Kriege (Essay)

Dorsten war wegen der strategischen Lage in viele Kriege verstrickt

Von Wolf Stegemann – Dorsten war wegen seiner Grenzlage und dem strategisch wichtigen Übergang über die Lippe auf eigenem Gebiet in viele Kriege und kriegerische Unruhen, Kampfhandlungen, Durchzüge und Einquartierungen verstrickt. Viermal wurde in diesen Zeiten die Lippebrücke von ab- und durchziehenden Truppen zerstört. Die Städter und die Bauern der Dörfer rundum mussten immer wieder Quartiere, Roggen für Brot, Hafer und Heu für die Pferde, Wagen, Zug- und Schlachtvieh, Leinen zur Uniformen, Holz zur Feuerung und zum Festungsbau stellen und Geld zur Löhnung der fremden Soldaten zahlen.

Reiter malträtiert Bauern

Dreißigjähriger Krieg: Reiter malträtiert Bauern

Bisheriger Schlusspunkt der Kriege auf deutschem Boden ist das Jahr 1945

Der Graf von Kleve überfiel die Stadt 1301 und riss die Mauern nieder. Dorsten musste ungeschützt mehrmals gegen Überfälle des umliegenden Adels, besonders gegen Hermann von Merfeld 1382 kämpfen. Es folgten die Hussitenkriege 1419 bis 1436 und die Soester Fehde 1444 bis 1449 mit Durchzügen. Im Truchsessischen Krieg (auch Kölner Krieg genannt, 1583 bis 1589) wurde Dorsten mehrmals belagert. Während des Spanisch-Niederländischen Kriegs (1595 bis 1609) plünderten beide Heere und ließen sich versorgen, im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) hatte Dorsten zuerst eine kaiserliche Besatzung, dann von 1633 bis 1641 eine hessische, danach durch Eroberung der Stadt wieder eine kaiserliche und zum Schluss eine schwedische. Während der Raubzüge Ludwigs XIV. (1672 bis 1679) erschien der französische General Turenne im Vest (zweiter Raubkrieg 1668 bis 1697). Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714), im Polnischen Erbfolgekrieg (1733 bis 1735), im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 bis 1748) sowie im Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) hatte Dorsten stets unter Einquartierungen und Lieferungen von Fourage sowie hohen Erpressungen zu leiden. Es schlossen sich die Französischen Revolutionskriege (1789 bis 1801) an, die Napoleonischen Kriege (1802 bis 1815), dann die Spartakisten-Unruhen (1919) und die Besetzung durch die Rote Ruhrarmee (1920), die in Kämpfen mit dem Freikorps wieder vertrieben wurden. Von 1923 bis 1925 besetzten Belgier die Stadt. Die Bombardierung und Besetzung am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 durch die Engländer setzte mit der fast totalen Zerstörung der Altstadt den Schlusspunkt.

Truchsessischer Krieg (1583 bis 1589) – auch „Kölnischer Krieg“ genannt

Frauen verteidigen 1588 die Stadt

Truchsessischer Krieg 1588

Der „Truchsessische Krieg“ war ein primär zwischen kurkölnischen und bayerischen Truppen ausgetragener Konflikt. Er wird auch als „Kölner Krieg“, „Kölnischer Krieg“ oder als „Truchsessische Wirren“ bezeichnet. Der Krieg vereitelte den Versuch, das Erzbistum Köln in ein erbliches, protestantisches Herzogtum zu verwandeln. Anlass des Krieges war der Glaubenswechsel des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Gerhard Truchseß von Waldburg-Trauchberg, der Dorstens Landesherr war. Er proklamierte die Gleichberechtigung der Konfessionen, stellte den Kölner Domherren das Bekenntnis frei und wurde daraufhin der Verletzung des Geistlichen Vorbehalts (einer Regelung des „Augsburger Religionsfriedens“) bezichtigt. Nach seiner Heirat mit der evangelischen Gräfin Agnes von Mansfeld wurde Gebhard am 2. Februar 1583 als Erzbischof abgesetzt und am 1. April 1583 von Papst Gregor XIII. exkommuniziert. 1588 schickte er Truppen nach Dorsten, um die katholisch verbliebene Stadt einzunehmen, was misslang.

