Flüchtlingshilfe Lembeck-Rhade

Herzliche Betreuung im Michaelisstift – eine Momentaufnahme Mai 2016

Jetzt Fahrräder vor dem Michaelisstift; Foto: Wolf Stegemann

Jetzt Fahrräder vor dem Michaelisstift; Foto: Wolf Stegemann

Für ihr Engagement wurde die Flüchtlingshilfe Lembeck-Rhade ausgezeichnet. In der von der Stadt Dorsten veranstalteten Ehrenamtsgala erhielt sie Ende April 2016 einen Sonderpreis. Wer am Lembeck-Endelner Michaelisstift vorbeifährt, jenes 1727 als Witwensitz der Gräfin von Westerholt, Schwiegermutter des ersten Merveldter auf Schloss Lembeck, erbauten Hauses mit Kapelle, der wird von außen kaum Unterschiede zur vorherigen Nutzung als Karmelitenkloster erkennen. Lediglich eine stattliche Reihe von Fahrrädern weist darauf hin, dass darauf wohl keine Nonnen in ihren langen Kutten fahren. Sie haben das Kloster nach 15 Jahren wieder verlassen. Die Fahrräder werden von Flüchtlingen benutzt, die seit einigen Monaten in das Haus von Land eingewiesen werden. Denn Graf von Merveldt vermietete das leer gestandene Haus als Flüchtlingsunterkunft an die Stadt Dorsten. Zuvor war es nach dem Alterssitz der verwitweten Gräfinnen und Wohnsitz unverheirateter Komtessen auch Kinderheim, Lazarett, Flüchtlingsunterkunft für deutsche Ost-Flüchtlinge, dann Krankenhaus (Stiftung) und Altenheim. Nachdem die Karmeliten weggezogen waren, leben dort seit wenigen Monaten landeszugewiesene Flüchtlinge – fast nur Syrer, denn die Afghanen sind mittlerweile weg. 19 Personen bzw. Familien waren es im April 2016. Diese Zahl wechselt ständig. Träger ist der Caritasverband Dorsten. Sozialpädagoge und Flüchtlingsberater Rolf Puschnig kommt jeden Montag und Mittwoch zur Sprechstunde in das Haus, berät und regelt. Meist sind es Fragen der Wohnungs- und Arbeitssuche und der Familienzusammenführung. Des Öfteren muss auch geregelt werden, wenn ein Flüchtling im Bus oder Zug ohne Fahrschein angetroffen wird, weil er nicht wusste, wie man mit den Fahrscheinautomaten umgeht, den Fahrschein abstempelt und diese Dinge. Werden der Caritas traumatisierte Kinder oder Erwachsene gemeldet, dann steht dafür eine spezielle Einrichtung in Bochum zur Verfügung.

Regelmäßiger Deutschunterricht für Frauen, Männer und Kinder

Ehrenamtlich werden die Menschen von der privaten Flüchtlingshilfe Lembeck-Rhade betreut, die unentwegt mit großem persönlichen Engagement ihrer Mitglieder zum Wohlergehen der Flüchtlinge und deren Kinder beiträgt. Diese Initiative wird auf vielen Schultern getragen, um mit Kleiderkammer, Deutschunterricht, Lebensmittelversorgung, Behördengängen, Arztbesuchen die ersten Schritte zur Integration der Menschen zu ermöglichen. Regelmäßig findet in einem Raum der Unterkunft Deutschunterricht statt. Frauen, Männer und Kinder, Alte und Junge nehmen daran teil. Lieder mit einfachen Texten werden gesungen und die Lehrerin spielt dabei die Gitarre. Das trägt zur Entspannung und guten Stimmung bei. Ein eigenes Lehrbuch auf Deutsch und Arabisch wurde angefertigte.

„Onkel Werner“ bringt den Kinder das Fahrradfahren bei

Die Insassen haben größtmögliche Bewegungsfreiheiten, wozu die organisationstalentierte Ursula Küsters (65) und viele andere von der Flüchtlingshilfe beitragen. Beispielsweise Werner Kampmann: Er ist bei allen Kindern sehr beliebt, die sich immer sehr freuen, wenn sie ihren „Onkel Werner“ sehen. Denn er bringt ihnen mit Geduld und Herzlichkeit das Fahrradfahren bei. Betritt man das Haus, dessen Tür stets offen bleibt, dann fallen einem am „Schwarzen Brette“ die Informationen auf, die in verschiedenen Sprachen aushängen und die Flüchtlinge willkommen heißen.

Fladenbrot in der Gemeinschaftsküche

Dass es auch unverständliche bürokratische Entscheidungen bei der Zuweisung oder dem Abziehen von Flüchtlingen gibt, macht Ursula Küsters aufmerksam: Vor kurzem seien sieben Menschen von hier in eine Turmhalle nach Duisburg verlegt worden, wo es hier Leerstände gebe. Turnhallen würden doch für Schulen wieder benötigt. Doch da stehe das Land in Verantwortung.Vieles regeln die Flüchtlinge in ihrer Lembecker St. Michaelis-Unterkunft in Eigenregie. Dazu gehört auch die Tätigkeit eines Dolmetschers. Die Gemeinschaftsküche ist oft Treffpunkt der Frauen und Männer. Dann wird dort Fladenbrot gebacken oder so manches Essen zubereitet, das an die Heimat erinnert. Dann erfährt der Besucher Gastfreundschaft umgekehrt. Die Flüchtlinge laden den Besucher dann gerne zum Essen ein. In der nebenstehenden Kapelle finden nach wie vor sonntags Messen statt, an der auch manchmal Muslime teilnehmen. Ansonsten bleibt die Kapelle allerdings geschlossen.


Siehe auch:
Flüchtlinge (Artikelübersicht)

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