Patriotische Namen (5) – Cecilienstraße

Sie wurde nicht Königin und hatte einen Hitler-Anhänger zum Mann

Seit 1911 Cecilienstraße in Dorsten-Holsterhausen; Foto: Wolf Stegemann

W. St. – Cecilie war das dritte und letzte Kind des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, geboren 1886. Die Hochzeit mit dem deutschen Kronprinzen Wilhelm von Preußen 1905 in Berlin war eins der spektakulärsten Ereignisse des Jahres, das mit einem aufwendig geschmückten Festzug vom Brandenburger Tor entlang des Boulevards Unter den Linden bis zum Berliner Stadtschloss gefeiert wurde. Da zahlreiche Hoffotografen das junge Paar von nun an auf Schritt und Tritt begleiteten, gibt es viele Fotos der jungen schönen Adligen. Jung und vital lächeln beide in die Kamera, ein verliebtes, glückliches Paar. Die beliebte Kronprinzessin unternahm nach der Hochzeit viele Reisen und galt schon bald durch ihre aufwendigen Frisuren und die exquisiten Kleider als Mode-Ikone. Fließende Seide, durchscheinender Gazestoff, wertvolle Broschen und Colliers zieren die schlanke Gestalt der jungen Ehefrau. Schon ein Jahr nach der Hochzeit bekam Cecilie den erhofften Thronfolger, und wäre die Liebe des Kronprinzen und der Kronprinzessin ein Märchen gewesen, so hätte sich an dieser Stelle der Geschichte der Satz „und sie lebten glücklich bis an das Ende ihrer Tage“ befinden müssen.

Das Ehepaar Cecilie und Wilhelm entfremdete sich zusehends

Kronprinzen-Paar

Doch das Ende des Ersten Weltkrieges setzte dem Glück der Eheleute und der Monarchie im Deutschen Reich ein jähes Ende. Der Verlust an Prestige und Reichtum zog schwerwiegende Änderungen im Leben der jungen Kronprinzessin mit sich. Da Wilhelm mit seinem Vater ins niederländische Exil musste, Cecilie sich aber weigerte, Berlin zu verlassen, war sie mit ihren sechs Kindern – eines davon mit Down-Syndrom – auf sich allein gestellt. Die Bilder, welche Pressefotografen nach der Heimkehr des Kronprinzen 1923 von dem Paar machten, zeigen deutlich, dass die Eheleute sich entfremdet hatten. Während Wilhelm schlank, stolz und aufrecht wie eine junge Eiche posiert, wirkt die rundlich gewordene und recht altdamenhaft gekleidete Cecilie irgendwie fehl an seiner Seite. Die jugendliche Schönheit der Kronprinzessin war durch Sorgen und Ängste augenscheinlich verblüht.

Cecilies Mann war ein Anhänger Hitlers und förderte ihn

Hitler und Ex-Kronprinz Wilhelm in Potsdam

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 zog sich die ehemalige Kronprinzessin Cecilie aus dem öffentlichen Leben zurück und lebte von nun an meist auf dem Cecilienhof. Dort widmete sie sich ihrer Liebe zur Musik, indem sie private Konzerte ausrichtete und schon sehr bald viele bekannte Dirigenten sowie Musiker wie Wilhelm Kempff, Elly Ney, Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan zu ihren Freunden zählte. Anders ihr Ehemann Kronprinz Wilhelm. Dieser setzte sich schon im Januar 1933 bei Hindenburg für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein. Er zeigte seine Freude über die Kanzlerschaft Hitlers und äußerte die Erwartung, dass dieser Mann für Deutschland schaffen könnte, was Mussolini in Italien gelungen sei. Im selben Jahr trat Kronprinz Wilhelm der Motor-SA bei, die im Folgejahr in das NS-Kraftfahrkorps übernommen wurde. In der Folgezeit warb er für das junge Regime und verteidigte es mit offenen Briefen gegenüber der Weltöffentlichkeit. U. a. schrieb er im April 1933, die Juden hätten christliche Eliten vertrieben und seien verantwortlich für die Wirtschaftskrise. Dem ‚genialen Führer Adolf Hitler‘ müsse man die notwendige Zeit für ‚gewisse Aufräumarbeiten‘ lassen, sein Kampf gegen den Kommunismus werde ‚für die ganze Welt‘ geführt, die ihm noch danken werde.

Cecilie, Söhne Hubertus und Friedrich 1933

Am Zweiten Weltkrieg nahm er nicht aktiv teil. Wilhelm unterhielt Verbindungen zum deutschen Widerstand, der nach einem erfolgreichen Putsch gegen Hitler den Ex-Kronprinzen als neuen Repräsentanten Deutschlands einsetzen wollte. Dem Staatsstreich vom 20. Juli 1944 entzog er sich jedoch. Seine von ihm getrennt lebende Frau Cecilie floh im Februar 1945 mit der Familie ihres Sohnes Louis Ferdinand vor den Russen nach Bad Kissingen in Bayern, wo sie zuerst im Dachzimmer eines Hotels lebte, später in einer eigenen Wohnung, von 1952 bis zu ihrem Tod durch einen Schlaganfalls 1954 in Stuttgart. Bestattet wurde sie  auf dem kleinen Familienfriedhof im Offiziersgärtchen der St. Michaels-Bastei innerhalb der Burg Hohenzollern, wo sich auch die Grabstätten ihres Mannes Kronprinz Wilhelm und mehrerer ihrer Kinder befinden.

Wohl seelisch vereinsamt gestorben

Betrachtet man das gesamte Leben der Kronprinzessin, so die Meinung von Historikern, dass, obwohl der Kronprinz seine Frau Cecilie über viele Jahre hinweg betrogen und mit anderen Frauen zusammengelebt hatte, sie erst kurz nach seinem Tod den Schlaganfall erlitt und verstarb, so  als wäre ihr Lebensmut, die Hoffnung und Sehnsucht nach Liebe, welche noch auf den Verlobungs- und Hochzeitsfotos aus ihren Augen strahlte, erst mit dem Tod ihres Ehemannes endgültig erloschen.

Siehe auch: Patriotische Namen (1): Düppelstraße
Siehe auch: Patriotische Namen (2): Roonstraße
Siehe auch: Patriotische Namen (3): Steinmetzstraße
Siehe auch: Patriotische Namen (4): Friedrich- und Victoriastraße

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