Spanisch-Niederländische Krieg (1595 bis 1609): Hauptquartier in Dorsten

Im März 1584, im Dezember 1585 und im März 1586 standen Truppen des zum Protestantismus übergetretenen Kölner Erzbischofs Gebhard Truchseß von Waldburg-Trauchberg vor Dorstens Toren. Im April 1587 lagerten Spanier in Dorsten und Holsterhausen. Sie verbrannten die Holsterhausener Kirche. In Februar 1595 zogen sie erneut über die Lippebrücke, die Holländer folgten zwei Monate später. Sie richteten in Dorsten ihr Hauptquartier auf und zerstörten die Brücke. Im November bezog der spanische Oberst Velasko in Dorsten Winterquartier (bis April 1599), was als „Spanischer Winter“ in die Dorstener Geschichte einging. Im Juli 1600 kamen wieder die Holländer und im August 1605 erneut die Spanier. Bis dahin beliefen sich die Kriegsschäden in der Stadt auf 60.000 Reichstaler.

Jülich-Klevischer Erbfolgestreit (1609 bis 1614): Konflikt um Einfluss

Klevischer Krieg dargestellt mit einem Royal Fireworks

Klevischer Krieg mit einem Royal Fireworks

Der „Jülich-Klevische Erbfolgestreit“ von 1609 bis 1614 brach nach dem Tod von Johann Wilhelm, dem letzten Herzog von Jülich-Kleve-Berg, zwischen den Haupterben Johann Sigismund von Brandenburg und Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg aus und wurde am 12. November 1614 im Vertrag von Xanten beigelegt. Der Konflikt im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, der beinahe einen großen europäischen Krieg ausgelöst hätte, spiegelte das durch konfessionelle und dynastische Konflikte aufgebaute Kriegspotential in Europa wider. Die Erbmasse bestand aus den Herzogtümern Jülich, Kleve, Berg und die Grafschaften Mark und Ravensberg. Aufgrund ihrer territorialen Größe, ihrer strategischen Bedeutung und der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Konfessionen forderten sie das starke Interesse der europäischen Mächte heraus. Die im Dortmunder Rezess von den Haupterben 1609 vereinbarte Gemeinschaftsregierung rief Kaiser Rudolf II. auf den Plan, der Erzherzog Leopold mit seinen Söldnern einmarschieren ließ. Johann Sigismund und Wolfgang Wilhelm fanden dagegen Unterstützung bei Frankreich, England und den Niederlanden. Der drohende europäische Krieg wurde durch die Ermordung von Heinrich IV. von Frankreich vorerst eingedämmt.

Achtzigjähriger Krieg (1568-1648) inkl. Dreißigjährigem Krieg (1618- 1648)

Freigelegter Rest eines Turms; Foto: Wolf Stegemann

Rest eines Turms; Foto: Wolf Stegemann

Im „Spanisch-Niederländischen Krieg“ (auch „Achtzigjähriger Krieg“, einschließlich „Dreißigjähriger Krieg“) erkämpfte die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Mit seinem Ende verließen sie zugleich den  Verband des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Der Krieg zwischen spanischer Armee und aufständischen Niederländern entstand ursprünglich aus inneren Unruhen heraus. Im Grunde handelte es sich nicht um einen dauerhaften Krieg, er bestand vielmehr aus vielen einzelnen Aufständen und Kämpfen, die sich über diesen langen Zeitraum erstreckten. So konnten durchaus immer wieder einige Jahre ohne Kämpfe vergehen. Nachdem sich die spanischen Besatzungstruppen weitgehend durchsetzen konnten, wurde 1609 zunächst ein für zwölf Jahre festgeschriebener Waffenstillstand ausgehandelt. Durch die großen Unruhen im gesamten Mitteleuropa in Folge des 1618 ausgebrochenen Dreißigjährigen Kriegs entflammten nach Ablauf des Waffenstillstands wieder neue Kämpfe. Dieses Mal waren die Niederländer aber deutlich erfolgreicher, da sie die spanische Silberflotte erbeuteten und mit dem Geld neue Truppen finanzieren konnten. Eine Allianz mit Frankreich war weniger erfolgreich, da sie zum Verlust von einigen größeren Städten führte. 1648 beendete schließlich der Westfälische Friede von Münster und Osnabrück die beiden großen Kriege mit dem Ergebnis, dass die „Republik der Vereinigten Niederlande“ (mit Ausnahme der Frankreich zugesprochenen Gebiete) die Unabhängigkeit erlangte.

