Kohledeputat

Beihilfe für Bergbaurentner und Witwen 2015 mit Abfindung eingestellt

Obwohl die Heizungen immer moderner wurden, wurde das Kohledeputat eher größer als kleiner: 7,5 Tonnen sind es heute, genau die Menge, die ein Bergmann pro Schicht fördert, aber viel mehr, als ein Privathaushalt verfeuern kann. In manchen ehemaligen Zechensiedlungen schlossen sich die Bewohner daher zusammen, bauten ein Nahheizkraftwerk, das mit der Deputatskohle befeuert wird (Süddeutsche Zeitung).

Deputat: Solche Kohlenkaufen - Koks oder Briketts - waren früher noch ein tägtlicher Anblick in den Straßen

Deputat: Kohlenhaufen – Koks oder Briketts – waren früher ein täglicher Anblick in den Straßen

Unter der Bezeichnung „Hausbrand“ wird dem aktiven Bergmann ermöglicht, seinen Eigenbedarf zu decken. Deputatkohle sollte den Bergleuten zum Kochen und Heizen in der eigenen Wohnung dienen. Sie war als Sachleistungen Lohnbestandteil und in den Tarifverträgen des Bergbaues festgelegt. Für den Anspruch eines Bergmanns wurde der „Bergmannsversorgungsschein auf Hausbrand“ (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NRW) ausgegeben. Anstelle von Hausbrandkohlen können Bergleute auch eine Energiebeihilfe („Kohlegeld“) erhalten.

Sammelklage der Witwen und Rentner gegen die Ruhrkohle-AG

Kohlenzechen gibt es kaum noch, doch das Kohledeputat wird über die Schließung der letzten Revier-Zeche 2018 als Energiebeihilfe auf „Kosten der Steuerzahler“ weiterbestehen. Allerdings wurde bei Witwen von Bergleuten und Bergbaurentnern, die das Kohledeputat immer noch in Geldzuwendungen erhielten, dieses Anfang Juli 2015 durch eine einmalige Abfindung eingestellt. Dagegen liegen (mit Stand von März 2016) bei den Arbeitsgerichten in Herne und Rheine 50 Klagen von Betroffenen vor. Das Dortmunder Anwaltsbüro Daniel Kuhlmann, der die Kläger und weitere 400 Mandanten in dieser Angelegenheit vertritt , räumt den Tarifpartnern wohl einen weiten Ermessensspielraum ein, das Kohledeputat, bzw. alternativ die Energiebeihilfe, hätte sich aber im Laufe der Zeit zu einem echten Rechtsanspruch entwickelt. Daher ist nach dieser Lesart das Kohledeputat als eine Art Betriebsrente anzusehen. Eine Einstellung der Deputatleistungen nach dem Tarifrecht des neuen, zwischen dem Steinkohle-Verband und der Gewerkschaft IG BCE ausgehandelten Vertrags greife unzulässigerweise in die bestehende Rentenanwartschaft ein. Wenn eine Bergbau-Witwe jährlich 380 Euro geldwerte Energiebeihilfe erhalten hat, bekam sie eine Abfindung von 2.208 Euro. Bei Bergbau-Rentnern war die Abfindung etwa dreimal höher. Sie wurde nach den heutigen individuellen Ansprüchen und dem Lebensalter der Anspruchsberechtigten bemessen.

RAG schlägt höhere Abfindungen im Kohle-Streit vor

Für den Bergbau im Ruhrgebiet war der 21. Dezember 2018 endgültig Schicht im Schacht. Der seit längerem geführte Rechtsstreit um Kohledeputate und Abfindungen, von dem auch zahlreiche aktive und ehemalige Kumpel aus dem Kreis Recklinghausen betroffen sind, wird noch einige Zeit andauern. Rechtsvertreter der RAG haben klagenden Bergleuten oder Bergbaurentnern zwar 15 Prozent mehr Geld angeboten, um den Rechtsstreit beenden zu können, docj daraus könnten sich schnell einige hundert Euro mehr ergeben. Der Dortmunder Anwaltskanzlei Kuhlmann, die nach eigenen Angaben in dem Rechtsstreit knapp 700 Mandanten vertritt, reicht dieses Abfindungsangebot jedoch nicht. Die linke Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF will zudem erreichen, dass die RAG die höhere Abfindung nicht nur an einige hundert Kläger zahlt, sondern an alle Anspruchsberechtigten. Der für Ende 2018 beschlossene Ausstieg aus der Steinkohleförderung war der Anlass für den Gesamtverband Steinkohle und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG  BCE), sich auf eine tarifliche Regelung zur Beendigung der Hausbrandleistungen (Deputat) zu verständigen. Wer von den aktiven Bergbau-Mitarbeitern tatsächlich noch Kohle verfeuert, wurde nur noch bis Ende 2018 beliefert. Danach erfolgte die Umstellung des Anspruchs auf die Zahlung einer Energiebeihilfe. Viele Betroffene wollen jedoch weiter mit Kohlen versorgt werden. Für Bergbau-Rentner und -Witwen hat es nach der Tarifregelung eine einmalige Abfindung gegeben. Arbeitsrechtler Daniel Kuhlmann sieht in dem Vergleichsvorschlag zwar einen Schritt in die richtige Richtung, doch er hält das Angebot nicht für gut genug. Die Zahlungen seien weiterhin zu gering. Rechtsvertreter der klagenden Bergleute wollen nachverhandeln (Quelle: Nach Michael Wallkötter in DZ vom 19. Dez. 2018).

