Ukraine und Dorsten (III)

24. bis 28. Februar 2022: Chronologie der Dorstener Reaktionen auf den Krieg

Kiew, die Hauptstadt der Ukraine, ist etwas mehr als 1600 Kilometer Luftlinie von Dorsten entfernt. Das sind zweieinhalb Stunden mit dem Flugzeug. So nah ist der Krieg, den die Russen im Februar 2022 angefangen haben. Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands hat die Welt verstört und eine weltweite Welle der Solidarität mit der Ukraine ausgelöst. Auch in Dorsten. Darüber gab und gibt die „Dorstener Zeitung“ täglich beredte Auskunft. Dorstener Vereine, die Stadt, Privatpersonen, Kirchengemeinden und hier bereits lebende Ukrainer organisierten und organisieren tatkräftige Hilfsleistungen. Und die Bürger spenden Geld, geben notwendige Gebrauchgegenstände, beten und zeigen öffentlich ihre Solidarität mit der Ukraine und ihren Menschen. Der täglicher Blick in die Lokalzeitung informiert darüber und wir informieren fortschreibend unsere Leser mit dieser Chronologie über die Ukraine-Berichterstattung der „Dorstener Zeitung“, beginnend am 24. Februar 2022, fortgesetzt in denr Dateien „Ukraine und Dorsten IV und V.

Donnerstag, 24. Februar
Karnevalisten sagten Sturm aufs Rathaus ab – Solidarität mit Ukraine
Das Festkomitee Dorstener Karneval (FDK) hatte den an Weiberfastnacht 2022 geplanten Sturm aufs Rathaus abgesagt und bekundeten stattdessen ihre Solidarität mit der Ukraine. Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine war der fröhliche Narren-Termin nun zu einem ernsten Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und zu einem Aufruf zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes geworden.

Kriegsfolgen erschüttern auch Dorstener Firmen – Drahtwerke
Einige Dorstener Firmen bekommen die Auswirkungen unmittelbar oder mittelbar zu spüren. Ab 24. Februar gibt es für die Produkte der „Dorstener Drahtwerke“ einen Lieferstopp für Russland: „Unternehmensweit sind Lieferungen nach Russland verboten“, sagte einer der Dorstener Geschäftsführer der Drahtwerke auf Anfrage der „Dorstener Zeitung“. Das weltweit tätige Unternehmen, dem 18 Firmen in Europa, Asien, Nord- und Südamerika angehören, lieferte auch nach Russland – bis zum 24. Februar.
Jörg Stäritz, Geschäftsführer von Kötters Maschinenbau in Wulfen, sagte auf Anfrage der „Dorstener Zeitung“, dass sein Unternehmen von dem Ukraine-Krieg „indirekt betroffen“ sei. „Wir liefern Komponenten an Großkunden, die wiederum Aufträge für Schiffsbauprojekte, den Kraftwerksbau oder die Papierindustrie ausführen und abwickeln.“. Die Ukraine war eine der Abnehmerinnen für Produkte aus Wulfen, die Bestandteil von Lieferungen sind. Kötters Maschinenbau ist spezialisiert auf individuellen Maschinenbau. Kernkompetenz ist das Schweißen, aber auch die mechanische Bearbeitung von Antriebselementen. Das Werk in Wulfen beschäftigt 56 Mitarbeiter.

Freitag, 25. Februar
Nikola Bondur blutet das Herz: „Würde mein Land sofort verteidigen“
Die Lokalzeitung schrieb über den in Dorsten wohnenden Ukrainer Nikola Bondur, der den Krieg in seiner Heimat mit Entsetzen verfolgt. Der 93-Jährige sagte über Putin: „Ich möchte noch erleben, wie er auf der Anklagebank sitzt.“ Bondur war Orchesterdirigent in Kiew. Seine beiden Söhne sowie sein 21-jähriger Enkelsohn leben mit ihren Familienangehörigen weiterhin in Kiew. „Sie sind nicht panisch, sondern sehr gefasst. Aber sie haben mir am Telefon erzählt, dass der Flughafen von Kiew und militärische Stützpunkte vor der Stadt unter Beschuss sind und am Himmel Kampfflugzeuge kreisen.“ Dann überlegt der 93-Jährige und sagt: „Wenn ich jünger wäre, würde ich die Grenze sofort gegen die Russen verteidigen.“ Auch schreibt die Lokalzeitung über den Wulfener Victor Gillich. Er hat deutsche Wurzeln, ist in Kasachstan aufgewachsen und viel in Russland herumgekommen. Mit Kindern aus der Ukraine hatte er als Schulleiter im hohen Norden Russlands zu tun gehabt. Sein Verständnis für die Menschen in der Ukraine ist grenzenlos. „Sie sind von den Russen immer unterdrückt worden“, sagt er (siehe auch: Victor Gillich). – Rund 330.000 Menschen mit ukrainischen Wurzeln leben hierzulande. Auf Facebook vernetzen sich indes in Deutschland lebende Ukrainerinnen und Ukrainer, um zu helfen.

