisch officina) herstellt. Aus dieser Zeit stammt auch die älteste Apotheke Europas, die noch heute an derselben Stelle betrieben wird: Seit dem Jahr 1317 befindet sich im Franziskanerkloster der Stadt Dubrovnik eine der ältesten Apotheken Europas. Auch die Talliner Ratsapotheke zählt zu den ältesten Apotheken Europas, die heute noch in Betrieb sind.
Da die Wirtschaftlichkeit von Apotheken auch damals stark von Seuchen und Epidemien abhängig war, gab es mancherorts Versorgungsprobleme, wenn längere Zeit keine solche auftraten. Um dem vorzubeugen, wurden im 15. Jahrhundert beispielsweise in Niederösterreich durch die Landstände sogenannte Landschafts-Apotheken errichtet. Zum Warensortiment (im Warenlager, lateinisch pigmentarium) einer Apotheke gehörten auch nicht nur für die Heilkunde verwendete Substanzen (zum Beispiel Salmiak, Vitriol, Schwefel, Auripigment und Grünspan, etwa zur Herstellung von Schießpulver. Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelten sich die deutschen Apotheken vom Ort der Arzneimittelherstellung bedingt durch das Wissen über die Chemie auch zu einem Ort der Arzneimittelerforschung. Vor allem in Berlin, Thüringen und im Königreich Sachsen konzentrierte sich die pharmazeutisch-chemische Forschung und Lehre in Deutschland.

Hirsch-Apotheke aus dem 18. Jahrhundert die älteste in Dorsten

1775 wurde in Dorsten die noch bestehende Hirsch-Apotheke gegründet. Sie ist die #lteste Apotheke in Dorsten und die zweitälteste im Vest Recklinghausen. Kurfürst Maximilian Friedrich verlieh dem Dorstener Jean Rhodius das Privileg, eine Apotheke mit der Verpflichtung zu errichten, sie in „guten Zustande zu setzen und mit tüchtigen und ächten Medikamenten zu versehen“. Damals gab es noch eine Apotheke in Waltrop. Daher versorgte die Dorstener Hirsch-Apotheke südlich der Lippe die Gemeinden Buer, Marl, Gladbeck, Bottrop, Kirchhellen, Gahlen und Polsum; nördlich der Lippe gehörte zum Versorgungsgebiet die Herrlichkeit Lembeck. Erst viel später wurden auch in Nachbargemeinden Apotheken zugelassen: in Buer 1818, in Bottrop 1864, in Gladbeck 1890, Kirchhellen 1907 und Hervest-Dorsten 1917.

2023: Rhade ohne Apotheke – Nächste Apotheke 4,1 Kilometer entfernt

Im Oktober 2023 wurde die Rhader Urbanus-Apotheke nach 35 Jahren geschlossen. Damit gibt es in diesem Dorstener Stadtteil mit mehr als 5000 Einwohnern keine Apotheke mehr. Hubertus Lauer, Inhaber der Urbanus-Apotheke, hatte zuvor vergeblich nach einem Nachfolger gesucht. Offensichtlich hat eine Dorf-Apotheke wirtschaftlich wenig attraktiv. Im Bereich Westfalen sind im ersten Halbjahr 2023 mehr Apotheken geschlossen worden als im gesamten Jahr 2022. Mit weiteren Schließungen ist zu rechnen. Den Vorschlag einer Apothekerin, in Rhade eine Rezeptsammelstelle einzurichten, und den Kunden dann mit der Arznei zu beliefern. Doch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe, die eine solche Sammelstelle genehmigen müsste, lehnte das Angebot ab, weil die nächstgelegene Apotheke (in Lembeck) nur 4,1 Kilometer entfernt sei. Die gesetzliche Vorgabe lasse die Errichtung erst bei 5,9 Kilometern zu.

Pharmazeutische Industrie bewirkte eine Umstellung der Apotheken

Zu den ersten homöopathischen Apotheken gehörte die in Neudietenburg im Herzogtum Sachsen-Gotha von Theodor Lappe (1802–1882). Der Apotheker Lappe gehörte dem Centralverein homöopathischer Ärzte Deutschlands an, zu dessen Mitgliedern auch andere Apotheker gehörten. Einer der bekanntesten und geschäftstüchtigsten homöopathischen Apotheker war Willmar Schwabe (1839–1917) in Leipzig. Durch die Errungenschaften der pharmazeutischen Industrie begann Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts eine Umstellung der deutschen Apotheke. Anstatt Arzneimittel selbst herzustellen, beschäftigten sich die Apotheken zunehmend mit der Prüfung der Qualität und Identität von Arzneimitteln und der Beratung rund um Arzneimittel.