Kohledeputate kosten jährlich 61 Millionen Euro

Berechtigt für Festbrennstoffe (echte Kohle im Keller) oder finanzielle Energiebeihilfen sind rund 150.000 aktive und ehemalige Mitarbeiter der Steinkohlenreviere. Einem aktiven Bergman standen und stehen sieben Tonnen Kohle im Jahr zu, einem Angestellten acht Tonnen und Rentnern 2,5 Tonnen. Die Mehrzahl der Mitarbeiter lässt sich das Kohledeputat mittlerweile als so genannte „Energiebeihilfe“ in bar auszahlen. Pro Tonne gab es zuletzt 120 Euro, unter dem Strich also 840 Euro für Arbeiter oder 960 Euro für Angestellte. Für Rentner waren es bei ihren 2,5 Tonnen 300 Euro. Das Geld für Deputatkohle und Energiebeihilfe kommt aus den Kassen der RAG. Da das Unternehmen staatliche Subventionen erhält, wird die Deputatkohle auch aus Steuermittel gezahlt. Die Kosten betragen pro Jahr 61 Millionen Euro. Deputate gehören zu den Sachbezügen und sind ein geldwerter Vorteil, der zum Beispiel in Deutschland als Einkommen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehört. Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge, die verbilligt überlassen werden, bleiben außer Ansatz, wenn der geldwerte Vorteil 44 Euro im Monat nicht übersteigt.

Gerichtsurteil macht Bergleuten Hoffnung: Klagewelle im Deputat-Streit?

Der Streit um das Kohledeputat geht weiter. Ein 56-jähriger Bergmann hat vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) eine Abfindung erstritten, die ihm nach Maßgabe des RAG-Konzerns nicht zustand. Die Dattelner Anwaltskanzlei Kuhlmann, die zahlreiche Betroffene juristisch vertritt, rechnet nun mit einer Klagewelle gegen das Unternehmen. Der Kläger gehört zu den Bergleuten, für die eine 2002 beschlossene Stichtagsregelung galt: Demnach sollten alle, die erst nach dem 1. Juli 1982 im Bergbau angefangen haben, keine Deputatkohlen beziehungsweise Energiebeihilfen erhalten. Das Deputat gilt juristisch als Altersversorgung. Das Landesarbeitsgericht urteilte nun, dass den vom Stichtag Betroffenen zumindest eine anteilige Abfindung zusteht. Die vor dem Stichtag für die Altersversorgung erworbenen Ansprüche müssten abgegolten werden, so das Gericht. Im Fall des Klägers sind das 1748,82 Euro. Für 260 Mandanten will Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann nun kurzfristig Klage erheben. Die Kanzlei geht davon aus, dass „tausende Klagen“ folgen werden. Von der Stichtagsregelung seien rund 10.000 Bergleute betroffen. Der Streit um das Kohledeputat schwelt bereits seit 2015. Aus Anlass des Ausstiegs aus der Steinkohleförderung hatten sich der Gesamtverband Steinkohle und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG  BCE) auf eine tarifliche Regelung zur Beendigung der Hausbrandleistungen verständigt. Für Bergbau-Rentner und -Witwen gab es eine einmalige Abfindung. Rund 150.000 Bergbaumitarbeiter oder deren Witwen im Ruhrgebiet, im Münsterland (Ibbenbüren) und im Saarland hatten in der Vergangenheit Anspruch auf das Kohledeputat (Quelle: Michael Wallkötter in DZ vom 28. Sept. 2019).

Weitere Deputate: Haustrunk, Bergmannsschnaps, Kleinvieh, Freifahrten   

Deputatlöhne waren und sind in der Wirtschaft als Naturalleistungen üblich und wurden als Anteil des Lohnes des Gehalts verstanden. In den „harten Berufen“, wie dies für den Bergbau, die Glasindustrie oder die Ziegeleien galt, wurde der Trinkalkohol als Deputatleistung abgegeben. Der Bergmannschnaps war ein auf Trinkstärke verdünnter Primasprit. Für diesen gab es dann in Drogerien oder ähnlichen Geschäften gesonderte Aromen, die dem Schnaps eine Geschmacksnote gaben. – Landarbeiter erhielten noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts Deputatlohn, dazu gehörten freie Wohnung, Kleinvieh oder die Nutzung von Obst- und Gemüsegarten. – In Betrieben der Getränkeindustrie wurden die eigenen Produkte als Deputat an die Mitarbeiter abgegeben. Vorwiegend um Diebstahl von Produkten vorzubeugen. Um den Weiterverkauf zu unterbinden, wurden üblicherweise gesondert markierte Flaschen bei der Deputat-Abgabe genutzt. Die steuerfreie oder steuervergünstigte Abgabe von Haustrunk an Mitarbeiter erfolgt mitunter kasten- oder fassweise. Rund vier Millionen Liter Bier gingen 2010 als Haustrunk an die Mitarbeiter der deutschen Brauereien. – Im Brennstoffhandel und insbesondere in der Forstwirtschaft wurde ein Anrecht auf Holz an die Beschäftigten als Brennmaterial abgegeben. In Betrieben der Elektroenergieerzeugung werden Stromrechte vergeben. – Freifahrten für Angestellte der Bahn oder ermäßigte Flüge für Angestellte von Fluggesellschaften fallen ebenfalls unter diesen Sammelbegriff Deputat.

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