Sonntag, 27. Februar
In der Kirche und am Marktplatz: Solidarität mit der Ukraine
Die Bänke in der katholischen Stadtkirche St. Agatha reichten bei Weitem nicht aus, weil die Sitzplätze wegen der Corona-Schutzverordnung limitiert waren. Viele Menschen standen im hinteren Bereich des Gotteshauses oder vor den Toren. Ein Kerzenteppich lag rund um die ukrainische Flagge am Altar. Anschließend fand ein Treffen am Marktplatz statt, wo das Alte Rathaus wie jeden Abend in den Farben Gelb und Blau angestrahlt war. Die Bläser von St. Marien spielten für die Gottesdienstbesucher. Das kleine Konzert endete mit der Europa-Hymne „Alle Menschen werden Brüder“. Auch in anderen Dorstener Kirchen wurde am Sonntagabend für den Frieden gebetet.

Montag, 28. Februar
Solidarität mit der Ukraine – Stadt Dorsten startet eine Spendenaktion
Die Stadtverwaltung arbeitet intensiv daran, in Dorsten das Notwendige vorzubereiten, um Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, sobald diese der Stadt zugewiesen werden und um weitere Hilfen zu koordinieren. Dazu gab sie auch über die Lokalzeitung Hinweise, wie Bürgerinnen und Bürger am besten helfen können: Mit Geldspenden sollen die Flüchtlinge in Dorstens  polnischer Partnerstadt Rybnik unterstützt werden. Rybnik hat zwei Patenstädte in der Ukraine: die kleine Gemeinde Bar mit 17.000 Einwohnern und die Großstadt Iwano-Frankiwsk mit 220.000 Einwohnern. Aufnahme von Flüchtlingen: Viele Flüchtende aus der Ukraine haben Verwandte in anderen europäischen Ländern und werden dort unterkommen. Aktuell war Ende Februar noch nicht absehbar, wie viele Menschen tatsächlich den Städten zugewiesen werden. In Dorsten standen aktuell über 100 Plätze zur Verfügung, das Sozialamt nahm außerdem Kontakt mit großen Wohnungsgesellschaften auf, um im Bedarfsfall kurzfristig Wohnungen anmieten zu können. Unterstützung von Flüchtlingen: Das Sozialamt wird im Laufe des Frühjahrs einen Kurs für Integrationslotsen anbieten, die hier ankommende Flüchtende im Alltag begleiten und unterstützen.

Kein Karneval am Rosenmontag: Feier für den Frieden mit Kamelle
Pünktlich um 14.11 Uhr rollte die Prinzenkutsche vor. Mit im Gepäck waren reichlich Kamelle und passende Schunkelmusik. Zwar war der große Rosenmontagszug Corona-bedingt erneut in diesem Jahr ausgefallen, für die Kinder war allerdings eine Spaßveranstaltung vorbereitet. „Zwei Jahre lang haben die Kinder unter Corona gelitten“, erklärte Rudi Haller, Vorsitzende des Festkomitees Dorstener Karneval. Deshalb habe man den Jungen und Mädchen wenigstens eine kleine Abwechslung bieten wollen. Denn gerade  vor dem Hintergrund des Krieges hatte ohnehin keiner einen Sinn für ausgelassene Karnevalsfeiern. Als Symbol für den Frieden wurde deshalb die Bonbonaktion der Karnevalisten auf dem Marktplatz bezeichnet. Eine eindeutige Botschaft, die auch auf der Tür der Kutsche zu lesen war: „Stoppt den Krieg!“

Die erste Flüchtlingsfamilie in Dorsten angekommen
Am Montag war die erste Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine in Dorsten eingetroffen. Es handelte sich um eine Mutter mit einem zweijährigen Kind, die sich im Ausländeramt gemeldet und bei Verwandten in der Lippestadt Unterkunft gefunden hat.

Fortsetzung: Ukraine und Dorsten (IV)

Siehe auch: Ukraine (Artikelübersicht)


Quellen: Diese Chronologie ist eine Auswertung der Ukraine-Berichterstattung der „Dorstener Zeitung“ ab dem 24. März 2022. Autoren bzw. Autorinnen der DZ-Artikel sind:  Petra Berkenbusch, Guido Bludau , Stefan Diebäcker, Claudia Engel, Manuela Holtstegge, Michael Klein, Maria Lentz sowie Markus Gehling. Markus Decker, Kristina Patricia Wiegel und Annette Kallenbach (dpa, AFP, SZ). Zudem wurden die Informationen von Ludger Böhne und Christoph Winkel von der städtischen Pressestelle ausgewertet. – Anmerkung: Die in der Chronologie angegeben Daten sind die Tage, an denen das Ereignis stattgefunden hat und meist nicht die die Tage, an denen darüber in der DZ berichtet wurde.

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