Motorradclub Lippestrand

Zweiräder aus Gahlen knatterten bis 1956 auch am Nürburgring

Kennzeichen; Foto: Jo Gernoth

Kennzeichen; Foto: Jo Gernoth

Das Freudenbergrennen der 1920er-Jahre blieben Episode, doch der Motorsport hatte in Dorsten seine Freunde gefunden. Hinzu kam, dass der Motorsport eben nicht mehr eine Angelegenheit für die Herrenfahrer war, sondern kriegsbedingt ein ganzes Heer von Kradfahrern darauf brannte, endlich wieder Gas zu geben. Bescheidenheit in Sachen Hubraum und PS war angesagt. Wer eine kleine 98er Sachs oder NSU bewegen konnte, war ein viel beneideter Mensch. Diese besseren Mofas hatten drei oder vier PS, und zumeist veränderte sich nur die Lautstärke des Motors. Trotzdem wurden mit diesen Zweikrafträdern Rennen gefahren. Auf der Gahlener Straße, am Lippeberg nahe der Schleuse, auf der Marler Straße und manchmal auch auf dem Nürburgring. Werner Romswinkel, Motorradsammler und Kenner der Szene, erinnert sich an den Motorradclub Lippestrand in Gahlen, der bereits eine richtige Vereinsordnung hatte.

Manche Rennen endeten unsanft

Die „Rennfahrer“ damals, so erinnert sich Werner Romswinkel im Gespräch mit dem Journalisten Jo Gernoth, hatten ihre Rennreifen umgehängt und mit einem Stück Draht war der Rennauspuff am Rahmen fest gebunden. Vor Ort wurde dann der Umbau vorgenommen und dann wurde Gas gegeben bis der Ofen glühte. Leider endeten diese Rennen für manche Fahrer zuweilen auch unsanft. Ihr Problem war dann, dass sie die Anschaffungsraten für das zu Schrott gefahrene Motorrad noch weiter zahlen mussten.

Nur noch die Erinnerung

Schwere Maschinen wie BMW oder Horex kosteten ein Vermögen und waren für den kleinen Mann unerschwinglich. Doch die Zeiten änderten sich und nicht nur die Bäuche der Kinder des Wirtschaftswunders wurden dicker, sondern auch die Brieftaschen. Die ersten Autos wie Isetta, Goggo und vor allem der VW-Käfer brachte 1uasi über Nacht das Ende des Zweirades und damit auch das Ende der kleinen Motorradclubs in Gahlen. Die „Knatterbolzen“ wurden  auf den Müll geworfen oder in irgendeiner Scheune zum Dornröschenschlaf gebettet. Die Clubs gibt es nur noch in der Erinnerung. Ende 1956 war dann endgültig Schluss mit dem Motorradclub Lippestrand und den Grenzlandrennen.


Quelle:
Gekürzt nach Jo Gernoth „Aus der Zeitgeistkurve getragen“ in der WAZ vom 31. Januar 2013.

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