Gemeindefinanzierungsgesetz

Verfassungsgerichtshof Münster schmetterte Klage des Kreises ab

Die Gemeinden erhalten aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen vom Bund und von den Ländern aus der Einkommensteuer einen Anteil, der auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner verteilt wird. Zurzeit erhalten die Gemeinden 15 Prozent des Einkommensteueraufkommens. Ab 2006 waren die Kommunen nicht mehr in der Lage, weitere Konsolidierungsbeiträge zugunsten des Landeshaushalts zu leisten. Die Städte, Gemeinden und Kreise sind auf einen einigermaßen auskömmlichen kommunalen Finanzausgleich dringender denn je angewiesen.

Verfassungsbeschwerde eingelegt

Der Rat der Stadt Dorsten lehnte Mitte des Jahres 2008 mit der CDU-Mehrheit den SPD-Antrag ab, eine Klage gegen das aktuelle Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) zusammen mit dem Kreis und den kreisangehörigen Städten gegen das Land Nordrhein-Westfalen vorzubereiten. Man wollte erst die Ergebnisse der auf verschiedenen Ebenen stattfindenden Verhandlungen in den beteiligten Gremien abwarten. Die waren nicht zufrieden stellend. Daher beschloss der Rat im November desselben Jahres in Abstimmung mit den anderen Städten des Kreises Recklinghausen gegen den kommunalen Finanzausgleich Verfassungsbeschwerde beim Gerichtshof in Münster mit dem Ziel zu erheben, die finanzielle Situation der Stadt zu verbessern. Im Juli 2009 erhoben die mit 2,1 Milliarden Euro überschuldeten Städte und der Kreis Recklinghausen die Verfassungsbeschwerde gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz 2008 beim Verfassungsgerichtshof in Münster.

Gesetz für verfassungskonform erklärt

Der Verfassungsgerichtshof schmetterte die Klage ab und erklärte Mitte 2011 das NRW-Gemeindefinanzierungsgesetz 2008 für verfassungskonform, was im Kreishaus Recklinghausen „blankes Entsetzen“ hervorrief. Dem Land, so das Gericht, seien keine weiteren Belastungen aufzubürden. Der Kreis und die kreisangehörigen Städte argumentierten, dass das Land wegen eines Systemfehlers 360 Millionen Euro zu wenig an die Städte überwiesen hätte. Dabei würden sie mit  immer mehr Pflichtaufgaben wie zum Beispiel Kosten aus der Hartz-IV-Gesetzgebung, Kindergartengesetzgebung und der Sozialhilfe betraut, ohne dafür mehr Geld vom Land zu bekommen. Da im Kreis die Langzeitarbeitslosigkeit höher als anderswo sei – weit über 70.000 Menschen  sind von Hilfen zum Lebensunterhalt abhängig –, müssten die Städte deutlich mehr als andere zahlen. Überschuldung sei die Folge. Der Schuldenberg der Städte habe sich nach Angaben des Kreises auf über drei Milliarden Euro aufgetürmt. Die kommunale Selbstständigkeit sei angesichts dieser Schuldenlast nicht mehr gegeben. Dies alles sei vom Land bei der Bemessung der Gemeindefinanzierungsmittel für das Jahr 2008 und folgende nicht ausreichend berücksichtigt worden. – Dieter Decker kommentierte in der Westdeutschen Allgemeine Zeitung (WAZ), Ressort Unser Vest, am 19. Juli 2011:

„Jetzt haben die Städte es höchstrichterlich: Die Gemeindefinanzierung ist rechtens. Das Landesverfassungsgericht hat an der Systematik nichts auszusetzen. Aber richtig ist sie deswegen nicht. Dieses zu klären, ist jedoch nicht Aufgabe der Verfassungsrichter. Vielmehr ist dies eine Aufgabe der Bundes- und Landespolitik. Die verweigert sich seit Jahren einer bedürfnisgerechten Verteilung der Steuergelder. Wer den Städten immer mehr Pflichten auferlegt, muss auch für die Finanzierbarkeit sorgen. Das ist nicht passiert. Die Folgen spüren Bürger hautnah. Kommunale Steuern sind gestiegen. Leistungen für den Bürger sind gestrichen worden. Städte und Kreis sind im Grunde pleite und stehen am Ende der Steuerkette und die letzten beißen dann noch die Hunde. Wer Milliarden für die Rettung der WestLB ausgibt, sollte mehr für die Städte im Kreis übrig haben. Denn die haben einen Rettungsschirm bitter nötig.“

Gemeinden zogen Klagen wieder zurück

Nach ihrer gerichtlichen Niederlage des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) für das Jahr 2008 und Prüfung des Urteils zogen die Gemeinden und der Kreis als Kläger ihre nachgereichte Beschwerde gegen das GFG der Jahre 2009 und 2010 zurück. Die Richter hatten zwar das Recht der Gemeinden auf eine angemessene Finanzausstattung anerkannt, diese jedoch unter den Vorbehalt der Haushaltssituation des Landes gestellt. Dieses bedeute faktisch, „dass die Gemeinden diesen Anspruch nahezu unmöglich darlegen und durchsetzen können“. Auch mit ihrer Kritik an der Verteilung der Mittel zwischen dem Kreis und seinen Städten konnten sich die Kläger nicht durchsetzen. Das Gericht sah darin keinen „Systemfehler“, sondern gab dem Land lediglich auf, eine Änderung der Voraussetzungen zu beachten.

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