Holsterhausener Kirche brannte ab; Festung Dorsten eingenommen

1618 erschien der Herzog von Braunschweig mit seinem Heer vor der Stadt. Gleich zu Beginn wurde in Holsterhausen die Kirche abgebrannt. Die Soldaten des Braunschweigers sangen:

„Wir sind des Christians Knechte,
im röm’schen Reich die Herrn.
Uns leuchtet durch die Nächte
Braunschweigs aufgehender Stern.
Die Fakimetlein brummen,
die wollen frisch angahn,
die Spielleit schlan die Trummen:
Heil, toller Christian!“

Christian von Braunschweig

Christian von Braunschweig

1625 kamen die katholischen Kaiserlichen nach Dorsten. 1629/30 quartierte sich Oberst von Erwitte mit seinen Soldaten in Dorsten ein. Acht Jahre lang, von 1633 bis 1641 standen die Hessen im gesamten Raum Dorsten bis Borken, wobei besonders die männlichen Einwohner der Herrlichkeit zu Schanzarbeiten herangezogen wurden. Sie mussten einen Wall am Nordufer der Lippe anlegen. Im Juli 1641 belagerte der kaiserliche Feldherr Graf von Hatzfeld die Festung Dorsten, die von den protestantischen Hessen verteidigt wurde, die nach  Aufgabe der Stadt im September abzogen. Daher hatte Dorsten von 1641 bis 1648 eine kaiserliche Besatzung. Danach kam noch eine schwedische Abteilung, um die bei Kriegsende in Münster ausgehandelten Kriegskontributionen zu sichern. Erst 1650, zwei Jahre nach Friedensschluss, zogen die letzten schwedischen Soldaten ab. Viele Bauernhöfe lagen verwüstet und Wälder hatten die Äcker zurückerobert. Noch lange hielt sich der Reim, den Mütter ihren Kinder vorsangen: „Bet, Kindlein, bet, morgen kommt der Schwed!“

Ludwig XIV. im französisch-holländischen Krieg

Ludwig XIV. im französisch-holländischen Krieg

Holländischer Krieg (1672 bis 1679) – ein expansiver Eroberungskrieg

Der „Holländische Krieg“ (auch Niederländisch-Französischer Krieg) war ein gesamteuropäischer militärischer Konflikt. Ausgelöst wurde der Krieg durch einen Angriff des französischen Königs Ludwig XIV. und dessen Verbündeten auf die Vereinigten Niederlande. Um eine Hegemonie Frankreichs auf dem europäischen Kontinent zu verhindern, verbündeten sich Spanien und das Heilige Römische Reich mit den Niederlanden. Einige Teilkonflikte dieses Krieges gingen als eigenständige Konflikte in die Geschichte ein, wie der Dritte Englisch-Niederländische Seekrieg (1672 bis 1674) und der Schwedisch-Brandenburgische Krieg (1674 bis 1679). Die für den französischen König günstigen Friedensschlüsse von Nimwegen (1678) und Saint-Germain (1679) beendeten diesen europäischen Krieg. Der „Holländische Krieg“ gilt als ein expansiver Eroberungskrieg und wurde deshalb in der älteren deutschen Literatur auch oft als (zweiter) Raubkrieg Ludwigs XIV. bezeichnet. Im Vorfeld hatten der Kölner Kurfürst Maximilian Heinrich und der Münstersche Fürstbischof Bernhard von Galen (erster Rheinbund) die Festung Dorsten den Franzosen als Stützpunkt überlassen. 1673/74 wurde die französische Besatzung durch weitere französische Truppen verstärkt. 1690 nahmen brandenburgische, im Winter 1734/35 preußische Truppen in Dorsten Quartier. Im September 1742 zogen über die Lippebrücke hessische, im Januar und November 1745 holländische und im November 1748 hannoversche Truppen.

