Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband

1947 hervorgegangen aus dem ersten Bauernverein von 1862 in Westfalen

Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband e. V. (kurz WLV) ist ein Zusammenschluss der Land- und Forstwirte in Westfalen und Lippe. Dabei vertritt er die Interessen der Mitglieder in allen Belangen gegenüber der Politik, Wirtschaft oder Behörden. Neben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gehören zu den Zielen auch die Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum. Durch seine Rolle als berufsständiger Verband sind nahezu alle Land- und Forstwirte der Region im WLV organisiert. Sitz des Landwirtschaftsverbandes ist Münster. Seit dem 17. Februar 2020 ist Hubertus Beringmeier aus Hövelhof-Espeln Präsident. In die Zuständigkeit des WLV fallen auch die Regionen mit den größten Schweinmastbeständen in Deutschland; die Kreise Coesfeld und Warendorf.
Hervorgegangen ist der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Westfälischen Bauernverein von 1871. Er war der erste Zusammenschluss der örtlichen Bauernvereine. Der erste Bauernverein wurde am 10. Juni 1862 in Wettringen von Freiherr Burghard von Schorlemer-Ast und 36 weiteren Bauern gegründet. Ein Findling vor dem Wettringer Rathaus erinnert noch heute an die Gründung. Die Wurzeln des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes gründen damit in der ältesten freien landwirtschaftlichen Standesorganisation des Deutschen Reiches. Seit 1947 gibt es ihn in seiner jetzigen Form.
Zum Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband gehören indirekt noch der Westfälisch-Lippische Landfrauenverband e. V. (WLLV), die Westfälisch-Lippische Landjugend e.V. (WLL), der Ring der Landjugend Westfalen-Lippe e. V. und der Arbeitgeberverband der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft e. V. (WLAV). Der Landwirtschaftsverband gliedert sich in folgende 20 Kreisverbände, deren Umfang nicht immer den Grenzen der entsprechenden Landkreise entspricht (so ist zum Beispiel Münster mittlerweile kreisfreie Stadt): Bielefeld, Borken, Coesfeld, Ennepe-Ruhr/Hagen, Gütersloh, Herford, Hochsauerland, Höxter-Warburg, Lippischer Hauptverein, Märkischer Kreis, Minden-Lübbecke, Münster, Olpe, Paderborn, Recklinghausen, Ruhr-Lippe, Siegen-Wittgenstein, Soest, Steinfurt und Warendorf.

Eckdaten zur Landwirtschaft im Kreisverband Recklinghausen

Das Verbandsgebiet umfasst zusätzlich 22.602 Hektar Wald. Von den insgesamt 396.100 Erwerbstätigen im Kreis Recklinghausen und den kreisfreien Städten Bottrop und Gelsenkirchen arbeiten 2.300 Arbeitnehmer im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Die im Kreisverband Recklinghausen landwirtschaftlich genutzte Fläche umfasst insgesamt 29.432 Hektar. Die landwirtschaftliche Nutzfläche entspricht rund 31 Prozent der Gesamtfläche des Verbandsgebietes (96.600 Hektar). Der Anteil an Ackerland beträgt 22.218 Hektar, außerdem wird auf 8.962 Hektar Dauergrünland angebaut. Der Ackerbau dient hier in erster Linie dem Anbau von Futtermitteln, denn die Region ist traditionell ein starker Standort für die Veredlung (hier vor allem für Schweinemast und Ferkelzucht sowie die Bullenmast). Auf dem Ackerland werden insbesondere Weizen, Roggen, Gerste und Mais angebaut. 12.207 Hektar Fläche dienen im Verbandsgebiet dem Getreideanbau. Auch der Anbau von Kräutern, Kartoffeln, Gemüse (u.a. Salat, Gurken, Zwiebeln, Kohl) und Sonderkulturen wie Spargel und Erdbeeren spielt für die hiesige Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Die heimische Landwirtschaft sichert regionale Wertschöpfung und garantiert gesunde, qualitativ hochwertige Lebensmittel von bäuerlichen Familienbetrieben! In 226 Betrieben gibt es zusammen 205.015 Schweine, in 298 Betrieben 37.998 Rinder, in 96 Betrieben 287.995 Hühner, in 24 Betrieben 19.387 Gänse, Enten und Hühner, in 53 Betrieben 1089 Schafe, in 23 Betrieben 759 Ziegen, in 206 Betrieben 3623 Pferde und 367 Imker haben 2312 Bienenvölker.