1951 die Niederlassungsfreiheit der Apotheken gerichtlich eingeführt

Im Jahr 1958 wurde in der Bundesrepublik nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Niederlassungsfreiheit für Apotheken eingeführt, sodass seitdem jeder Apotheker eine Apotheke am Standort seiner Wahl unabhängig vom Bedarf eröffnen darf. Wegen der Arzneimittelpreisverordnung, die einheitliche Arzneimittelpreise für ganz Deutschland festlegte, bestand damals kein Preiswettbewerb der Apotheken. 2004 wurde die Preisbindung für OTC-Arzneimittel aufgehoben, im Oktober 2016 fiel durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für ausländische Versandhändler die in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegte Preisbindung verschreibungspflichtiger Medikamente. Der EuGH hatte sie als mit der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit für unvereinbar erklärt. Für deutsche Apotheken – inklusive solcher mit Versandhandelserlaubnis („Versandapotheken“) – hingegen hat die Arzneimittelpreisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin Bestand.
In der sowjetischen Besatzungszone verfügte die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) am 22. Juni 1949 die Enteignung der Apotheken und damit wurden auch alle Rechte für erloschen erklärt. Eigentümer, die selbst Apotheker waren, erhielten aber das Recht den Betrieb als „Apotheke im Privatbesitz“ weiterführen zu können, wenn die Betriebsabgaben abgeführt wurden. Von den Eigentümern oder Erben verpachtete Apotheken wurden zu „Landesapotheken“, die Eigentümer erhielten als Entschädigung einen Anteil aus dem Aufkommen der „Betriebsabgaben“.

Seit Jahren schließen in Deutschland vermehrt Apotheken

Im 21. Jahrhundert hat sich die Apotheke vielerorts zu einem profitablen und modernen Unternehmen gewandelt. Im Jahr 2000 versorgten in Deutschland noch 21.592 Apotheken die Bevölkerung mit Medikamenten, Ende März 2023 waren es noch 17.939, wie aus Daten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hervorgeht. Dies waren 129 Apotheken weniger als Ende vergangenen Jahres – 17 Neueröffnungen standen 146 Schließungen gegenüber. Die hohe Anzahl jährlicher Schließungen ist dabei Ausdruck eines fortlaufenden Konzentrationsprozesses auf dem deutschen Apothekenmarkt. Erschwerend kommt ein verschärfter Fachkräftemangel, eine schleichende Digitalisierung, bürokratische Belastungen und nicht zuletzt Behinderungen durch ausländische Medikamenten-Herstellung (u. a. in Indien und China) dazu.

Internet macht es möglich: 2004 Versand-Apotheken eingeführt

Waren Apotheken ausschließlich vor Ort in den Gemeinden und Städten zu finden, kam mit der vermehrten Nutzung des Internets ein weiterer Vertriebsweg hinzu. 2004 wurde mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz der Versandhandel sowohl mit rezeptfreien als auch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten auch in Deutschland erlaubt. Durch die Corona-Pandemie verlagerte sich das Kaufverhalten weiter zu Gunsten der Versandapotheken, 2021 nutzten bereits 62 Prozent diese Möglichkeit. Durch die Einführung des E-Rezepts ist hier ein weiterer Zuwachs zu erwarten. Seitdem gibt es eine wachsende Zahl von Apotheken, welche ihre Medikamente auch als Versandapotheke vertreiben. Wie dem Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken zu entnehmen ist, besaßen 2022 rund 2.500 der 18.400 öffentlichen Apotheken eine Zulassung zum Versand von Medikamenten. Damit haben etwa 15 Prozent aller Apotheken zwar eine Erlaubnis für den Arzneimittelversand, diese wird aber nicht von allen in nennenswertem Umfang genutzt.

In Deutschland gibt es rund 40 Apotheken-Museen

Die geschichtliche Entwicklung des Apothekenwesens, der Gewinnung von Wirkstoffen, der Herstellung von Arzneien und des Berufsstandes der Apotheker bringen auch die Museen nahe, die sich mit diesen Themen befassen. In Deutschland gibt es davon rund 40, etwa das Deutsche Apotheken-Museum in Heidelberg. Das Pharmaziemuseum der Universität Basel beherbergt eine der weltweit größten Sammlungen zur Geschichte der Pharmazie. Weitere Apothekenmuseen finden sich beispielsweise in Brixen, Lissabon oder Budapest.

Kennzeichen der Apotheke – Das rote A in den Straßen weit sichtbar

Seit 1951 wird in Westdeutschland der Entwurf von Fritz Rupprecht Mathieu mit Äskulapschlange und Arzneikelch verwendet. Es basiert auf einem Entwurf von Ernst Paul Weise, der bei einem Wettbewerb der Deutschen Apothekerschaft für ein neues Apothekensignet 1936 den ersten Preis erhielt. Das Symbol ist auch als „Schale der Hygieia““ bekannt. Das Apotheken-A – gemäß Zeichensatzung ein rotes „großes gotisches A auf weißem Grund mit in weißer Ausführung eingezeichnetem Arzneikelch mit Schlange“ – ist beim Deutschen Patentamt als offizielles Verbandszeichen des deutschen Apothekerverbandes (DAV) eingetragen und darf nur in der genannten Form und unter strikter Beachtung der Zeichensatzung verwendet werden. Das Apotheken-A ist nur in Deutschland üblich. Weniger gebräuchlich ist hier das internationale Symbol, ein grünes Kreuz. An Orten mit internationalem Publikumsverkehr – wie Großstadtbahnhöfen oder Flughäfen – wird dieses bisweilen zusätzlich zum Apotheken-A verwendet.

Siehe auch: Sonnen-Apotheke
Siehe auch: Hirsch-Apotheke
Siehe auch: Kloster-Apotheke
Siehe auch: Flora-Apotheke
Siehe auch: Elisana-Apotheke
Siehe auch: Westfalen-Apotheke


Quellen: Wikipedia (Aufruf 2023). – DZ vom 15. Aug. 2023. Bundesvereinigung Deutscher Apothereverbände (Aufruf 2023).

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