Jordan

Die Lippe als Grenzfluss auch in den Köpfen der Menschen

Den Ausspruch „Über den Jordan gehen“ hat der Dorstener Volksmund übernommen und zum Teil bis heute in Erinnerung behalten. Er kennzeichnet das soziale Verhältnis der Dorstener zu den beiden durch den Bergbau geprägten Nachbargemeinden Holsterhausen und Hervest. Man ging dort nicht hin, suchte dort auch keine Freunde und schon gar keine Bräute oder Bräutigame, denn man wollte mit „denen nichts zu tun haben“. Denn dazu hätte man über die Lippe (Jordan) gehen müssen.

Erklärung: „Über den Jordan gehen“ heißt sterben. Für Juden war dieser Fluss immer schicksalhaft: „Wenn ihr über den Jordan gegangen seid in das Land Kanaan … dann nehmt das Land in Besitz und lasst euch darin nieder; denn ich habe es euch zum Besitz gegeben“ (4. Buch Mose 33,51). Diese Redewendung bezieht sich aber eher auf Stellen im Alten Testament, in denen der Fluss wie eine Grenze zwischen Leben und Tod wirkt. Im 2. Kapitel des 2. Buches der Könige wird zum Beispiel geschildert, dass der Prophet Elia „über den Jordan“ geht, um auf der anderen Seite, im verheißenen Land, in den Himmel entrückt zu werden. Auch in 1. Mose 50 lässt Josef den in Ägypten gestorbenen Jakob „über den Jordan“ bringen und in Kanaan, dem Land der Verheißung, beisetzen. Vielleicht ließ die Erwartung, dass auf der anderen Seite des Jordan „Milch und Honig fließen“ würden, das Land jenseits wie das Paradies erscheinen, nach christlichem Verständnis wie den Himmel. Wer über den Jordan geht, gelangt in den Himmel, er stirbt also.

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