Spanischer Erbfolgekrieg (1701 bis 1714): Bourbonen auf den Thron

Der „Spanische Erbfolgekrieg“ war ein Kabinettskrieg, der um das Erbe des letzten spanischen Habsburgers, König Karl II. von Spanien, geführt wurde. Eine Allianz um die österreichischen Habsburger und Großbritannien kämpfte gegen eine von Frankreich angeführte Kriegskoalition. Letztlich gelang es Frankreich, mit Philipp V. die bis heute amtierende Dynastie der Bourbonen auf den spanischen Thron zu bringen. Fast alle an dem Krieg beteiligten Mächte hatten am Ende des Krieges zumindest Teilerfolge erzielt.

Schlacht von Königgrätz, Gemälde von Georg Bleibtreu

Schlacht von Königgrätz, Gemälde von Georg Bleibtreu

Österreichischer Erbfolgekrieg (1740 bis 1748), Schlesien kam zu Preußen

Der „Österreichische Erbfolgekrieg“ brach nach der Thronbesteigung Maria Theresias aus, als mehrere deutsche und europäische Fürsten gegen die als schwach empfundene Tochter Kaiser Karl VI. Ansprüche auf die österreichischen Erblande erhoben: Karl Albrecht von Bayern, seit 1722 verheiratet mit Maria Amalie von Österreich (1701 bis 1756), der jüngsten Tochter (von Karls Bruder) Kaiser Joseph I.; Philipp V. von Spanien als Erbe der spanischen Linie der Habsburger; Friedrich August von Sachsen als Ehemann von Maria Josepha von Österreich (1699 bis 1757), der ältesten Tochter Kaiser Joseph I. Friedrich II. von Preußen nutzte diese Ansprüche und verlangte für seine Anerkennung der Pragmatischen Sanktion die Provinz Schlesien und besetzte diese am 16. Dezember 1740 (Schlesische Kriege). Mit dieser Invasion löste er den Österreichischen Erbfolgekrieg aus, der am 18. Oktober 1748 mit einem Friedenschluss in Aachen endete. Dieser Frieden stellte den Vorkriegszustand weitgehend wieder her, sprach allerdings Friedrich II. Schlesien zu und erkannte Maria Theresias Thronerbschaften an.

Siebenjähriger Krieg (1756 bis 1763) – auch Dritter Schlesischer Krieg

Siebenjähriger Krieg, Karte von Dorsten 1761

Siebenjähriger Krieg, Karte von Dorsten 1761

Im „Siebenjährigen Krieg“ (auch Dritter Schlesischer Krieg) kämpften mit Preußen und Großbritannien/Kurhannover einerseits sowie Österreich, Frankreich und Russland andererseits alle europäischen Großmächtet. An den Auseinandersetzungen waren auch  kleine Staaten beteiligt. Der Krieg wurde in Mitteleuropa, Nordamerika, Indien und in der Karibik sowie auf den Weltmeeren ausgefochten. Für Großbritannien und Frankreich ging es hierbei auch um die Herrschaft in Nordamerika und Indien. Ab Mai 1757 quartieren sich französische Truppen in Dorsten ein. Der Schriftführer der  Dorstener Bruderschaft Beatae Mariae Virginis beschreibt in sein Protokollbuch authentisch die Vorkommnisse jener Jahre in Dorsten: Die Bruderschaft hatte in diesem Jahr keine Versammlung abgehalten,

„weilen in diesem Jahre der Krieg angefangen und auf Ostertag französische Trouppen, von Wesel und Duisburg kommende, hier eingetroffen, welchen die gantze Armee unter den Befehlen des Maréchals Comté d’Etré gefolget ist.“

