Totschlag-Versuch

Sohn stach im Wahn auf seine Mutter ein – Gericht: „schuldunfähig“

Ein junger Mann aus Dorsten stach im Wahn auf seine Mutter ein. Sie sollte sterben. Bestraft werden konnte der Täter nicht. – Im Sommer 2022 hatte ein junger Mann aus Dorsten-Hervest im Wahn mit einer Nagelschere und mit einem Messer auf seine Mutter eingestochen. Am 26. Januar 2024 wurde der 24-Jährige vom Essener Landgericht auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen – zum Schutz der Allgemeinheit. Richter Simon Assenmacher sprach bei der Urteilsbegründung von einem ganz „dramatischen und tragischen Fall“. Der Dorstener wollte seine Mutter töten, weil er überzeugt war, dass gegen ihn ein Komplott im Gange sei. Im Prozess hatte der 24-Jährige erklärt, dass eigentlich auch eine Lehrerin und eine Mitschülerin sterben sollten.
Was völlig ungewöhnlich war: Nach der Bluttat vom 26. Juni 2023 war der Dorstener schon vorläufig in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht worden. Doch dort konnte ihm nicht geholfen werden. Die Medikamente schlugen offenbar nicht an. Ein vom Gericht beauftragter Psychiater bezeichnete den Täter als „Hochrisiko-Patienten“. Niemand sei vor ihm sicher. Er glaubte immer noch das Komplott gegen ihn, das im Verborgenen weitergehe. „Er befindet sich in einem Zustand völliger Ausweglosigkeit“, so der Psychiater. Die Diagnose: schwere paranoide Schizophrenie mit Verfolgungswahn.

Stiche in den Hals und Rücken der Mutter

Der vermeintliche Komplott soll in der Berufsschule begonnen haben. Es ging offenbar um Noten, die der 24-Jährige nicht akzeptieren wollte. Warum er auch seine Mutter in die Wahnvorstellungen mit einbezogen hatte, ist unklar. Die 48-Jährige hatte gerade die Wohnung geputzt. Als sie sich bückte, folgte der erste Stich. Anschließend hielt ihr Sohn sie umklammert und stach weiter zu. Er ließ erst wieder von ihr ab, als ein Bruder ihn ebenfalls mit einem Messer bedrohte und auch an der Hand verletzte. Die Ärzte hatten bei der Mutter später fünf Stich- und Schnittverletzungen gezählt. Die gefährlichsten waren am Hals und am Rücken. Im Urteil war von potenzieller Lebensgefahr die Rede.

Gericht: Er konnte nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden

Die Krankheit soll 2018 ausgebrochen sein. Verstärkt wurde sie durch Drogenkonsum. Der Junge hatte mehrfach die Schule gewechselt, verschriebene Medikamente offenbar nicht oder nur unregelmäßig eingenommen. Es kam zu Gewalt-Ausrastern – und auch zu ersten Verurteilungen. Die aktuelle Tat werteten die Richter als versuchten Totschlag. Bestraft werden konnte der Dorstener jedoch nicht. Er gilt als komplett schuldunfähig. Er habe nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden können, hieß es im Prozess. Der 24-Jährige selbst wollte eigentlich wieder entlassen werden. Das hielten die Richter jedoch für unverantwortlich.

Siehe auch: Mord und Totschlag
Siehe auch: Morde (Artikelübersicht)


Quelle: Entnommen Jörn Hartwich (jh) in DZ vom 30. Jan. 2024

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