Rive-Stiftungen

Neben anderen profitieren bedürftige Verwandte noch heute davon

1841 begründete der Dorstener Hermann Bernhard Ignaz Goswin Rive die „Ignaz Rive’sche Familienstiftung“. Er war kurfürstlich-kölnischer Hofkammer-Rat und später königlich-preußischer Steuereinnehmer. Aufgrund seiner Willenserklärung in seinem Testament wurde die Stiftung nach seinem Tod errichtet und nach der Genehmigung durch König Friedrich Wilhelm von Preußen und der gerichtlichen Verlautbarung und Bestätigung des Testaments wirksam.

Grabstätte auf den St. Agatha-Friedhof; Foto: Wolf Stegemann

Rieve-Grabstätte auf den St. Agatha-Friedhof; Foto: Wolf Stegemann

Zuerst die Familie, dann die anderen

Der Stifter Ignaz Rive (1764 bis 1841) verstarb kinderlos, er war in erster Ehe mit Clara Cremer (1758 bis 1818) verheiratet, in zweiter Ehe mit Isabella de Weldige gen. Cremer (1800 bis 1852). In seinem Testament verfügte er, dass sein gesamtes Vermögen ungeteilt bleiben und unter öffentliche Verwaltung gestellt werden sollte. Die Erträge wurden unter den bedürftigen Anverwandten seiner Familie verteilt, wobei er testamentarisch eine Rangordnung festgelegt hatte. Zunächst sollten die Erträge den Bedürftigen aus beiden Familien zugute kommen. Das waren seine vier Brüder und die Geschwister seiner verstorbenen Frau Clara Cremer und deren Nachfahren. Darunter verstand Rive aber auch diejenigen Verwandten, die zu ihrer anständigen und sparsamen Lebensweise oder zur Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder finanzielle Unterstützung bedurften. Erst danach sollten die Erträge „dem allgemeinen städtischen Armenfonds zufließen“. Die Verwaltung des Vermögens und die Verteilung der jährlichen Revenuen übertrug der Stifter dem Armenvorstand in Dorsten unter Zuziehung von vier, durch den städtischen Gemeinderat zu benennenden, männlichen Mitgliedern aus den Familien Rive und Cremer. Wenn seine zweite Ehefrau Isabella ihn, Ignatz Rive, überleben sollte, so sollte sie das ganze bewegliche Vermögen zum Eigentum und die lebenslängliche Nutznießung des sämtlichen unbeweglichen Eigentums erhalten.

Großes Vermögen und erheblicher Grundbesitz

Da die Stiftung neben der vorrangigen Unterstützung von Familienmitgliedern auch Mittel für den städtischen Armenfond vorsah, wenn es keine bedürftigen Familienmitglieder gab, handelte es sich hier nicht um eine rein private Stiftung, sondern um eine, ganz dem Willen des Stifters entsprechend, unselbstständige öffentliche Stiftung, die von der Stadt Dorsten verwaltet wurde. Das Vermögen des Stifters muss recht groß gewesen sein. Noch heute verfügt die „Ignaz Rive’sche Familienstiftung“ über erheblichen Grundbesitz. Viele Jahre wurde die Stiftung von der Stadt Dorsten verwaltet. Heute wird sie – gemäß der aktuellen Rechtslage in NRW – als selbstständige Stiftung geführt und von der Kirchengemeinde St. Agatha betreut. Familienmitglieder, die ihre Verwandtschaft nachweisen können, haben die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen und Zuschüsse z. B. für ein Studium zu erhalten. Beispielsweise hat die Stiftung 2004 Überschüsse in Höhe von über 26.200 Euro ausgeschüttet. Bedacht wurden dabei vor allem Vereine, die Dorstener Kinder fördern und versorgen. 1996 erwirtschaftete die Stiftung zum ersten Mal in der langen Stiftungsgeschichte einen solch hohen Überschuss, dass selbst nach Ausschöpfen aller Möglichkeiten noch ein Betrag von etwa 11.000 DM übrig blieb. Die Summe wollte die Stadt dem nachrangigen Stiftungszweck zufolge (Armenfonds) einem Wohlfahrtsverband zur Verfügung stellen. Dem stimmte der Familienrat nicht zu, sondern wollte mit allen Mitteln das Geld in der Familie belassen. Weil das Geld noch im Jahre 1997 ausgegeben werden musste, um nicht die steuerlichen Vorteile zu verlieren, stimmte der Familienrat dann doch zu, den Überschuss zu gleichen Teilen an die Lebenshilfe und die Caritas auszuschütten. Aktuell (2013) betrug der Erlös aus dem Stiftungsvermögen 35.000 Euro. Damit gefördert wurden in Dorsten vornehmlich soziale Projekte, wie u. a. das Palliativnetzwerk Spes Viva und die Kinderferienstiftung. 2017 wurden 19.500 Euro an acht soziale und karitative Dorstener Institutionen verteilt.
Die Ignaz-Rive-Stiftung, Gesellschafterin der Dorstener Wohnungsgesellschaft DWG, hat im Jahr 2020 einen Überschuss in Höhe von rund 14.700 Euro erzielt, der für gemeinnützige Zwecke ausgeschüttet wird. Nach der Beschlussfassung im Stiftungsvorstand wurden folgende Einrichtungen und Anliegen mit einer Zuwendung der Rive-Stiftung bedacht werden: 4000 Euro Palliativ-Station Spes Viva, 2000 Euro Dorstener Tafel, 1500 Euro           Frauenhaus Dorsten, 3000 Euro Lebenshilfe Dorsten und 4200 Euro Kindertagesstätte Kuckucksnest e. V.

Zwei weitere Rive-Stiftungen

Daneben gehen noch zwei andere Stiftungen auf Mitglieder der Familie Rive zurück: Die älteste Stiftung ist die 1687 gegründete „Rive’sche Hausarmenstiftung“ (Eberhard Rive, Köln), die bis ins 20. Jahrhundert bestanden hatte, und die 1856 in Düsseldorf gegründete „Joseph Rive’sche Familien-Stipendien-Stiftung“, die immer noch besteht.

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