Strauß-Kundgebung 1980

Wahlkampf: Stacheldraht trennte, Wasserwerfer blieben Kulisse

Wahlkampf auf dem Dach der VHS: F.-J. Strauß, Agnes Hürland-Bünung, BM Hans Lampen

Wahlkampf auf dem Dach der VHS: F.-J. Strauß, Agnes Hürland-Bünung, BM Hans Lampen; Foto: Krüger

Als der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß den Landtagswahlkampf des CDU-Kreisverbandes Recklinghausen im März 1980 in Dorsten eröffnete, strömten Tausende in den Bereich Maria Lindenhof, um den stark umstrittenen CDU-Kanzlerkandidaten zu sehen und zu hören. Zu sehen war er mit der CDU-Führungsriege kaum, denn über 1.000 Polizisten, Polizeiabsperrungen mit Gittern und Stacheldraht sowie die Platzierung auf dem Dach der VHS verhinderten den Blick auf den Politiker, der von der Ferne kaum zu erkennen war. Martialische Polizeitrupps mit Helmen und Schilden sowie von Polizisten geführte Schäferhunde flößten den Wartenden Respekt ein. Auf dem Kanal fuhren Polizeiboote. Starke Lautsprecher drangen an jedermanns Ohr, wenn nicht der Polizei-Hubschrauber, der über allem kreiste, das, was Strauß zu sagen hatte, übertönte. Die angeforderten Wasserwerfer mussten nicht tätig werden, denn die vom Politiker auf dem Dach weit abgedrängten Zuschauer auf der Wiese, darunter natürlich auch Protestierer und Transparententräger, blieben friedlich. Es gab keine Zwischenfälle. Strauß-Fans waren in der Mehrheit.

Mit bayerischem Defiliermarsch empfangen

Der Hubschrauber des Ministerpräsidenten landete genau um 17.14 Uhr neben der VHS. Die wenigen Schritte vom Hubschrauber zur VHS legte Strauß in einer gepanzerten Limousine zurück, dann wurde er von Bürgermeister Hans Lampen (CDU) begrüßt, der ihm das Stadtwappen als Geschenk überreichte. Dann unterhielt sich Strauß mit dem Dorstener CDU-Ratsmitglied Heinrich Voßbeck-Elsebusch über den Russlandfeldzug im letzten Weltkrieg. Bevor Strauß vor den rund 5.000 geschätzten Zuhörern den Wahlkampf eröffnete, trug er sich noch in das „Goldene Buch“ der Stadt ein, das eigens in die Räume der VHS gebracht worden war.

Auch schallten ihm Buh-Rufe “Strauß raus!” entgegen

Danach stiegen er und die CDU-Kreisvorsitzende Agnes Hürland (MdB), CDU-Bürgermeister Hans Lampen, CDU-Landtagskandidat Werner Kirstein und andere aufs Dach und wurden von der wartenden Menge mit starkem Beifall bedacht, der die Buh-Rufe („Strauß raus!“) und Protest-Pfiffe übertönte. Nachdem der bayerische Defiliermarsch der aufspielenden Kapelle verklungen war, schallte eine herzhaftes „Grüß Gott“ des Bayern durch die Lautsprecher, der dann sagte, dass die bayerische Bevölkerung mit der von Nordrhein-Westfalen eng verbunden sei und kam dann schnell „zur Sache“ mit dem Fazit, dass zunächst im bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesland und anschließend in Bonn die politische Wende herbeigeführt werden müsse. Strauß rechnete ab mit der SPD-Bildungspolitik, nahm Stellung zu Energieproblemen und streifte kurz die Außenpolitik: Die Sowjets wollen keinen Krieg, aber der Westen dürfe sich nicht alles gefallen lassen. Franz-Josef Strauß sprach es und verschwand mit seinem weiß-grünen Hubschrauber, der den 64-Jährigen zum nächsten Auftritt zur Niederrheinhalle nach Wesel flog.


Quellen:
Augenzeugen Rolf Plümpe und Wolf Stegemann. – RN vom 21. März 1980. – Gespräch Wolf Stegemann mit Agnes Hürland-Büning 2007.

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