Maria Theresia von Habsburg

Kaiserin Maria Theresia

Und 1758 steht in dem Buch: „Obbemeldeter General der französischen Arme der Maréchal Comté d’Etré ist am 1. August auf Mariae Himmelfahrtstag von der Armee aus Hannover hier zurück angekommen, und ist ihm im Commando der obersten Befehlshabersstelle aufgefolget der Maréchal Duc de Richelieu; dieser ist aber hier nicht passiert, sondern von Wesel über Burbaum die Reise nach Hannover zur Armee angetretten. Bey Anfang des Jahres 1758 hat die französischen Trouppen viele Bagage nach und nach von der Armee zurückgeschicket, haben auch selbsten angefangen zu retiriren und die gantze Armee sich zurückgezogen, welche gröstentheils hier passiert und seind am 20. März auf einmal 16 französische Battailons in hiesige Stadt einquartiret worden, es haben aber die Trouppen so viel eingebüßet, daß sie nicht halb complet mehr waren. Den 31. März marschirten die letzten Trouppen ab und steckten die Lippbrücke hinter sich in Brandt und nahmen ihre Retirade ferner nach Wesel.“ Und weiter heißt es: „Den 2. April kamen schon die Vortruppen von den Alliirten des Mittags, bestehend aus Preußischen Husaren, denen am 3. April Commandos von Hannoverischen und Hessischen Trouppen folgten, denen auch endlich die gantze alliirte Armee folgte, bey Xanten und Mehr den Rhein hinunter in der Gegend von Elten über den Rhein setzten und endlich bey Creyfeldt, ein Stadt in der Grafschaft Meurs, eine Stunde jenseit dem Churkölnischen Städtchen Ordingen, gelegen, eine Bateille denen Franzosen lieferten, wobey erstere obsiegten, die Franzosen bis Colen retirirten. Die Französische Armee kame aber im August Mohnat wider zurück über den Rhein und marschirte weiter, ein Corps Dragoner campirte aber hier vor der Stadt unter den Befehlen des Duc de Chevreux 7 gantze Wochen bis um Mohnat October. Im gesagten August-Mohnat, wie die französische Armee im Vorrücken begriffen war, ist das Wasser in der Lippen so hoch angeloffen, daß es hinten nach den Münsterschen hätte über die Lippbrücke gegangen.“

Einquartierungen von Franzosen in Dorsten und in der HerrlichkeitIn

Friedrich der Große 1763

König Friedrich der Große 1763

Von April bis Juni 1758 waren Truppen der Verbündeten in Dorsten einquartiert. Im August 1758 kamen Franzosen, im Januar 1759 Hannoveraner, welche die Schanzwälle zerstörten. Aus der Herrlichkeit Lembeck nahmen sie fast alle Pferde mit, so dass es im Herbst 1759 nur noch 25 Pferde gab, von denen fünf die Räude hatten und somit für Spanndienste und Feldbestellung unbrauchbar waren. Die Franzosen lagerten auf ihrem Vormarsch gegen Osten im Juni 1759 zwischen Dorsten und Schermbeck, vor allem in Holsterhausen und in der Bauerschaft Buschhausen. Der Pfarrer von Altschermbeck schrieb in seine Chronik, dass Soldaten alle Fensterrahmen und Dachsparren beim Kochen verfeuerten. Auch der Rückmarsch der Franzosen erfolgte über Holsterhausen nach Westen hin. Der Preuße Bülow überrumpelte mit seinen Soldaten eine in Dorsten zurückgebliebene Abteilung der Franzosen und nahm 80 Mann gefangen. Im Oktober 1761 zog der Prinz von Braunschweig durch Dorsten und  Holsterhausen nach Wesel. Auch er ließ eine Besatzung in der Stadt zurück, die die Lippebrücke zerstörte. Ende August kam es zum offenen Kampf mit den Franzosen, wobei Dorsten bombardiert und geplündert wurde. Anfang September 1761 zogen die Verbündeten ab. Ende Oktober marschierte Prinz Soubise mit seinen Truppen über die wieder errichtete Brücke nach Essen. In diesen Tagen hielten sich die Bauern der Umgebung mit ihrem verbliebenen Vieh in den Wäldern verborgen. Der Schaden, den der Siebenjährige Krieg in der Herrlichkeit Lembeck verursachte, belief sich auf 47.256 Taler (siehe Durchzüge)

Koalitionskriege gegen Frankreich 1792 und 1815 (Napoleonische Kriege)

