Beerdigungswesen I

Waldgrab-Bestattung seit 2016 auch auf dem Waldfriedhof in Holsterhausen

Deutschlands Gesetze über Bestattungen und der Umgang mit der Totenruhe sind restriktiv und eine Lockerung zäh, während in Nachbarländern schon längst individuellere Bestattungsformen erlaubt sind. Daher finden immer mehr deutsche Bestatter einen Weg, ihren Kunden entgegenzukommen, wenn sie eine in Deutschland nicht zugelassene Bestattungsform wünschen und dennoch nicht gegen Gesetze verstoßen.
Seit Menschengedenken steht der Baum im Mittelpunkt der Beziehung des Menschen zur Natur – ein Mythos in vielen Religionen. Waldbestattungen oder Friedwald und in manchen Ländern „Baum des Lebens“ (Tree of Live) sind die erlaubte Alternativen zu den Reihenbestattungen nebeneinander mit Grabsteinen, Holzkreuzen und mit Steinen umfassten und bepflanzten Grabstellen. Bestattungen an Bäumen lässt Wünsche vieler Betroffener zu Lebzeiten oder deren Angehörigen zurück zum Ursprung Wirklichkeit werden. Dort zur Ruhe gebettet zu werden, wo Menschen schon immer Energie und Kraft getankt haben, zurück zu den Wurzeln der Natur und gleichzeitig dem Himmel ein Stück näher, ist eine beruhigende Vorstellung. Denn zu allen Jahreszeiten lassen sich inmitten der Natur Geborgenheit und Trost finden. Und dies befreit von allen Regeln und Vorschriften und der Grabpflege – die übernimmt die Natur.

Zwölf Bio-Urnen unter jedem Baum – die Nachfrage ist groß

So genannte Friedwälder ermöglichen die Beisetzung unter Bäumen. Seit Ende 2016 hat die Stadtverwaltung erlaubt, auch in Dorsten eine neue Bestattungsform zu ermöglichen, die hier „Waldgrab“ heißt. Bereits 2008 wurde im Dorstener Rathaus diese Idee aufgegriffen. Es brauchte acht Jahre zur Realisierung dieser Bestattungsart auf dem städtischen Waldfriedhof am Tüshausweg in Holsterhausen. Insgesamt umfasst das für Waldgräber vorgesehen Areal 14.000 Quadratmeter, von denen im ersten Bausabschnitt 6000 Quadratmeter hergerichtet und 100 Bäume für Bestattungen markiert wurden. Unter jedem Baum ist Platz für zwölf Urnen, Einzelgräber oder Zweier-Gruften. Begraben werden nur so genannte Bio-Urnen aus Holz, die sich zersetzen. Ein Namensschild kann am Baum angebracht werden. Bislang sind bereits etliche Bäume belegt. Die Nachfrage ist groß. In einer Hütte auf der so genannten „Lichtung der Erinnerung“ können Bilder ausgestellt und Blumen niedergelegt werden. Die Liegezeit ist auf 25 Jahre begrenzt. Wegen Brandgefahr dürfen keine echten Kerzen aufgestellt werden. Die Kosten für einen solchen Begräbnisplatz betragen zwischen 1023 und 2046 Euro.

Friedwald Holsterhausen wird um ein Waldteil erweitert

Seit 2016 sind Waldgrab-Bestattungen auf dem Waldfriedhof in Holsterhausen möglich. Damals wurde der Friedhof am Tüshausweg um einen Waldteil erweitert. Bei den sogenannten Baumbestattungen können die Urnen rund um die gekennzeichneten Bäume beigesetzt werden. Aufgrund der großen Nachfrage wird dieser Friedwald jetzt erweitert. Die Arbeiten für neue Wege laufen bereits. Seit Menschengedenken steht der Baum im Mittelpunkt der Beziehung des Menschen zur Natur, daher stellt diese relativ neue Form der Bestattung eine Alternative zu den Reihenbestattungen für viele Menschen dar. Sie werden dann dort zur Ruhe gebettet, wo sie zu Lebzeiten Energie und Kraft getankt haben, zurück zu den Wurzeln der Natur. Die Angehörigen befreit dies übrigens von der Grabpflege, denn diese übernimmt die Natur.

Rasenpartnergrab als Grabstätte für zwei Särge

Der neuen Satzung zufolge ist jetzt auch die Bestattungsart „Rasenpartnergrab“ möglich. Ein Rasengrab gab es bislang nur als Reihengrab, in dem nur eine Person beigesetzt werden durfte. In dem Partnergrab können nun zwei Personen in Särgen bestattet werden. In einem Reihengrab sind auch Urnenbestattungen möglich. Rasengräber und auch die Gräber im Bestattungswald werden von der Friedhofsverwaltung gepflegt. Die Kosten für ein Rasenpartnergrab betragen 3477 Euro.

Tekin Dagdelen regt muslimischen Friedhof für Dorsten an

Immer mehr Menschen muslimischen Glaubens wollen in Deutschland begraben werden. In Dorsten gibt es diese Möglichkeit nicht. Das möchte der Hervester Gastronom Tekin Dagdelen, Mitglied des Integrationsrates, ändern. Er regte Anfang Februar im Integrationsrat an, auch in Dorsten ein muslimisches Friedhofsfeld einzurichten. Früher wurden fast alle türkischstämmigen Mitbürger nach ihrem Tod in die Türkei überführt, um dort bestattet zu werden. Das hat sich geändert. Immer mehr muslimische Gläubige wollen in Dorsten beerdigt werden. Für verstorbene Dorstener Muslime gibt es Gräberfelder in Marl-Hamm und Essen, wo Bestattungen nach muslimischen Riten durchgeführt werden. Diese Zeremonien sehen unter anderem vor, dass das Gesicht des Toten Richtung Mekka blickt und dass der Leichnam nicht in einem Sarg, sondern in einem Leinentuch in das Erdloch gelassen wird. Bereits 2008 hatte Dagdelen bei der Stadt einen Antrag auf ein muslimisches Gräberfeld gestellt, der allerdings nicht weiter behandelt wurde.
Das Thema ist zwischenzeitlich wegen der Erhöhung des muslimischen Einwohneranteils durch Flüchtlinge dringender geworden, Dazu Dagdelen: „Was passiert denn mit diesen Flüchtlingen, wenn sie irgendwann sterben und hier keine Angehörigen haben, die sich um die Beerdigung kümmern?“ Nina Laubenthal (Dezernentin bei der Stadtverwaltung) erklärte, dass es auf dem Waldfriedhof und auf weiteren zwei städtischen Friedhöfen tatsächlich freie Flächen zur Verfügung gäbe. Tekin Dagdelen will nun Kontakt mit dem aktuellen Imam aufnehmen und mit ihm die Angelegenheit bereden.

Siehe auch: Beerdigungswesen (Essay)
Siehe auch: Friedhöfe (Artikelübersicht)


Quellen: DZ vom 16. Juli und 21. Nov. 2016. – MK in DZ vom 6. Febr. 2023.

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