Übernahme-Inventur

Statistische „Calcüle“ – Als 1816 Dorsten preußisch wurde

Als Dorsten und der Landkreis Recklinghausen nach der napoleonischen Zeit preußisch wurden, wollte die Bürokratie 1816 wissen, wie viele Menschen, Pferde und Schweine, um nur einiges zu nennen, dem Königreich Preußen zufallen würden. Dorsten musste – wie die anderen Städte und Gemeinden – auch die Obstbäume zählen und eine Inventur erstellen. In Dorsten traf auch die Anfrage ein, ob die Stadt zur Aufnahme einer Infanterie- oder Kavalleriegarnison geeignet wäre. Bürgermeister Luck antwortete ablehnend:

„Wegen Mangel an Stallungen zu Cavalleriegarnison gar nicht geeignet. Als Etappenort und wegen Mangels an öffentlichen Gebäuden auch nicht zu Infanteriegarnison.“

Vier jüdische Familien lebten wieder in Dorsten

Dank der Inventur, die von Dorsten verlangt wurde, ist heute beispielsweise bekannt, wie viele jüdische Familien 1816, acht Jahre nach Aufhebung des jahrhundertelang andauernden  Zuzugsverbots, in Dorsten wohnten und wie viele von deren Kindern im schulpflichtigen Alter waren. Die kgl.-preußische Regierungskommission übersandte am 6. März 1816 der Stadt ein Schreiben:

„Zu einem wissenschaftlichen und statistischen Calcüle Bezug habenden Zwecke, soll eine genaue Aufnahme alle an einem bestimmten Tag vorkommenden Geburten beider Geschlechts durch das ganze Land vorgenommen werden. Es kömmt dabei auf genaue Feststellung der Geburten jedes Geschlechts an. Der 1te ist von dem hohen Ministerio des Innern zum Normaltage bestimmt worden. – Sie haben daher die Verfügung zu treffen, dass in ihrem Verwaltungsbezirk die Geburten von diesem Tage, auf das Sorgfältigste festgestellt werden, und uns demnächst die Nachwesung davon, jedoch nur Communen Weise geordnet, einzureichen.“

Darauf die ebenso kurze Antwort aus Dorsten:

„Ich beehre mich Euer Wohlgeboren hiedurch zu benachrichtigen, dass bis diesen Augenblick 11 Uhr ich noch nicht habe ausfindig machen können, ob am gestrigen Tage ein Kind geboren sey. Ich glaube daher, die Anzeige machen zu müssen, dass keines geboren sey, Genehmigen Sie die Versicherung meiner ganzen Hochachtung,
Dorsten, den 2. August 1816.“

Auch Ekel, das damals noch zum  Amt Dorsten gehörte, erstattete pflichtgemäß Bericht:

„Auf Ihr gestriges Beyschreiben erwiedere ich, dass in der Gemeinde Ekel, Kirchspiele Kirchhellen, Bürgermeisterei Dorsten am 1ten August 1816 kein Individuum zur Welt gebracht worden.“

Trotzdem kein Dorstener der Regierungskommission den Gefallen getan hatte, den Zähltag zu seinem Geburtstag zu machen, vermehrte sich die Zahl der Menschen, des Viehs, der Obstbäume und allmählich wurden auch die Bienenstöcke und Analphabeten in die Zählung mit eingeschlossen.

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