Revolutionskrieg Frankreich, Gemälde von Vernet

Revolutionskrieg Frankreich (Vernet)

Als „Koalitionskriege“ (unter Ausschluss des ersten Koalitionskriegs auch „Napoleonische Kriege“ genannt) werden die von 1792 bis 1815 dauernden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und seinen europäischen Gegnern bezeichnet. Sie standen in der Kontinuität der Konflikte, die durch die Französische Revolution hervorgerufen worden waren, und beendeten die Zeit der Kabinettskriege. Wechselnde Bündnisse („Koalitionen“) europäischer Mächte führten auf verschiedenen Schauplätzen mehrere, teils ineinander übergehende Kriege gegen die Französische Republik beziehungsweise das französische Kaiserreich Napoleon Bonapartes und dessen Verbündete. Die Kriege lassen sich begrifflich in folgender Weise einteilen: die Revolutionskriege (1792 bis 1802) – 1. und 2. Koalition; die napoleonischen Kriege (1800 bis 1814/15) – 2. bis 6. Koalition sowie die Kämpfe auf dem iberischen Kriegsschauplatz und das Nachspiel von 1815; der Russlandfeldzug (1812) und die Befreiungskriege (1813 bis 1814) – 6. Koalition; die Kriegsereignisse der „Hundert Tage“ nach Napoleons Rückkehr aus der Verbannung (1815).

Zuerst 1792, dann vom 6. Oktober bis 9. November 1794 hielt sich der vor den Franzosen geflüchtete Kurfürst von Köln, Max Franz, auf seinem Weg nach Münster in Dorsten auf. Im Oktober kamen österreichische Truppen ins Quartier nach Dorsten und verantworteten die Notzeit des „Kaiserlichen Winters“. 1799 waren auch preußische Truppen in der Stadt. Im Oktober 1806 zog die französische Nordarmee durch die Herrlichkeit gegen Preußen. Von 1810 bis 1813 wurde die Napoleonstraße quer durch das Territorium gebaut. 1812 nahmen 34 Männer aus der Herrlichkeit am Russlandfeldzug Napoleons teil, von denen ein Jahr später neun wieder nach Hause kamen. Am 6. November 1813 nahmen rund 500 französische Soldaten der in Russland geschlagenen Großen Armee in Dorsten Quartier, zerstörten die Brücke und zogen nach Wesel. In den folgenden Tagen fluteten immer mehr Soldaten durch Dorsten, quartierten sich ein und bauten die Brücke wieder auf. Am 1. Januar 1814 erreichte die 50 Kosaken starke Vorhut der Russen unter Oberst Fürst Narischkin (manchmal fälschlicherweise auch Narikin geschrieben) Dorsten, der die nach der Völkerschlacht bei Leipzig nach Frankreich zurückströmenden Franzosen verfolgte. Die Nahrungsmittel waren inzwischen so knapp geworden, dass die Dorstener Bürger froh waren, als die Kosaken am 4. März 1815 wieder abzogen. Dieser Winter ging als „Russischer Winter“ oder „Kosakenwinter“ in die Dorstener Geschichte ein. Anschließend kamen Preußen nach Dorsten, die bis zum 2. Mai blieben. Am 19. Mai räumten die Franzosen Wesel. Dorsten und die Herrlichkeit wurden preußisch. Im Freiheitskrieg 1815 fielen Johann Heinrich Huerland und Franz Breson sowie Hermann Ostkirchen und Albert Elvermann (beide Lembeck), Bernhard Fust (Hervest) und Bernhard Gertz (Wulfen).

Dänische Kriege 1848 und 1864: Düppelstraße Straße erinnert noch daran

Preußen 1864

Preuß. Soldaten in Dänemark 1864

Während im 1. Dänischen Krieg 1848/49 die Landwehr aus der Herrlichkeit Lembeck mit einem Bataillon unter dem Kommando von Obristleutnant von Langen teilgenommen hatte, waren hiesige Landwehreinheiten am 2. Dänischen Krieg 1864 nicht beteiligt, aber reguläre Linieneinheiten. Bei der Niederwerfung des Aufstands in den Herzogtümern Schleswig und Holstein kamen zwei Soldaten ums Leben: Budde aus Erle und Bernhard Heyming aus Wulfen. Allerdings fielen 1864 bei der  preußischen Armee Kleine-Sander aus Wessendorf. Verwundet und verstümmelt wurden Heinrich Bruns aus Wulfen und der Soldat Flunkert aus Wessendorf.

