Nicaraguanische Partnerstadt ist der Titel eines Romans von Gioconda Belli
W. St. – Gibt es eine Partnerstadt von Dorsten, deren Name der Titel eines Romans ist? Immerhin hat Dorsten mit Crawley, Dormans, Ernée, Hainichen, Hod Hasharon, Newtownabbey, Rybnik und Waslala acht Partnerstädte. Gibt es eine Partnerstadt, über die ein Roman geschrieben wurde? Und noch dazu von einer Schriftstellerin mit international angesehenen Namen? Abgesehen davon, dass von allen Partnerstädten Hainichen mit dem Fabeldichter Christian Fürchtegott Gellert den wohl bekanntesten Literaten hervorbrachte, ist über Waslala ein Roman gleichen Namens geschrieben worden, und zwar von dieser bedeutendsten Autorin, Giogonda Belli, von der man sagt, sie komme in der Bedeutung gleich nach Ernesto Cardenal. Salman Rushdie sagte über die Schriftstellerin: „Bellis Werk ist eine Art öffentliche Poesie der Liebe, die in ihrer Ausdruckskraft der Leidenschaft ihres Landes näherkommt als alles, was ich bisher gehört habe.“
Ein Roman der heutigen Sehnsüchte – Gibt es Waslala überhaupt?
Erschienen ist der Roman „Waslala“ 1996 erstmals im Wuppertaler Hammer-Verlag. Innerhalb eines halben Jahres wurde bereits die zweite deutsche Auflage gedruckt. Im Hammer-Verlag sind auch andere erfolgreichen Nicaragua-Romane der Autorin Belli veröffentlicht worden: „Bewohnte Frau“ und „Tochter des Vulkans“. Allein in Deutschland hat die „Waslala“-Autorin ein Millionenpublikum. Mittlerweile sind die weiteren Auflagen im dtv-Verlag mit unterschiedlichem Cover erschienen. „Waslala“ ist ein spektakuläres Thema, das die Autorin mit ihrem n Erzähltalent in einem fiktiven südamerikanischen Land dem Leser prall zu vermitteln weiß. Der Zukunftsroman „Waslala“, übersetzt von Lutz Kliche, spielt aus der Sicht der 1990er-Jahre im 21. Jahrhundert. In einer Welt, die sich verändert hat: der Norden hat die Grenzen zu den südlichen Ländern geschlossen. Im kleinen lateinamerikanischen Land Fuagas strandet eine Flut aus Müll und Waffen, Schmugglern, Abenteurern und Phantasten. Die junge Melisandra begibt sich mit dem Reporter Raphael auf die Suche nach ihren Eltern, die einst fortgezogen waren, um den legendären Ort Waslala zu suchen, den zum Mythos gewordenen Mittelpunkt des nachrevolutionären friedlichen Lebens. Melisandra und Raphael versuchen herauszufinden, ob es Waslala wirklich gibt. Es wird eine so abenteuerliche und gefährliche wie leidenschaftliche Reise ins Ungewisse, in die verlorenen Hoffnungen eines Landes. Diese „Grals“-Reise führt die beiden hinauf, zum stürmischen Süssmeer, einem riesigen See, gesäumt von uralten heiligen Vulkanen, hin zu den magischen Orten des Landes. Der Blick der Autorin in die Zukunft und ihr Rückblick auf unsere Gegenwart sind packend, im Detail ironisch und bei aller Phantasie erschreckend wahrscheinlich. Dieser Roman der Gioconda Belli ist ein Gleichnis, er ist ein Roman der heutigen Träume, Wünsche und Sehnsüchte.
Sie schloss sich der Sandinistischen Befreiungsfront gegen Somoza an
Gioconda Belli, 1948 geboren in Managua, studierte Kommunikationswissenschaften in Spanien dun den USA. 1970 schloss sie sich der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront gegen die Diktatur der Somoza-Familie. Ihr schriftstellerisches, soziales und politisches Engagement stieß im nicaraguanischen Bürgertum auf harsche Kritik. Zeitgleich erschienen ihre ersten Gedichte. 1975 verließ sie Nicaragua und ging zunächst nach Mexiko, später nach Costa Rica. Zusammen mit ihren drei Kindern kehrte Gioconda Belli 1978 nach Nicaragua zurück und arbeitete als Kulturredakteurin. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in Los Angeles. – Also – wenn sich Dorstener schon nicht selbst aufmachen können, ihre Partnerstadt Waslala zu bereisen, so können sie es im Roman „Waslala“ tun. Die Geschichte wird die Leser und Leserinnen sicherlich lange Zeit begleiten. Sagte doch ein Leser: „Aber nur für harte Nerven!“
Das Buch: Gioconda Belli „Waslala”, 444 Seiten, Peter Hammer Verlag Wuppertal 1996, ISBN 3-87294-636-6, 46 DM. – Quelle: Wolf Stegemann „Fortgezogen, um den legendären Ort zu suchen…“ in „Ruhr Nachrichten“ vom 20. Juli 1996