Sterbehilfe

Drei Jahre Gefängnis für Sterbearzt im Fall eines Dorstener Patienten

Ein deutschlandweit bekannter Sterbearzt aus Datteln ist nach einem assistierten Suizid in Dorsten am 1. Februar 2024 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil des Essener Schwurgerichts lautete auf Totschlag. Der Arzt selbst hatte bis zuletzt auf einen Freispruch gehofft. Der 81-Jährige hatte im August 2020 einem Patienten aus Dorsten Sterbehilfe geleistet. Grundsätzlich ist das nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts  nicht verboten. In diesem konkreten Fall waren jedoch Zweifel aufgekommen. War der Dorstener überhaupt in der Lage, die Tragweite seiner Entscheidung einzuschätzen? Hat er „freiverantwortlich“ gehandelt, wie es juristisch heißt? Die Essener Richter haben beide Fragen klar verneint. Hintergrund ist eine schwere psychische Erkrankung des Dorsteners. Der 42-Jährige hatte rund 15 Jahren lang an paranoider Schizophrenie gelitten. Er hatte Ängste, Wahnvorstellungen, Verfolgungsfantasien. Ebenso war im Prozess von Depressionen und absoluter Hoffnungslosigkeit die Rede. Auch, wenn der Arzt das bis zuletzt bestritten hatte: Die Richter hatten am Ende des Prozesses keinen Zweifel, dass die Erkrankung auch in den Wochen vor dem Suizid akut war. Der Dorstener hatte sich erst drei Monate zuvor gegen ärztlichen Rat aus der Psychiatrie entlassen. Zuletzt hatte er sogar darum gebeten, keinen Namen auf seine Grabstätte zu setzen, da er eine Verwüstung befürchtete.

Ziel aus Sicht des Arztes war es, „ethisch notwendige Hilfe zu leisten“

Die Richter hatten keinen Zweifel, dass dem Dattelner Arzt all das bekannt und bewusst war. Trotzdem habe er die Sterbehilfe durchgeführt. „Sein primäres Ziel war es, einer schwer kranken und leidenden Person den Wunsch zu sterben zu erfüllen“, sagte Richter Simon Assenmacher bei der Urteilsbegründung des Schwurgerichts. Um die Strafbarkeit nicht gleich offensichtlich werden zu lassen, habe er sogar sein Gutachten mit unklaren Formulierungen versehen. „Er hat bewusst entschieden, es darauf ankommen zu lassen, um die aus seiner Sicht ethisch notwendige Hilfe zu leisten“, so Assenmacher. Der Dorstener hatte mehrfach versucht, sich selbst das Leben zu nehmen. Er hat sich mit einem Messer in Hals und Arm gestochen, eine Überdosis Tabletten geschluckt. Er war jedoch jedes Mal gerade noch gerettet worden.


Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 3. Febr. 2024

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