Chronologie der Vereinsentwicklung:
„Westfälischen Bauernverein“, „Westfälische Centralgenossenschaft“

10. Juni 1862: Gründung des 1. deutschen Bauernvereins im münsterländischen Wettringen (Kreis Steinfurt) durch Burghard Freiherr Schorlemer-Alst (1825-95) und 36 weitere Bauern.
19. November 1868: Gründung eines 2. Bauernvereins in Westerholt (Kreis Recklinghausen) durch den Bauern Johannes Breuker (1817-1885).
April 1870: Erste Ausgabe der Wochenzeitung „Der Westfälische Bauer“ erscheint
(Eigentümer, Verleger und Chefredakteur: Breuker).
30. November 1871: Konstituierung des „Westfälischen Bauernvereins“ in Münster unter Teilnahme von 2.000 Bauern (Vorsitzender: Schorlemer-Alst; Stellvertreter: Breuker).
1870er und 1880er Jahre:  Überwachung des und Repressionen gegen den „Westfälischen Bauern“ und den katholisch geprägten „Westfälischen Bauernverein“ durch die preußischen Behörden („Kulturkampf“).
1873 bis 1887: Der „Westfälische Bauernverein“ schließt für seine Mitglieder Rahmenverträge mit Feuer-, Lebens- und Hagelversicherungen ab.
1876: „Der Westfälische Bauer“ wird offizielles Verbandsorgan des „Westfälischen Bauernvereins“.
1878: Errichtung der „Landschaft der Provinz Westfalen“ ermöglicht den Bauern die Beschaffung zinsgünstiger Realkredite.
1880er und 1890er Jahre: Nach dem Abflauen des „Kulturkampfes“ im Deutschen Reich kommt es auch in anderen Provinzen des Reiches zu Gründungen von Bauernvereinen nach westfälischem Vorbild.
1883: Auf Druck des „Westfälischen Bauernvereins“ erfolgt in den westfälischen Gemeinden die Gründung von Spar- und Darlehnskassen-Vereinen zur Bereitstellung zinsgünstiger Personalkredite. – Der „Westfälische Bauernverein“ übernimmt den zentralen Einkauf von Kunstdünger, Kraftfutter, und landwirtschaftlichen Maschinen für seine Mitglieder („Bündelung“).
1886:  Der „Westfälische Bauernverein“ gründet Vergleichsämter und Schiedsgerichte, um den Mitgliedern kostspielige Prozesse zu ersparen.
1888: Feier des 25-jährigen Verbandsjubiläums (Mitgliederzahl: 21.000).
1889: Der „Westfälische Bauernverein“ gründet den „Verband ländlicher Genossenschaften der Provinz Westfalen“.
17. März 1895: Tod Schorlemers.
1899: Gründung der „Westfälischen Centralgenossenschaft“ in Münster.
1906: Errichtung der „Schorlemer-Stiftung“ zur Förderung der Interessen westfälischer Landwirte.
1917: Gründung der „Vereinigung der dt. Bauernvereine“ in Berlin.
1928: Umstrukturierung des Westfälischen Bauernvereins durch die Schaffung von 5 Bezirksverbänden (Münsterland, Paderborn, Industriegebiet, Minden-Ravensberg, Sauerland).
1933: Verbot der christlichen Bauernvereine & Ausschaltung unabhängiger Bauernführer (Dr. Andreas Hermes).
13. September 1933: Errichtung des Reichsnährstands als Zwangsmitgliedschaft aller in der Land- und Ernährungsindustrie, im Landhandel und in Genossenschaften tätigen Menschen (Ende der Gleichschaltung).
8. August 1947: Gründung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsvereins (WLV)
Fritz Hollmann wird zum ersten WLV-Präsidenten gewählt.

Präsidenten des „Westfälischen Bauernvereins“: 1871 – 1895: Burghard Freiherr Schorlemer von Alst, 1895 – 1903: Dr. jur. Max Freiherr von Landsberg-Velen und Gemen, 1903 – 1906: Ökonomierat Christoph Winkelmann, 1907 – 1916: Clemens Freiherr von Twickel zu Stovern, 1916 – 1928: Engelbert Freiherr von Kerckerinck zur Borg, 1928 – 1933: Heinrich Dieckmann.
Präsidenten des „Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes“: 1947 – 1955: Fritz Hollmann, 1955 – 1968: Antonius Freiherr von Oer, 1968 – 1997: Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck, 1997 – 2012: Franz-Josef Möllers, 2012 – 2020: Johannes Röring, Seit 2020: Hubertus Beringmeier.

Siehe auch: Landfrauen mit 12.000 Vereinen

Foto: Statue von Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst, Gründer des „Westfälischen Bauernvereins“

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