Franziskaner-Museum

In Dorsten die größte Missions-Ausstellung in Deutschland

Ab 1909 trugen die Franziskaner in Dorsten völkerkundliche Exponate aus ihren Missionsländern  zusammen und eröffneten 1913 in Dorsten ein Museum, das bis 1943 existierte. Es befand sich in einem Gebäude des Franziskanerklosters an der Lippestraße und war das größte Missionsmuseum des Franziskanerordens und das größte deutsche Missionsmuseum überhaupt. Allerdings schlug sich die Bedeutung dieses Museums nicht auf die Besucherzahlen nieder.1943 wurde das Museum aufgelöst und die Exponate ins Kloster nach Werl gebracht, wo 1962 das neue Völkerkundemuseum der Franziskaner mit dem Grundstock der Dorstener Sammlung eröffnet wurde.

Franziskaner-Museum: chinesische Gewänder

Chinesische Gewänder

Erst nach etlichen Jahren nach der Errichtung des Museums in Dorsten konnte der 10.000 Besucher gezählt werden. Mit der den Franziskanern eigenen Bescheidenheit zeigten sie Großartiges und in Deutschland Einmaliges. In erster Linie sollte das Museum „das Verständnis wecken und vertiefen für das große Missionswerk unter den Heiden“, so eine zeitgenössische Werbe-Anzeige, die ansonsten zurückhaltend auf das Museum hinwies. Erst nach und nach entdeckte die Wissenschaft die Dorstener Einrichtung der Franziskaner und machte aus diesem jahrelang „unbekannten“ Museum einen Ort wissenschaftlicher Forschung. Einer der seinerzeit bekanntesten und bedeutendsten Erforscher ostasiatischen Münzwesens, Richard Schlösser aus Hannover-Waldhausen, hatte sich intensiv mit der ostasiatischen Münzensammlung des Franziskanermuseums beschäftigt, die vermutlich in ganz Europa einmalig war. 3.000 Münzen zeigten in ihren verschiedenen Prägungen die Entwicklung des Geldes durch drei Jahrtausende chinesischer Kultur. Die Sammlung reichte zurück in die Zeit des Tauschhandels (700 v. Chr.) und informierte über Spatengeld, Kleider- und Messergeld bis zur Form der Rundmünzen.

Chinesische Bekleidungskultur: Trachten aus der Mandschu-Zeit

Franziskaner-Museum

Einblick in die Ostasiatische Sammlung

Zu den chinesischen Kostbarkeiten gehörten aber auch die Trachten aus der Mandschu-Zeit, die einen ganzen Saal füllten. Zu sehen war das prächtige Gewand eines Vizekönigs, die 26 Pfund schwere Kriegskleidung eines Gouverneurs, zwei Seidengewänder eines Mandarins, Seidenstickereien, Kultgewänder buddhistischer Bonzen, Schmuckkleider und Schmuckgegenstände. Holz- und Elfenbeinschnitzereien sowie die breite Palette an Porzellantellern, -schüsseln, -tassen und anderen Gegenständen, Musikinstrumente, Waffen aus dem Boxeraufstand, Fotografien, Opfergegenstände, Gebetsmühlen,. Statuen, Gesellschaftsspiele aus dem häuslichen Leben, Gemälde mit Vorstellungen über das Jenseits und das prächtige Diesseits. Viele dieser Gegenstände waren Geschenke reicher Chinesen an die Missionare der Franziskaner, darunter auch ein wertvolles buddhistisches Gebetbuch aus der Ming-Zeit (1368 bis 1644). Der Hinweis auf ein 520 Jahre altes Gemälde schloss die chinesische Abteilung des Museums ab. Aus Japan gab es die charakteristischen Seidengemälde, typische Lackarbeiten und Porzellane, Götzen und Tempelmodelle sowie Stammestrachten der japanischen Urbevölkerung, von der nur noch wenige im Innern der Insel Hokkaido lebten.

Türkische Wandteppiche und indianische Kriegsflöten

Ein anderer Raum des Museums war der Orientmission gewidmet, wo eine Reihe von 4.300 Jahre alten Keilschrifttäfelchen aus einem Tempelarchiv in Babylon ausgestellt war.  Solche Exponate gab es damals nur noch im Louvre in Paris, in Berlin und in Pennsylvania/USA. In Dorsten zu sehen waren zudem Schmuckgegenstände aus Gräbern, Öllampen aus Palästina, Manuskripte der Hohenpriester in aramäischer Schrift, eine Estherrolle, 1.000 Jahre alte Tongefäße aus Kanaan, türkische Wandteppiche, Glasfiguren aus griechisch-römischer Zeit. Die ägyptische Abteilung bestand aus Gräberfunden, darunter Götter- und Toten-Figuren, Menschen- und Tiermumien, Schmuck und eine gut erhaltene 2.500 Jahre alte Mumie und eine 2.000 Jahre alte Schüssel mit Weizenkörnern.

2023 Vortrag über Sammlung des Ex-Missionsmuseums der Franziskaner

Eine aus lokalhistorischer Sicht sehr interessante Vortragsveranstaltung fand Ende August 2023 im Haus der Stadtagentur statt. Unter dem Motto „Entwendet? Der Sammlungsbestand des ehemaligen Missionsmuseums in Dorsten“ berichtete Mai Lin Tjoa-Bonatz, (Museum der Völker, Werl) im Zuge der Debatte um kolonialzeitliche Sammlungsgüter über ihr Forschungsprojekt, das die Geschichte und Erwerbsumstände der Objekte im damaligen Missionsmuseum des Dorstener Franziskanerklosters in der Lippestraße untersucht.

Das dritte große Missionsgebiet des Ordens war Südamerika

In Südamerika waren gerade deutsche Franziskaner nicht nur missionarisch, sondern auch völkerkundlich und kulturgeschichtlich tätig. Pater Hugo Mense brachte von den Munduruku-Indianern aus dem Amazonasgebiet Gegenstände des täglichen Lebens mit: Taschen, Körbe, Halsketten, Waffen, Fruchtschalen sowie Kriegskopfschmuck, Kriegsflöten und Steinbeile. Große Farbigkeit strahlte die große Schmetterlings- und Käfersammlung aus der ganzen Welt aus. Mit dem Betrachten dieser Gegenstände tauchten die Besucher des Dorstener Franziskaner-Museums in eine damals noch sehr fremde Welt ein. 1943 wurden die Exponate eingepackt und ins Kloster nach Werl gebracht, wo 1962 das neue Völkerkundemuseum der Franziskaner mit dem Grundstock der Dorstener Sammlung eröffnet wurde, das, 1989 von Grund auf erneuert, als das größte Völkerkundemuseum in Westfalen gilt.


Siehe auch:
Klöster (Artikelübersicht)

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