Arbeitsmarkt bundesweit – stille Reserve

Viele Menschen wollen arbeiten, können es aus verschiedenen Gründen nicht

Die Unternehmen und Behörden in Deutschland suchten 2024 händeringend Arbeitskräfte. Es fehlten Klempner und Krankenschwestern, Altenpfleger und Wirtschaftsprüferinnen. Eine Besserung war nicht in Sicht, im Gegenteil, die Verrentung der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge steht erst noch an. Wirtschaftsinstitute berechnen längst den Verlust an Wachstum für die deutsche Wirtschaft, der auf den Mangel an purer Arbeitskraft zurückzuführen ist. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnte das Bruttoinlandsprodukt um 49 Milliarden Euro größer ausfallen, wären nur genug Leute da. Dem gegenüber standen nicht nur 2,75 Millionen Arbeitslose in Deutschland, sondern auch noch eine sogenannte stille Reserve auf dem Arbeitsmarkt. Menschen also, die nicht unbedingt per Definition arbeitslos sind, aber arbeiten könnten und grundsätzlich auch wollten, wenn die Voraussetzungen stimmen würden. Sie müssen etwa ihre pflegebedürftigen Eltern betreuen oder ihre behinderten Kinder, für die es nicht genügend Betreuungsmöglichkeiten außerhalb der Familie gibt.
Diese stille Reserve wuchs zuletzt. Das Statistische Bundesamt gab sie am 16. Mai 2024 für das Jahr 2023 mit 3,2 Millionen Menschen an – nach drei Millionen im Jahr davor. Es handelt sich um Bürger im Alter zwischen 15 und 74 Jahren, die aus unterschiedlichen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. In der Gruppe nicht enthalten sind rund 1,4 Millionen Erwerbslose, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Frauen in der stillen Reserve überpräsentiert

Mit einem unveränderten Anteil von knapp 57 Prozent waren Frauen in der stillen Reserve überrepräsentiert. In der Altersgruppe zwischen 25 und 59 Jahren berichtete knapp jede Dritte (32 Prozent), dass sie keine Arbeit aufnehmen könne, weil sie Angehörige betreuen müsse. Bei den gleichaltrigen Männern nannte nur gut jeder 25. (vier Prozent) diesen Grund. Sie nannten zu mehr als einem Drittel (35 Prozent) gesundheitliche Gründe als Hauptgrund für ihre Inaktivität. Die Menschen aus der stillen Reserve sind teils nicht kurzfristig für eine Arbeit verfügbar oder suchen gar nicht aktiv danach, weil sie glauben, keinen passenden Job finden zu können. Zu diesen beiden Gruppen zählt das Statistikamt nach Auswertung des Mikrozensus 2023 gut 1,3 Millionen Personen. Dazu kommt eine dritte, besonders arbeitsmarktferne Gruppe von Menschen, die weder einen Job suchen noch verfügbar sind, in der Mikrozensus-Befragung aber einen generellen Arbeitswunsch geäußert haben. Hier geht es um 1,85 Millionen Menschen, die bis 2021 in Deutschland statistisch nicht zur stillen Reserve gerechnet wurden.

Siehe auch: Arbeitsmarkt EU
Siehe auch: Sozialer Arbeitsmarkt


Quelle: Christian Ebner / Michael Donhauser in RN vom 17. Mai 2024

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