Schweinegrippe

Dorsten wurde in den überregionalen Schlagzeilen mehrmals genannt

Im Juli 2009 gab es mehrere Fälle der in der Welt und auch in Deutschland immer stärker grassierenden so genannten Schweinegrippe (Influenza A/H1N1). In Dorsten musste ein 20-Jähriger in das Krankenhaus eingeliefert werden. Wochen zuvor konnte eine 17-Jährige geheilt nach Hause gehen. Eine fünfköpfige Familie aus Rhade erkrankte nach Rückkehr aus dem Urlaub in Spanien. Dorsten machte deshalb in den regionalen Nachrichten der Print- und TV-Medien Schlagzeilen. Die Dorstener Ärzteschaft ernannte Dr. Michael Berndt zum Schweinegrippen-Impfkoordinator. Er hatte bis Februar 2010 in Dorsten rund 500 Männer, Frauen und Kinder geimpft. Der zuviel gekaufte und nicht verbrauchte Impfstoff wurde durch Apotheken sachgerecht entsorgt, denn die Haltbarkeit des Impfstoffs lief Ende 2010 aus. Im Kreisgebiet gab es 534 Verdachtsfälle (Stand 15. August 2009), von denen es sich in 130 Fällen tatsächlich um  Schweinegrippe handelte. 97 der betroffenen Patienten steckten sich im Ausland an. – Allerdings verabschiedete sich die Schweinegrippe schon nach wenigen Tagen sang- und klanglos aus dem Krankenhaus, den Arztpraxen und den Zeitungen.

Bundesweite Panikmache und klägliches Versagen der Behörden

Schlagzeile der BILD-Zeitung vom 27. Oktober 2009

Schlagzeile der BILD-Zeitung vom 27. Oktober 2009

Die bundesweite offizielle Handhabung der Schweinegrippe von 2009 war ein gutes Beispiel dafür, wie leicht von einer Panik in die andere gefallen werden kann, wenn Politiker, vor allem übereifrige Minister und die von ihnen eingesetzten Krisenstäbe mit hysterischen Verlautbarungen Panik verbreiten, weil sie sie sich in „Wahlkampfzeiten als tapfere Krisenmanager profilieren wollen und  daher bereit sind, vorbeugend jeden Unsinn zu unterstützen, sofern sie das nicht als tumbe Toren entlarvt“ (SZ vom24./25. April 2010). Konnten sich bei der vorangegangenen Vogelgrippe Politiker nicht profilieren, weil ihr Erscheinen zu kurz war, wurden Politiker bei der Schweinegrippe sofort tätig. Sie kauften für 50 Millionen Bundesbürger Impfstoff, der noch gar nicht richtig getestet und zu teuer war, denn die Pharmafirmen diktierten angesichts der hochgespielten Notlage den Preis und die Politik ließ sich über den Tisch ziehen. Minister streckten vor laufenden Kameras ihre hochgekrempelten Arme zur Kamera und ließen sich von dem „kaum getesteten Impfstoff“ (SZ) impfen. Peinlich war dann das Procedere, denn es fehlte der Impfstoff für Schwangere. Er kam erst, als die Schweinegrippe wieder abgeflaut war. Auf 19 Höfen in Lembeck und 13 Wulfener Gehöften wurde bereits im Dezember 1967 die sonst selten vorkommende Schweinebrucellose festgestellt. 1600 Schweine mussten damals getötet werden.Bundesländer hatten einen Verlust von 239 Millionen Euro.

„Das Katastrophenmanagement hat kläglich versagt“

Nicht einmal fünf Prozent der Bevölkerung und nur etwa 13 Prozent der Ärzte ließen sich gegen die Schweinegrippe impfen. Der gehortete und inzwischen ranzig gewordene nicht verbrauchte Rest wurde entsorgt. Anfang Mai 2010 waren in den deutschen Bundesländern noch etwa 28,3 Millionen von insgesamt 34 Millionen beschafften Impfdosen nicht verwendet. Verhandlungen mit anderen Staaten, wie beispielsweise Albanien, über einen Weiterverkauf scheiterten. Die Haltbarkeit des Serums lief Ende 2011 aus, so dass es nicht mehr genutzt werden konnte. Für die Bundesländer entstand ein Verlust in Höhe von 239 Millionen Euro, weil die abgelaufenen Impfdosen nicht von den Krankenkassen finanziert wurden. – Was blieb? Die Antwort gab die Süddeutsche Zeitung: „Das Katastrophenmanagement hat … kläglich versagt. … Dieses Mal kann man wirklich nur dankbar sein, dass kein wirklich bedrohliches Killervirus unterwegs war, sondern man trotz Tausender Tote weltweit – davon etwa 200 in Deutschland – aus mikrobiologischer Sicht über die Viren sagen muss: Die wollen nur spielen.“

Bundesweit gibt es immer weniger Schweine in deutschen Ställen

In deutschen Ställen werden so wenige Schweine gehalten wie seit fast sieben Jahren nicht mehr. 27,1 Millionen Schweine zählte das Statistische Bundesamt in seiner halbjährlichen Erhebung, wie die Wiesbadener Behörde mitteilte. Das waren ein Prozent oder fast 276.000 Tiere weniger als noch im November 2016. Auch die Zahl der Betriebe, die Schweine halten, ist rückläufig. Gegenüber der Vorerhebung sank ihre Zahl um 700, auf 23.800 (minus 2,7 Prozent). Gerade für kleine Betriebe ist es oft schwer, kostendeckend zu wirtschaften. Der Preiskampf ist hart. Zudem gelten seit 2013 schärfere Tierschutzvorschriften: Seither dürfen Zuchtsauen nur noch in Gruppen gehalten werden. Bauen hatten dadurch hohe Umbaukosten. Nach jüngsten Zahlen sind unter den Betrieben nur noch 8400 mit Zuchtsauen: ein Minus von 4,3 Prozent (dpa).

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