1866 Krieg gegen Österreich: Es ging um die Vorherrschaft

Im Jahr 1865 nahm der preußische König Wilhelm I. in Münster die Huldigung der Provinz entgegen. Der König ließ in seiner Rede durchblicken, dass die Westfalen, die sich im Kriege vielfach als „treue und mannhafte Krieger“ bewährt hätten, diese Tugenden auch bei künftigen Kriegen beweisen werden. Sie brauchten auf den nächsten Krieg nicht lange zu warten. Ein Jahr später brach der Österreichische Krieg aus, an dem sich die Landwehr wie auch Linientruppen aus Westfalen beteiligten. In diesem Krieg starb der Gardist Schulze Loh genannt Reinken aus dem Emmelkamp in Lablat (Mähren) an der Cholera.

1870/71 Deutsch-Französischer Krieg: Gründung des Deutschen Reiches

Truppen aus Westfalen, darunter Dorstener und Soldaten aus der Herrlichkeit wurden im Juli 1870 mobilisiert und über Köln nach Saarbrücken in Marsch gesetzt. In diesem Krieg, der zur Gründung des deutschen Kaiserreichs unter Vorherrschaft von Preußen führte (bis 1919), fielen der Gefreite Henr. Püttmann aus Lembeck (1. Kompanie Hannoverschen Füsilier-Regiments Nr. 73), der Füsilier Bernhard Schlecking aus Rhade (11. Niederrheinisches Füsilier-Regiment Nr. 39), der Grenadier Max Kockswerth aus Lasthausen (2. Komp, 2. Garde-Grenadier-Regiment Kaiser Franz), Landwehrmann Bernhard Kruse aus Rhade (5. Westfälisches Infanterie-Regiment Nr. 53), Hermann Ducker aus Erle (10. Komp., 8 Westfälisches Infanterie-Regiment Nr. 57), Jochen Ludwig Feller aus Hervest, Friederich Vadder aus Wulfen (12. Komp., 3. Garde-Regiment zu Fuß), Wehrmann Johann Josef Henrich Soggeberg gen. Schülting aus Wulfen (Ersatz-Bataillon),  Musketier Johann Heinrich Ketteler aus  Lembeck (5. Komp., 1. Westfälisches Infanterie-Regiment Nr. 13), Eduard Brunn aus Wulfen (einjährig Freiwilliger, 1. Komp., 13. Infanterie-Regiment). Aus Dorsten starben: Hermann Ritgen, Richard Jungeblodt, August Enning, Hermann Feldemacher, Josef Feller, Theodor Hoffterheide, Josef Nover und J. W. Otte

Erster Weltkrieg mit 352 Dorstener Toten, Zweiter Weltkrieg über 2.000

Zz-Zweiter Weltkrieg-Ende,HitlerspruchAuch der Erste Weltkrieg (1914 bis 1918) fand nicht auf Dorstener Boden statt. Im Ersten Weltkrieg blieben 352 Dorstener auf den Schlachtfeldern und im Zweiten Weltkrieg aus dem Amtsbereich Hervest-Dorsten über 2.000. In dieser Zahl sind die Vermissten enthalten. Die Spartakisten-Unruhen (1919), der Aufstand der Roten Ruhrarmee sowie die belgische Besetzung (1923 bis 1925) der Stadt einschließlich Holsterhausen und Hervest waren Folgen des Ersten Weltkriegs und des Friedensvertrags von Versailles. Im Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945) musste die Bevölkerung unter den Bombardierungen der feindlichen Alliierten leiden. Bei der großen Bombardierung am 22. März 1945 wurde die gesamte Innenstadt dem Erdboden gleichgemacht. Am 28. März besetzten amerikanische Truppen die Stadt, nach dem Krieg etablierte sich die englische Besatzungsmacht in Dorsten.

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